Jasmin Jakob + Frank Stäbler: Corona-Folgen und zwei „Monster“ auf den Schultern

Neben ihrer Sportart Ringen haben Olympia-Bronzegewinner Frank Stäbler und die Deutsche Vizemeisterin Jasmin Jakob von den RED DEVILS Heilbronn noch eine weitere Sache gemeinsam: Beide waren mit dem Coronavirus infiziert und hatten mit den Folgen sowohl körperlich als auch mental zu kämpfen. Im Gespräch konnten sich die beiden austauschen, und die 19-jährige Böckingerin wurde vom erfahrenen Frank Stäbler in dessen „goldene Geheimnisse“ eingeweiht. Wir waren dabei und haben für unsere Leser „Mäuschen“ gespielt.

Autor: Lena Staiger

21. Februar 2022

Jasmin Jakob: Nach meiner Coronainfektion war ich beim Arzt, um mich durchchecken zu lassen, und medizinisch habe ich die Freigabe zum Sport schon längst bekommen. Allerdings habe ich eine Art mentale Blockade, sobald es ein bisschen anstrengender im Training wird. Mich hat es vor allem frustriert, wenn ich nicht so trainieren konnte wie ich wollte und mein Kopf etwas anderes gesagt hat, als mein Körper dann in dem Moment leisten konnte. War das bei dir genauso?

Frank Stäbler: Es ist schon mal sehr gut, dass du das Problem richtig erkannt hast: Es ist eine Kopfsache. Viele wollen sich gar nicht eingestehen, dass sie ein mentales Problem haben. Bei mir ist es inzwischen so, dass ich das Problem gut im Griff habe und daraus sogar noch stärker hervorgegangen bin. Mit meinem Atemcoach Yasin Seiwasser habe ich ganz am Anfang angesetzt und erstmal die Basics wieder gelernt. Das begann ganz einfach mit dem richtigen Atmen. So gut wie alle erwachsenen Menschen auf dieser Erde haben verlernt, wie man richtig und natürlich atmet. Wir atmen alle nur noch oberflächlich in die Brust, statt tief in den Bauch. Das Zwerchfell wird kaum noch genutzt. Als meine Tochter auf die Welt kam, konnte ich das super beobachten. Kinder atmen zu 100 % natürlich und tief. Das war eine meiner ersten Übungen. Natürlich war der Kopf nach der Diagnose Belastungsasthma dann erstmal komplett zu. Da stehst du als große Olympia-Goldhoffnung mit einem 20-prozentigen Einbruch deiner Leistung. Damit muss man erstmal klarkommen.

Jasmin Jakob: Wie bist du das angegangen? Ich habe das Problem mit mentalen Blockaden immer in Stresssituationen. Egal ob auf der Matte oder zum Beispiel vor Prüfungen in der Schule, mein Kopf macht mir sehr oft einen Strich durch die Rechnung.

Frank Stäbler: Mein Coach hat mir dabei extrem geholfen. Neben den verschiedenen Atemübungen haben wir sehr viel mit Affirmationen gearbeitet. Meine war zum Beispiel „Ich bin bei 100 % Lungenkapazität, ich werde stärker denn je zurückkommen“. So kann man den Kopf auf den richtigen Weg programmieren. Durch die Krankheit habe ich sehr viel lernen dürfen. Als ich zum Beispiel vor dem wichtigsten Kampf meiner Karriere in den Katakomben in Tokio stand, bin ich fast durchgedreht. Die Arme und Beine haben gezittert, der Magen war flau. In diesen Momenten stelle ich mir vor, zwei hässliche kleine Monster mit den Namen „Angst“ und „Druck“ sitzen mir auf den Schultern. Wenn du versuchst sie wegzudrücken und sie fürchtest, fütterst du sie nur noch zusätzlich und irgendwann fressen sie dich auf. Der Trick ist es, nicht gegen die beiden anzukämpfen, sondern sie zu deinen Freunden zu machen. Mach dir bewusst, dass Druck ein absolutes Privileg ist, denn ohne Druck wäre das Leben ja sehr langweilig. Nur mit Druck kannst du das Beste aus dir herausholen.

Jasmin Jakob: Also die Angst und den Druck in etwas Positives, Förderliches umwandeln?

Frank Stäbler: Genau. Eine Affirmation hierfür könnte sein: „Nur durch diese Situation kann ich die beste Version meiner selbst aus mir herausholen“. Deshalb darfst du dich immer freuen, wenn dich die zwei kleinen Monster besuchen kommen, denn dann kannst du an ihnen wachsen.