Bente Fischer: Neustart in Berlin mit alten Bekannten

Bente Fischer war die Lokalmatadorin im Schwimmteam der Sport-Union Neckarsulm. Nach dessen Auflösung 2023 hatten sich die einzelnen Schwimmerinnen und Schwimmer in alle Windrichtungen verstreut, um ihre Karriere fortzusetzen. Alle, bis auf die heimatverbundene 26-Jährige. Jetzt, nach dem Ende ihres Lehramtstudiums in den Fächern Englisch und Biologie, hat die zweifache Deutsche Kurzbahn-Meisterin über 200 Meter Brust Neckarsulm doch noch verlassen, um in Berlin in der Trainingsgruppe mit ihren ehemaligen Neckarsulmer Teamkollegen Henning Mühlleitner und Ramon Klenz nochmal einen Neustart hinzulegen.

Bei ihrem ersten Heimatbesuch hat sie uns in der SPORTHEILBRONN-Redaktion besucht, um uns von ihren neuen Erfahrungen zu berichten. 

Fotos: Arndt Falter

Autor: Lara Auchter

14. Februar 2024

Bente, wie ist es wieder nach Hause zu kommen?

Bente Fischer: Es ist ein ganz anderes Gefühl. Ich war eigentlich mein Leben lang in Neckarsulm, und nun gibt es seit Ende November plötzlich einen Unterschied zwischen Trainingsort und zuhause. Jetzt wohne ich natürlich, wenn ich auf Heimatbesuch bin, wieder im „Hotel Mama“ – das hat schon auch seine Vorteile (lacht) und ist entspannter als in Berlin. Man kann hier wirklich abschalten, und Privatleben und Training hängen nicht mehr direkt zusammen.

Du hast deine gesamte Karriere in Neckarsulm verbracht und bist hier zur Topschwimmerin herangewachsen. Beschreib uns doch mal deinen Werdegang.

Bente Fischer: Es hat mit dem Schwimmkurs im Kindesalter angefangen. Meine ganze Familie war schon im Verein und mein Vater war später auch Sportlicher Leiter. Ich habe erst Triathlon gemacht, habe mich aber, je älter ich wurde, mehr auf das Schwimmen konzentriert. 2019 kam dann der Durchbruch, als ich bei den Deutschen Meisterschaften Zweite wurde – was für mich damals sehr überraschend kam, da ich nie gedacht hätte, dass ich mal auf diesem Leistungsniveau würde schwimmen können.

Hat sich nach dieser DM-Medaille dein Mindset verändert? Hast du danach die Entscheidung für den Profisport getroffen?

Bente Fischer: Ja, ich denke schon. Nach der Medaille habe ich mir immer mehr Ziele gesetzt, wie international für Deutschland zu starten und an großen Wettbewerben teilzunehmen. Das habe ich dann auch geschafft. Danach konnte ich mir auch zum ersten Mal vorstellen, einmal bei Olympischen Spielen dabei zu sein, was aber nie mein Hauptziel war. Ich möchte, nach all der Dramatik hier in Neckarsulm und meinem Wechsel nach Berlin, einfach wieder Spaß am Sport haben und in einem Team mit einer guten Gemeinschaft trainieren.

Bente Fischer hat wieder Spaß am Schwimmen.

Du hast die Dramatik schon angesprochen. Wie war die Auflösung des Profiteams für dich persönlich und für deine Karriere?

Bente Fischer: Ich war am Ende wirklich allein, hatte keine Trainingspartner und konnte natürlich meine Leistungen nicht mehr bringen. Ehrlich gesagt habe ich schon für einen kurzen Moment ans Karriereende gedacht. Ich wusste aber auf jeden Fall, dass sich etwas ändern muss und ich einen Neustart brauche, persönlich wie auch sportlich.

Und deshalb ging es für dich jetzt nach Berlin…

Bente Fischer: Genau. Dort trainiere ich unter Lasse Frank, einem sehr erfahrenen Trainer, der mit Angelina Köhler und Ole Braunschweig auch schon Medaillen bei der EM gewinnen konnte. Dort sind wir jetzt eine echt coole Gruppe – auch mit vielen Mädels, was nochmal mehr Spaß macht. Ich komme auch in der Gruppe gut mit. Die waren natürlich schon mitten in der Olympiavorbereitung, aber ich habe verschiedene Trainingspartner über die Ausdauer- oder Sprintdistanzen und profitiere eigentlich nur davon, weil um mich herum einige der besten Schwimmer Deutschlands sind, die auch mich besser machen.

Stehen dir durch deinen Wechsel nun andere Türen offen?

Bente Fischer: Ich war eigentlich nie Kaderathletin, da ich in Neckarsulm geschwommen bin und dort nur wenig Aufmerksamkeit vom Deutschen Schwimm-Verband bekommen habe. 2022 bin ich eine Normzeit geschwommen, mit der ich mich für die EM qualifiziert habe und die mir für ein Jahr einen Kaderplatz eingebracht hat. Ich bin weiterhin im Topteam der Sporthilfe Unterland, die mir bei der Finanzierung meiner Trainingslager unter die Arme greift, wofür ich sehr dankbar bin. Jetzt, in Berlin, schwimme ich an einem Stützpunkt, weshalb ich endlich auch vom DSV gesehen werde und die Chance habe, wieder Kaderathletin zu werden.

Wie sind deine Pläne für die Zukunft?

Bente Fischer: Ich mach mir keinen allzu großen Druck mit großen Zielen. Das Wichtigste ist, dass ich in Berlin jetzt wieder Spaß am Sport habe. Eigentlich hatte ich in Neckarsulm immer gesagt, dass ich nach der Olympiaquali 2024 aufhöre. Jetzt mache ich aber vermutlich auch danach weiter. Ich habe gemerkt, dass mir Schwimmen noch so viel geben kann, und schaue einfach mal, wohin und wie lange die Reise noch geht.

Gibt es eine Chance für eine Teilnahme an den Olympischen Spielen in diesem Jahr in Paris?

Bente Fischer: Die Chance gibt es immer, es wird aber sehr schwer. Im Schwimmsport qualifiziert man sich wirklich nur über die Norm, und die liegt in meiner Disziplin 200 Meter Brust bei 2:23,91 Minuten, was unter dem deutschen Rekord ist. Das heißt, ich müsste deutschen Rekord und zwei Sekunden schneller als meine aktuelle persönliche Bestzeit schwimmen, um die Norm zu knacken und dabei zu sein. Das schließe ich natürlich nicht aus, vor allem da ich jetzt in Berlin nochmal neue Reize setzten konnte und beim Olympiastützpunkt wirklich perfekte Bedingungen habe.

Bente Fischer bei der Universiade in Chengdu.

Was würdest du als deine bisherigen persönlichen Highlights ansehen?

Bente Fischer: Die beiden deutschen Meistertitel auf der Kurzbahn 2022 und 2023. Besonders im letzten Jahr war ich sehr glücklich, aber auch überrascht über den Titel, da ich nach der Auflösung des Teams und meinem Einzeltraining nicht wusste, wo ich sportlich stehe. Allgemein sind die Wettbewerbe bei den Deutschen Meisterschaften für mich immer ein Highlight, ich empfinde sie als sehr intensiv und aufregend. Und ich werde irgendwie immer Zweite (lacht). Hoffentlich reicht es auch mal noch für den Einzeltitel auf der Langbahn – das wäre noch so ein Wunsch. Ein Höhepunkt war mit Sicherheit auch die Teilnahme an der Universiade im letzten Jahr im chinesischen Chengdu. Allgemein gehören das Reisen und die internationalen Wettkämpfe zu meinen Highlights. Ich habe schon so viel gesehen und durfte viele tolle Menschen treffen, und das nur durch meinen Sport. Das ist schon besonders.