Sportentwicklungsplan 2030: Maßnahmen für den Sport in Heilbronn
Im Herbst 2023 verabschiedete der Heilbronner Gemeinderat nach langer Vorbereitungszeit die Sportentwicklungsplanung 2023. Bereits 2020 war die Fortschreibung des ersten Maßnahmenkatalogs aus dem Jahr 2010 beschlossen worden, durch die Pandemie musste dessen Erstellung jedoch verschoben werden. War der erste Sportentwicklungsplan damals noch eher eine Bestandsaufnahme des Heilbronner Sports, so enthält das neue, 152 Seiten starke Dokument 22 konkrete Maßnahmen für den Sport, die bis zum Jahr 2030 umgesetzt werden sollen. Wir haben uns mit Altin Zhegrova, Abteilungsleiter Sport der Stadt Heilbronn, sowie den beiden Gemeinderäten und Vorsitzenden des Stadtverbands für Sport, Christoph Troßbach und Herbert Tabler, getroffen, um für die SPORTHEILBRONN-Leser in die Sportentwicklungsplanung einzutauchen und die wichtgsten Punkte vorzustellen.
Autor: Ralf Scherlinzky
Das Frankenstadion ist eine der zentralen Sportstätten für den Profi-, Spitzen- und Leistungssport in Heilbronn. Foto: Marcel Tschamke
Schulsport, Vereinssport, Sportstätten, Profi-, Spitzen- und Leistungssport sowie Sport im öffentlichen Raum – so lauten die fünf Schwerpunktthemen der Sportentwicklungsplanung 2030.
Herausgearbeitet wurden diese Schwerpunkte in der ersten Runde im Rahmen einer Befragung von Schulen, Vereinen und zufällig ausgewählten Heilbronnern. Im nächsten Schritt wurden fünf Arbeitsgruppen mit Personen aus den entsprechenden Bereichen gebildet, die in je zwei Workshops die dringlichsten Themen zusammengestellt und analysiert, sowie erste Lösungsvorschläge diskutiert haben. Auch wir vom SPORTHEILBRONN-Magazin konnten uns in den Workshops zum Profi-, Spitzen- und Leistungssport einbringen.
„Unsere Absicht war, im Rahmen eines Beteiligungsprozesses möglichst viele Anregungen und Ideen aus der Praxis zu sammeln und dabei den Sport nicht isoliert, sondern als Teil der Stadtentwicklungsplanung zu betrachten “, erklärt Altin Zhegrova.
Für Christoph Troßbach ist einer der zentralen Punkte der Sportentwicklungsplanung die Tatsache, dass sich die Stadt Heilbronn durch die Verabschiedung des Dokuments im Gemeinderat dazu bekannt hat, den Profi-, Spitzen- und Leistungssport voranbringen zu wollen – ein Feld, das die Stadt bislang nur wenig verfolgt hatte.
Natürlich bedeutet dies nicht, dass die Stadt in diesem Bereich nun Sportlerinnen und Sportler bzw. Vereine mit großen Geldbeträgen sponsert.
Vielmehr geht es um Maßnahmen, die die Grundlage dafür legen, dass Heilbronnerinnen und Heilbronner von klein auf bessere Möglichkeiten haben, sich zu Leistungssportlern zu entwickeln und Heilbronn so langfristig bis 2030 zu einer Stadt für Profi-, Spitzen- und Leistungssport zu machen.
Damit die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen zeitnah beginnen kann, hat der Gemeinderat bereits einige Punkte aus der Sportentwicklungsplanung in den Haushalt für 2024 eingerechnet. Auf einige dieser Punkte gehen wir nachfolgend näher ein.
Konzeption Schulsportcampus Schanz
Das Schulzentrum Schanz in Heilbronn-Böckingen soll zum Schulsportcampus werden. Was dies bedeutet, weiß Herbert Tabler: „Wir wollen dort schulartübergreifend ein Sportprofil für Nachwuchssportlerinnen und Nachwuchssportler einrichten. Zum einen soll der Sport mit fünf Unterrichtsstunden pro Woche weiter in den Fokus rücken. Zum anderen schaffen wir optimale schulische Bedingungen für junge Leistungs- und Spitzensportler, die problemlos für Trainingslager oder Wettkämpfe freigestellt werden und ihre Hausaufgaben dann auch online machen können. In den letzten Jahren hatten einige unserer größten Talente Heilbronn verlassen, weil ihre Schulen teils wenig Verständnis für ihre Trainings- und Wettkampfpläne hatten. Das wollen wir künftig vermeiden.“
Idealer Standort für den geplanten Schulsportcampus ist die Böckinger Schanz mit Elly-Heuss-Knapp-Gemeinschaftsschule und -Gymnasium, Heinrich-von-Kleist-Realschule und den Sportanlagen rund um die Schulen.
Sportmarke „Fairplay Heilbronn“
„Wir möchten bei den Heilbronnerinnen und Heilbronnern eine Identifikation mit dem Sport schaffen und eine Fankultur aufbauen. Dazu entwickeln wir eine Dachmarke, die für Werte wie Inklusion, Integration, Nachhaltigkeit, Toleranz, dopingfreier Sport etc. steht. Das Konzept ist bereits in der Entwicklung und soll im Mai vorgestellt werden“, berichtet Christoph Troßbach.
Ausbau der Wasser- und Hallenkapazitäten
Trainingszeiten im Wasser und in Sporthallen sind in Heilbronn rar gesät. „Wir müssen das bisherige umständliche Belegungssystem erneuern und auf eine digitale Plattform umstellen, um beispielsweise Leerzeiten schneller und einfacher zu füllen und – wo möglich – die Auslastung noch zu erhöhen“, mahnt Christoph Troßbach. Dass man an der Erweiterung der städtischen Hallenkapazitäten arbeiten und neue schaffen muss, ist in der Sportentwicklungsplanung berücksichtigt. Deshalb steht der Bau einer multifunktionalen „McArena“ für 2024 auf der Agenda – einer günstig zu errichtenden und komplett überdachten Freilufthalle, die sowohl von Vereinen als auch von Schulen, Unternehmen und Privatleuten online gebucht werden kann.
Keinen Platz in der Sportentwicklungsplanung gefunden hat dagegen die vielfach von Sportvereinen und Fans geforderte Großveranstaltungshalle. „Das liegt daran, dass eine solche Halle nur zu zehn bis 15 Prozent durch den Sport ausgelastet werden würde“, sagt Herbert Tabler. „Eine solche Halle wäre eine kommerzielle Einrichtung mit eigenem Management, die über Messen, Firmenevents und kulturelle Veranstaltungen ausgelastet werden müsste, damit sie sich trägt.“
Das einstimmige Bekenntnis zum Profi-, Spitzen- und Leistungssport im Gemeinderat bereite aber den Boden für den langfristigen Bau einer solchen Multifunktionshalle, ergänzt Christoph Troßbach. „Wir werden diese Diskussion in jedem Fall zu Ende führen müssen – entweder mit dem Ergebnis, dass wir sie brauchen, oder eben mit dem, dass wir sie uns nicht leisten können. Wenn Heilbronn aber den Sport auf hohem Level weiterentwickeln und möglichst vielen Zuschauern zugänglich machen möchte, führt unserer Meinung nach kein Weg an einer Großveranstaltungshalle vorbei. Das wäre der nächste logische Schritt.“
Konzeption Profi-, Spitzen- und Leistungssport
„Wir evaluieren hier auf der einen Seite, welche Rahmenbedingungen für Spitzensport benötigt werden. Auf der anderen Seite wird untersucht, welche Sportarten in Heilbronn bereits gute sportliche, infrastrukturelle und personelle Voraussetzungen für ein höheres sportliches Level haben“, so Altin Zhegrova. Denn eines ist klar: Nur diejenigen Sportarten können an den Spitzensport herangeführt werden, die bereits die Grundlagen dafür gelegt haben.
Auf Seite 103 der Sportentwicklungsplanung wird hier bereits eine Vorauswahl getroffen: Die „Top-Gruppe, Kategorie A“ besteht aus Eishockey, Leichtathletik, Geräteturnen, Handball, Sportklettern und Ringen, in der „Potential-Gruppe, Kategorie B“ sind Hockey, Fußball, Kanu, Trampolinturnen, Schwimmen und Basketball aufgelistet.
Die zentrale Frage bei der Konzepterstellung wird sich darum drehen, wie eine Förderung der entsprechenden Sportarten aussehen könnte. „Klar ist, dass wir als Stadt keine Gehälter von Profisportlern übernehmen können“, betont Altin Zhegrova. „Vielmehr wird es dabei vor allem um unterstützende Rahmenbedingungen – wie zum Beispiel Infrastruktur – gehen. Und da schließt sich beispielsweise wieder der Kreis zum Schulsportcampus und zur optimierten Hallenbelegung.“
Von links: Christoph Troßbach (1. Vorsitzender Stadtverband für Sport), Herbert Tabler (2. Vorsitzender Stadtverband für Sport), Altin Zhegrova (Stadt Heilbronn, Abteilungsleiter Sport), Karin Schüttler (Leiterin Schul-, Kultur- und Sportamt). Foto: Stadt Heilbronn
Sportpass für Grundschüler und Studenten
In den Jahren 2022 und 2023 hat der Heilbronner Sportpass den Vereinen über 4.000 neue Mitglieder beschert, deren Mitgliedschaft für die ersten zwölf Monate von der Stadt Heilbronn übernommen wurde. Zwar wurde dieses Erfolgsmodell, das aus dem Corona-Hilfspaket finanziert worden war, in seiner bisherigen Form nicht mehr verlängert. Doch hat der Gemeinderat Mittel bewilligt, damit die jeweils ersten Klassen der Grundschulen über den neuen Sportpass an den Sport herangeführt werden und Studentinnen und Studenten in den Vereinen Fuß fassen – und dadurch in Heilbronn einfacher heimisch werden können.
Prüfanträge u.a. für Sanierung Frankenstadion
„Prüfanträge sind ein Mittel der Politik, um anhand von Datengrundlagen und Vergleichen ein Bewusstsein für Themen zu schaffen, die man gerne angehen würde“, erklärt Christoph Troßbach. Deshalb habe der Stadtverband für Sport Heilbronn für das Jahr 2024 drei Prüfanträge gestellt. So soll geprüft werden, wie eine Sanierung des Frankenstadions umgesetzt werden könnte, die nicht nur die Tartanbahn und den Kabinentrakt, sondern auch eine mögliche Flutlichtanlage einbeziehen würde. Weiterhin wurde eine Prüfung in Auftrag gegeben, wie der Bau von Solaranlagen auf Vereinsgebäuden bei einer Neufassung der Heilbronner Sportförderrichtlinien berücksichtigt werden könnte. „Und dann“, berichtet Christoph Troßbach, „möchten wir untersuchen lassen, wie die Sportabteilungen in ähnlich gelagerten Städten, wie z.B. Ulm, Pforzheim und Freiburg, im Vergleich zu Heilbronn aufgestellt sind. Wir haben hier zwar Top-Leute im Amt, aber das sind unserer Ansicht nach zu wenige, um alles perfekt umsetzen zu können.“
Fazit
Die Sportentwicklungsplanung 2030 ist ein Instrument, das den Sport in Heilbronn tatsächlich weiterbringen kann. Hatte man bisher den Fokus vornehmlich auf den Breitensport gelegt, soll nun der Profi-, Spitzen- und Leistungssport weiter in den Fokus rücken. Und das ist gut so für eine Stadt in der Größenordnung von Heilbronn, die damit auch ihre Standortattraktivität erhöht.
Zur Sportentwicklungsplanung 2030 auf der Homepage der Stadt Heilbronn