REV Heilbronn: Traditionsverein mit modernem Touch

Bis heute ist der Roll- und Eislaufverein Heilbronn (REV) der erfolgreichste Heilbronner Verein, haben seine Rollkunstläuferinnen und Rollkunstläufer doch seit der Gründung 1934 allein 19-mal Gold bei Weltmeisterschaften gewonnen. In den ersten Jahren im neuen Jahrtausend war es um den Verein, der neben seinem Aushängeschild Rollkunstlauf auch im Eiskunstlauf und Inline-Skaterhockey aktiv ist, etwas ruhiger geworden. In der jüngsten Vergangenheit jedoch ließ der Traditionsverein durch seine Musicals auf Rollen und die Austragung von großen Meisterschaften aufhorchen. Mit verantwortlich für die neuen Aktivitäten des REV ist vor allem Jana Kopp, Abteilungsleiterin Rollkunstlauf, Europameisterschafts-Dritte von 2012 und seit diesem Jahr eine der wenigen „World Skate International Coaches“ weltweit. Gemeinsam mit Christof Mandaus (41), seit April 2022 erster Vorsitzender des REV, hat die 31-Jährige die Deutschen Meisterschaften federführend organisiert, die im August im Karl-Heinz-Losch-Rollsportstadion am Europaplatz stattgefunden haben. Wir haben mit den beiden unter anderem über die Ausrichtung des REV für die Zukunft gesprochen.

Natalie Rothenbächer, das aktuelle Aushängeschild des REV Heilbronn, bei den Deutschen Meisterschaften.
Fotos: Michaela Rubik

 

Autor: Lara Auchter

28. Oktober 2022

Nach den Süddeutschen Meisterschaften 2021 habt ihr im August auch die Deutschen Meisterschaften im Rollkunstlauf ausgerichtet. Wie kam das zustande und wie lief da die Planung?
Jana Kopp: Die Süddeutsche Meisterschaft konnte wegen Corona nur in einer Halle veranstaltet werden, die als Außenbahn deklariert ist. Da kam man in Süddeutschland schnell auf uns zu, da wir die nötigen Kapazitäten und Möglichkeiten haben, so ein Event durchzuführen. So haben wir innerhalb von zwei Monaten die Süddeutschen Meisterschaften organisiert, bei denen auch zum ersten Mal das neue Wertungssystem verwendet wurde. Kurz darauf kam der Deutsche Verband auf uns zu und hat gefragt, ob wir es uns auch vorstellen könnten, die Deutschen Meisterschaften zu veranstalten.
Christof Mandaus: Das war direkt nach der Süddeutschen Meisterschaft, als es mit der Planung für die DM weiterging. Wir waren zwar ziemlich ausgelaugt, haben aber gezeigt, dass wir sowas auf die Beine stellen können.
Jana Kopp: Genau, letztendlich haben wir uns das nötige Wissen schon angeeignet und auch als Team im Verein super zusammengearbeitet. Dabei haben uns auch unsere Abteilungen Inline-Skaterhockey und Eiskunstlauf unterstützt, so dass alles reibungslos ablaufen konnte.

Colleen Fox (13) vom REV gehört zu den großen nationalen Nachwuchstalenten. Sie gewann bei der DM in Heilbronn Silber in ihrer Leistungsklasse.
Fotos: Michaela Rubik

Solche Großevents lassen sich nicht unbedingt nur nach Feierabend organisieren. Was ist euer beruflicher Background, dass ihr so viel Zeit in die Organisation stecken könnt?
Jana Kopp: Ich habe technisch-orientierte BWL in Stuttgart studiert, im Bachelor und im Master. Seit 2017 arbeite ich in einer Beratungsfirma mit dem Schwerpunkt digitale Transformation von Unternehmen. Zeit habe ich eigentlich nie, aber ich nehme sie mir gerne.
Christof Mandaus: Ich komme aus der IT-Branche und somit wird mein Arbeitsleben viel von Neuheiten beeinflusst. Auch deswegen ist mir das Engagement bei einem Verein mit viel Historie und Tradition sehr wichtig. Ich habe auch Kompetenz im Bereich der Unternehmensführung und hoffe, so im Verein viel bewegen zu können. Mir geht es mit der verfügbaren Zeit wie Jana, aber der REV ist mein Hobby und meine Tochter ist hier aktiv. Deshalb investiere ich meine Freizeit gerne in den Verein.

Hat dies auch den Ausschlag gegeben, dass du dich im April als Vorstand hast aufstellen lassen?
Christof Mandaus: Ja, klar. Ich bin erst durch meine Tochter zum Rollkunstlauf gekommen. Meine Familie ist inzwischen komplett im Verein involviert und ich habe im REV schon immer klar angesprochen, was wir anpacken sollten. So wurde ich gefragt, ob ich das Amt von Heiko Arndt übernehmen möchte. Letztendlich müssen wir moderner agieren, erreichbar bleiben und unseren Sport nach außen hin präsentieren. Es gibt ja nicht nur Rollkunstlauf beim REV. Unsere anderen Abteilungen und Sportarten bieten auch eine gewisse Vielfalt und ich versuche jede Herausforderung anzunehmen, um uns weiterzuentwickeln, ohne die Tradition zu vergessen. Der REV wird 2024 immerhin 90 Jahre alt.

Jana, du hast ja quasi „nebenbei“ auch noch die Ausbildung zum „World Skate International Coach“ gemacht. Was steckt hinter dieser Bezeichnung?
Jana Kopp: Das ist eine relativ neue Ausbildung, die vom internationalen Verband ins Leben gerufen wurde. Jedes Land darf in einem Jahr nur höchstens zwei Trainer schicken, deshalb gibt es in Deutschland bisher nur wenige World Skate International Coaches. Die World Skate Academy bietet diese Ausbildung an, mit dem Ziel den Sport bekannter und attraktiver zu machen, um neue Zuschauer generieren zu können. Insgesamt versuche ich sportliches Know-How zu vermitteln und die Qualität des Rollsports gerade in Deutschland nach vorne zu bringen. In dem Zusammenhang bilde ich auch Trainer aus und leite Schulungen.

Du hast vorhin schon das neue Wertungssystem angesprochen. Allgemein scheint es im Rollkunstlauf in den letzten Jahren einige Änderungen gegeben zu haben. Erfindet sich die Sportart gerade neu?
Jana Kopp: So weit würde ich jetzt nicht gehen, aber es gibt schon einige Neuerungen. Früher gab es die Kombination aus Pflicht und Kür. Bei der Pflicht kommt es auf höchste Präzision und perfekte Technik an. Sie war allerdings nicht wirklich publikumsfreundlich, weil man ein großes Wissen brauchte, um beurteilen zu können, wer gute Leistungen bringt. Deshalb wurde die Pflicht vom Weltverband abgeschafft und es wird nur noch die Kür gelaufen. Dadurch hat sich auch die Jugendarbeit geändert, denn jetzt wird mehr Fokus auf Athletik und Balletttraining gelegt, um auch die nötige Eleganz in die Kür zu bringen. Auch wurde das angesprochene neue Wertungssystem eingeführt, bei dem für jedes Element eine genaue Punktzahl definiert ist. So wird die Leistung objektiver bewertet und der künstlerische Ausdruck erhält neben den schwierigen Sprüngen und Pirouetten eine höhere Gewichtung. Der Zuschauer soll die Zeit vergessen, wenn er Rollkunstläufer:innen zuschaut.

 

Heilbronn ist das Landesleistungszentrum im Rollkunstlauf. Was steckt da dahinter?
Jana Kopp: Wir wurden schon in den 1970er-Jahren als Landesleistungszentrum ausgewählt und sind jetzt seit 2019 auch das einzige in Baden-Württemberg. Dadurch bekommen wir Gelder vom Verband, haben aber auch die Verpflichtung Stützpunkttraining anzubieten. Es gibt somit dreimal pro Woche Verbandstraining in der Halle. Dazu werden häufig verschiedene Lehrgänge bei uns durchgeführt. Das ist dann Fluch und Segen zugleich, da wir wertvolle Zeiten auf der Bahn abgeben müssen. Letztendlich sind wir aber froh über die Unterstützung und Förderung vom Verband.

Das Kapazitätsproblem in der Halle oder dem Eisstadion betrifft euch auch in anderen Abteilungen des REV, im Eiskunstlauf und Inline-Skaterhockey zum Beispiel. Wie regelt ihr das?
Christof Mandaus: Beim Eiskunstlauf wissen wir nicht, wo die Reise hingeht. Wir bekommen nur sieben Stunden Eiszeit, was sehr knapp ist. Das Interesse wäre da, aber uns fehlen einfach die Kapazitäten und Trainer, auch sind die Kosten enorm hoch. In dieser Abteilung müssen wir definitiv mehr bewegen, haben aber auch ein gutes Team, das das umsetzen kann. Das Inline-Skaterhockey ist unsere größte Abteilung im REV und wir hätten durch unser Stadion die Möglichkeit mit unserem Team, den Dragons, auf höherer Ebene zu spielen. Letztendlich fehlen dort aber einfach die Fördermittel. Trotzdem wachsen wir und verbessern uns, auch weil der Nachwuchs im Inline-Skaterhockey sehr stark besetzt ist und wir an den steigenden Mitgliederzahlen sehen, dass es mit dieser Sportart vorangehen kann.
Jana Kopp: Allgemein wird im Inline-Skaterhockey eine enorm gute Jugendarbeit geleistet. Natürlich steht es nicht in demselben Licht wie das Eishockey, aber das Inline-Skaterhockey hat sich etabliert und auch das früher in Heilbronn populäre Rollhockey abgelöst. Wenn wir eine weitere geschlossene Halle hätten, könnten wir diese mit Rollkunstlauf und Inline-Skaterhockey gut füllen und im Winter für Shows auf Rollen nutzen, welche bei allen Mitgliedern, Kindern und Zuschauern sehr beliebt sind. Das zeigt, dass wir gute Arbeit leisten und auch Randsportarten in Heilbronn gerne gesehen sind.

Jana Kopp und ChristofMandaus.
Foto: privat

In der Eishalle ist die Eisdisco sehr populär. Ihr habt nun im August eine Rollerdisco veranstaltet. Wie kam es dazu und könnt ihr euch vorstellen sowas regelmäßig zu machen?
Jana Kopp: Die Idee war, die Meisterschaften mit einer schönen Feier ausklingen zu lassen. So kam dann die Rollerdisco zustande, zu der wir auch sehr viel positive Rückmeldung bekommen haben.
Christof Mandaus: Die Rollerdisco soll keine einmalige Angelegenheit gewesen sein. Im Moment haben wir noch keinen neuen Termin ins Auge gefasst, aber wir wollen in jedem Fall wieder eine veranstalten. Da müssen dann aber auch andere Abteilungen mithelfen, weil es dazu einfach ein gewisses Arbeitspersonal braucht. Grundsätzlich glaube ich, dass der Erfolg und das gute Feedback der Teilnehmer dazu verpflichtet mit der Rollerdisco weiterzumachen. Diese wäre dann im Sommer, als Pendant zur Eisdisco, ein gutes Konzept, um den Rollsport in Heilbronn wieder populärer zu machen.