Katharina Schiele: Post-Covid Syndrom und der Weg zurück

2022 wurde Katharina Schiele Deutsche Hochschulmeisterin im Kugelstoßen – einer ihrer größten und seither auch ihr letzter sportlicher Erfolg. Denn die Heilbronnerin, die am Olympiastützpunkt Stuttgart trainiert und an der Universität Hohenheim Agrarwissenschaft studiert, schlägt sich seit dem Sommer 2022 mit den Nachwirkungen einer Corona-Erkrankung herum.

Lange weiß die 23-Jährige nicht, was mit ihr los ist. Dann bringt eine Trainingskollegin sie auf die richtige Spur: Katharina Schiele leidet unter einem Post-Covid-Syndrom. Wie sich dieses ausgewirkt hat, was sie dagegen unternehmen konnte und wie es ihr heute geht, erzählt uns die Athletin der TSG Heilbronn im Interview.

Autor: Lara Auchter

13. November 2023

Foto: KJ Peters

Katharina, heute weißt du, dass du am Long-Covid-Syndrom leidest. Wann hattest du Corona und wie kam es dazu, dass sich deine Situation so sehr verschlechtert hat?

Katharina Schiele: Ich hatte vermutlich schon Ende Mai 2022 zum ersten Mal Corona, das habe ich damals aber noch nicht bemerkt. Richtig bestätigt hat es sich erst Ende Juli bei den Deutschen U23- Meisterschaften, als ich mich testen musste. Es ging mir danach auch ziemlich schlecht und ich lag erstmal mit 40 Grad Fieber im Bett. Als ich dann Wochen später immer noch Atemprobleme hatte und die ganze Zeit erschöpft war, ging ich zum Lungenarzt. Dort wurde ein Röntgenbild gemacht, bei dem man aber nichts entdecken konnte. Ich wurde immer schlapper und konnte mich kaum noch bewegen, habe in vier Monaten fast 15 Kilo abgenommen. An Weihnachten bekam ich dann einen Husten, der nicht wegging. Im Januar 2023 bin ich zu meiner Hausärztin gegangen, wo ein großes Blutbild sowie ein Ultraschall und eine Magenspiegelung gemacht wurden. Doch auch dabei kam nichts raus – bis auf die Erkenntnis, dass ich Vitamin- und Mineralstoffmangel habe.

Wie ging es weiter? Hast du weiterhin am Trainings- und Wettkampfbetrieb teilgenommen?

Katharina Schiele: Ja, ich habe mich durchgekämpft, aber man hat natürlich gemerkt, dass ich abnehme, erschöpft bin und meine Leistung nicht mehr zeigen kann. Meine Trainingskollegin Alina Kenzel hat mir dann ihren Arzt empfohlen, weil sie die gleichen Symptome hatte und auch schon länger an Long-Covid litt. Ich bekam einen Termin im Bundeswehrkrankenhaus in Ulm, und nach zwei Untersuchungen kam die Bestätigung: Es war das Long-Covid-Syndrom. Zusammen mit der Diagnose bekam ich einen Behandlungsplan, was mich überglücklich machte, weil ich nach einem Jahr Leidenszeit ohne Befunde schon zweifelte und dachte, dass ich mir das alles womöglich nur einbilde.

 

Du konntest dieses Jahr kaum Wettkämpfe bestreiten, bist aber inzwischen wieder voll ins Training eingestiegen und fühlst dich deutlich besser…

Katharina Schiele: Ja, die Behandlung schlug an und ich bin wieder in der Lage, meinen Alltag zu bestreiten und kann auch im Sport wieder Leistung zeigen. Ich habe in der ganzen Zeit jetzt gelernt, dass ich mir auch mal Pausen gönnen muss, wenn ich mich nicht wohlfühle.

 

Wie ging es dir psychisch zu der Zeit? Du hast schon angesprochen, dass es auch Einfluss auf dein tägliches Leben genommen hat, und nicht nur auf den Sport.

Katharina Schiele: Mir ging es psychisch wirklich nicht gut. Ich war nicht nur körperlich, sondern auch mental erschöpft. Ich war froh, Freunde und Familie gehabt zu haben, die für mich gekocht und geputzt haben, weil ich mein Bett nicht mehr verlassen konnte. Selbst zur Uni konnte ich am Ende nicht mehr gehen, auch für Klausuren war ich zu schwach.

Wie hast du das mit der Uni geregelt? Musstest du dich komplett freistellen lassen?

Katharina Schiele: Ich hatte noch meinen Corona-Puffer von vier bis fünf Semestern und habe auch die Möglichkeit, noch ein Urlaubssemester zu nehmen. Gerade hoffe ich, dass ich mein Studium durchziehen kann und somit nicht allzu viel Zeit verliere, da ich auch schon im fünften Semester bin.

 

Wie geht es dir inzwischen?

Katharina Schiele: Zurzeit geht es bergauf. Einige Medikamente konnte ich schon absetzen, bei anderen die Dosis runterfahren. Ich merke, wie es besser wird, aber es ist noch ein langer Weg.

 

Welche Behandlungen haben dir geholfen? Waren es bestimmte Medikamente oder hing es mit deiner Psyche zusammen?

Katharina Schiele: Ich denke es hat schon viel geholfen, dass der Kopf wusste, was los ist, und es klar war, dass ich mir das alles nicht eingebildet habe. Ich hatte aber auch die Standardtherapieansätze am Anfang mit drei Monaten Antibiotika, wodurch ich aber extreme Nebenwirkungen und Schmerzen bekommen habe. Trotzdem habe ich das Medikament durchgehend eingenommen, weil ich wusste, nur so wird es besser. Nebenbei hatte ich auch Probleme mit meinen Muskeln und der Sauerstoffaufnahme und -verarbeitung, weshalb ich zusätzlich noch dafür ein Medikament eingenommen habe. Dazu kamen verschiedene physische Aktivitäten für meine Muskeln und meine Lunge, weil ich zu viel „tote Luft“ in meiner Lunge hatte und deshalb weniger Volumen für frische Luft da war, was die Atemprobleme verursachte.

Foto: Rolf Bayha

Muss man als Leistungssportlerin bei den ganzen Medikamenten und Ergänzungsmitteln eigentlich wegen Doping aufpassen?

Katharina Schiele: Kommt drauf an. Antibiotika sind kein Problem, und auch bei Vitaminen ist es ziemlich locker. Bei anderen Nahrungsergänzungsmitteln muss man schauen, ob sie auf der Kölner Liste stehen. Bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln kommt es auf die Dosierung an, und bei meinem Asthmaspray muss ich ein ärztliches Attest vorweisen. Letztendlich muss man aufschreiben, was man zu sich nimmt. Sollte etwas im Blut auftauchen, was man nicht angegeben hat, kann das zum Problem werden.

 

Was sind deine Ziele und Ambitionen in der Zukunft?

Katharina Schiele: Gerade bin ich im Aufbautraining. Geplant ist, dass ich keine Hallensaison mache, sondern mich auf die Deutschen Hochschulmeisterschaften konzentriere. Im März stehen dann die Deutschen Meisterschaften im Rasenkraftsport und Steinstoßen an. Danach gehe ich nach Italien ins Trainingslager und werde hoffentlich fit und kräftig genug sein, um eine gute Freiluftsaison zu absolvieren. Weiter in die Zukunft schaue ich noch nicht. Ich möchte einfach wieder komplett gesund werden und meine beste Leistung zeigen können.

 

Du bist neben deiner sportlichen Karriere und dem Studium schon mehrere Jahre bei deinem Heimatverein TSG Heilbronn ehrenamtlich und im Vorstand aktiv. Was machst du genau?

Katharina Schiele: Ich bin seit zwei Jahren stellvertretende Jugendsprecherin, betreue den Instagram-Kanal und organisiere auch Trainingswochenenden und Abteilungsfeste. Besonders für die Kinder und Jugendlichen will ich im Verein was erreichen und bin in dem Bereich sehr aktiv. Ich habe auch den deutschen Sportabzeichen-Prüfer und eine Kampfrichter-Lizenz gemacht. In Zukunft möchte ich auch noch die Trainerlizenz angehen. Für mich ist es selbstverständlich, dem Verein etwas zurückzugeben, mitzuhelfen und präsent zu sein. Und man bekommt von den Kindern so viel zurück, auch wenn es „nur“ ein Lachen im Gesicht nach einem Wettkampf ist.