GT-Masters Pilot Markus Pommer: „Talent allein reicht im Rennsport nicht aus“

Mit 28 Jahren hat Markus Pommer im Frühjahr einen Tapetenwechsel vorgenommen, nach dem er nun seinem Karriere-Highlight entgegenfährt. Im letzten Jahr hatte der gebürtige Heilbronner im Mercedes knapp die Meisterschaft der ADAC GT-Masters Serie verpasst, 2019 soll nun in der Corvette der große Coup gelingen. Gemeinsam mit seinem Rennpartner Marvin Kirchhöfer konnte Markus Pommer für das Leingartener Callaway Competiton Team drei der bislang sechs Rennen gewinnen. Mit zehn Punkten Rückstand auf die führenden Audi-Piloten Patric Niederhauser und Kelvin van der Linde ging das Tandem nach dem jüngsten Sieg in Spielberg (Österreich) in die Sommerpause. Wir haben die Pause genutzt, um uns in Leingarten mit Markus Pommer zu treffen.

Fotos: Callaway Competition (1), Marcel Tschamke (8)

Autor: Ralf Scherlinzky

20. Juli 2019

Nach sechs von 14 Rennen steht du mit deinem Partner Marvin Kirchhöfer in aussichtsreicher Position. Hat sich der Wechsel von Mercedes auf die Corvette für dich gelohnt?
Markus Pommer: Absolut. Der Sieg gleich im ersten Rennen in Oschersleben war natürlich ein Traumstart. Direkt nach einem Teamwechsel zu gewinnen, das war mir zuvor noch nie gelungen. Das Auto läuft extrem gut und zuverlässig und ist ähnlich konzipiert wie der Mercedes. Insofern war die Umstellung nicht allzu groß. Die Corvette ist besser beim Beschleunigen und erreicht eine höhere Topspeed, dafür ist sie in der Kurve minimal langsamer.

Dein altes Team war in Altendiez bei Koblenz ansässig, wogegen Callaway jetzt quasi direkt vor der Haustür in Leingarten sitzt. Bringt diese räumliche Nähe Vorteile?
Markus Pommer: Die Ortsnähe ist in jedem Fall ein Faktor. Es ist schon komfortabel, wenn man zu Besprechungen oder für das Feintuning einfach kurz rüberfahren kann. Auf diese Weise entsteht auch ein ganz anderes persönliches Verhältnis zu den Mitarbeitern des Teams. Callaway ist ja im Vergleich zu den anderen Teams wesentlich kleiner. Wo Mercedes- oder auch Audi-Rennställe fertige Fahrzeuge vom Hersteller kaufen, wird hier in Leingarten mit einem wesentlich kleineren Budget das komplette Fahrzeug entwickelt. Hier bin ich nicht der Fahrer, der überspitzt ausgedrückt nur zu den Rennen kommt, sondern bin als vollwertiges Teammitglied an der Entwicklung beteiligt.

Trotz des geringeren Budgets und der Eigenentwicklung fährt die Corvette, wie zuletzt beim zweiten Rennen in Spielberg, dem Feld des öfteren davon. Kommt daher auch die große Fan-Community des Teams?
Markus Pommer: Definitiv, ja. Wir sind sowas wie das Kultteam der GT-Masters Serie. Die Corvette ist der Publkumsliebling. Die Fans wissen es zu schätzen, dass wir alles in einer kleinen Halle selbst entwickeln und uns damit gegen die Werksteams behaupten. Dazu kommt dann noch der unwiderstehliche Sound der Corvette…

Die Serie ist inzwischen fast so beliebt wie die Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft, die Rennen werden live auf Sport 1 übertragen und die Tribünen an den Rennstrecken sind voll. Da müsstest du vom Fahren recht gut leben können…
Markus Pommer: Das ist leider absolut nicht der Fall. Richtig Geld verdient wird nur in der Formel 1, der DTM und in Amerika bei der Nascar-Serie. Auf unserem Level kannst du nur vom Rennsport leben, wenn du mehrere Serien gleichzeitig fährst und in den Pausen noch andere Rennjobs annimmst. Das ist aber ein hartes Brot. Deshalb habe ich schon früh darauf geachtet, mir ein zweites Standbein aufzubauen, von dem ich auch noch leben kann, wenn ich mich mal vom Rennsport zurückziehe.

Wie sieht dieses zweite Standbein aus?
Markus Pommer: Ich studiere Immobilienwirtschaft und stehe kurz vor der Masterarbeit, die ich nach der Saison angehen werde. Parallel arbeite ich im Unternehmen meines Vaters im Bereich Projektentwicklung.

Wie bist du zum Motorsport gekommen?
Markus Pommer: Mein Vater ist früher Kart gefahren und hat mich im Urlaub auch mal in einen reingesetzt. Das hat mir Spaß gemacht und ich habe mich wohl auch recht gut angestellt. Mit acht Jahren habe ich dann meinen eigenen Kart bekommen und ein paar Monate später bin ich schon bei den Deutschen Meisterschaften unter den Ersten mitgefahren. Das war eine wichtige Phase, in der ich die Grundlage zu den heutigen Erfolgen gelegt habe.

Dann ging es für dich immer weiter, bis rein in die Formel 2. War es dein Ziel, einmal in die Formel 1 zu kommen?
Markus Pommer: Davon träumt wohl jeder junge Rennfahrer, und ich stand auch mal knapp davor. Für den Sieger der Formel 2-Serie war damals eine Testfahrt bei Williams ausgeschrieben. Am letzten Rennwochenende der Saison bin ich um den Titel mitgefahren, und dann ist mir im entscheidenden Rennen der Reifen geplatzt.

War das der Zeitpunkt, an dem dir klar wurde, dass du es nicht mehr in die Formel 1 schaffen würdest?
Markus Pommer: Als Rennfahrer merkt man sehr früh, dass es unheimlich schwierig ist in die Formel 1 zu kommen. Selbst die Testfahrt hätte damals noch lange nicht bedeutet, dass ich tatsächlich reinkomme. Im Rennsport und vor allem in der Formel 1 reicht es nicht aus, wenn du Talent hast. Da muss alles zusammenpassen – Kontakte, ein wohl klingender Name, ein guter Manager, reiche Eltern, im Idealfall ein zahlungswilliger Sponsor im Hintergrund. Und wenn du dann auch noch Talent hast, kannst du weit kommen.

Statt in der Formel 1 bist du jetzt in der ADAC GT-Masters Serie angekommen. Bist du zufrieden dort, wo du jetzt bist?
Markus Pommer: Ja, klar! Die GT Masters ist auf diesem Level die Königsklasse mit sehr guten Fahrern. Da der Formel-Sport immer teurer wird und die Attraktivität der DTM nachlässt, wird das Fahrerfeld von Jahr zu Jahr stärker. Noch zufriedener wäre ich jedoch, wenn wir dieses Jahr die Serie gewinnen würden. Callaway hat das in der Vergangenheit schon geschafft, ich bin bisher aber zweimal kurz vor dem Ziel gescheitert. 2017 hatte mich ein Magen-Darm-Infekt den Titel gekostet, und letztes Jahr ist meinem Teamkollegen im entscheidenden Rennen auf Platz eins liegend einer hinten reingefahren, so dass wir am Ende nur Fünfter wurden.

Wie trainiert man eigentlich als Rennfahrer? Du kannst ja nicht jeden Tag auf die Rennstrecke gehen und die Abläufe automatisieren…
Markus Pommer: Das ist richtig. Wir sind außerhalb der Rennen insgesamt höchstens zehn Tage im Jahr zum Testen auf der Rennstrecke. Ich trainiere drei, vier Mal pro Woche meine Ausdauer, gehe schwimmen, laufen oder in die Sauna. Ansonsten verbringe ich zuhause viel Zeit in meinem Simulator.

Wie muss man sich diesen vorstellen?
Markus Pommer: Wir haben dort quasi ein Cockpit nachgebaut. Der Sitz hat dieselbe Position wie im Auto, die Bremse ist hydraulisch und ich habe drei Bildschirme um mich herum. Die Strecken sind inklusive Bodenwellen komplett der Realität nachempfunden, was vor allem gut ist, um die Strecken kennenzulernen. Über Telemetriedaten und Videos wird alles so programmiert, dass der Simulator eins zu eins der Corvette entspricht. Durch das Training im Simulator und meine langjährige Erfahrung kann ich auf den Strecken in jeder Kurve den jeweiligen Bremspunkt fast auf den Millimeter genau abrufen und kann so oft die entscheidenden Zehntel herausholen.