Generationswechsel beim TSB Handball: 4er-Gremium folgt auf Herwig Jarosch

Über 20 Jahre lang leitete Herwig Jarosch die Geschicke des Handball-Drittligisten TSB Horkheim. Mehr noch: Herwig Jarosch war der TSB, er verkörperte den Verein wie kein anderer. Doch im September 2020 endete die lange Ära des umtriebigen Machers, der sich bei der Jahreshauptversammlung aus privaten Gründen nicht mehr zur Wahl stellte. An seiner Stelle übernahm ein vierköpfiges Gremium die Leitung des Vereins. Michael Roll (1. Vorsitzender, 44 Jahre alt), Tobias Wacker (2. Vorsitzender, 26), Sven Grosser (3. Vorsitzender, 47) und Joachim Weineck (4. Vorsitzender, 54) haben in den wenigen Monaten, in denen sie im Amt sind, schon einiges in Bewegung gebracht. Dass die Drittliga-Saison abgebrochen wurde und die heimische Stauwehrhalle zum Impfzentrum umfunktioniert wurde, war dem Generationswechsel in der Vorstandschaft jedoch nur bedingt zuträglich. Beim Besuch in der nagelneuen Geschäftsstelle im Untergeschoss der Stauwehrhalle berichteten sie unseren Redakteuren Ralf Scherlinzky und Enny Bayer, wie sie den TSB in eine sportlich und finanziell erfolgreiche Zukunft führen wollen.

Fotos: Achim Gehrig

Autor: Ralf Scherlinzky

5. Mai 2021

Das ist sie nun also, die neue Geschäftsstelle des TSB Horkheim. Nachdem wir die Security des Impfzentrums in der Horkheimer Stauwehrhalle passiert haben, die Treppen ins Untergeschoss hinunter und einen langen Gang entlang gegangen sind, erstrahlt vor uns der große Raum in hellem Licht. „Hier war vorher ein Fitnessraum drin, der schon ewig nicht mehr genutzt worden war. Wir haben einen neuen Boden bekommen, die Elektrik wurde neu verlegt, die Decke ist neu und der Raum wurde neu gestrichen“, präsentiert uns der Erste Vorsitzende Michael Roll stolz die neue Schaltzentrale des Handball-Drittligisten. Noch sind die Wände etwas kahl. Bis die Geschäftsstelle im Sommer für den Publikumsverkehr geöffnet wird, sollen hier aber Trikots und Mannschaftsfotos die Wände zieren und Michael Roll verrät: „Ihr seid die ersten Externen, die den neuen Raum sehen. Selbst die meisten Leute vom TSB werden ihn erst im Magazin zum ersten Mal zu Gesicht bekommen.“

Drei Arbeitsplätze und eine Besprechungsecke stehen dem Verein zur Verfügung – zum einen für den Dualen Studenten und eine 450-Euro- Kraft, zum anderen aber auch für die vier Vorstandsmitglieder und die sechs Ressortleiter, die unter dem Vorstand angesiedelt sind. Im Vorstand ist Michael Roll seit September 2020 für das operative Geschäft zuständig, Tobias Wacker verantwortet die Finanzen, Sven Grosser Veranstaltungen und Mitglieder. Joachim Weineck, im Hauptberuf Leiter des Bürgeramts Horkheim, fungiert unter anderem als Bindeglied zur Stadt. „Anfangs hatte ich wegen meiner Doppelrolle als städtischer Bediensteter und TSB-Vorstand Bedenken, weil ja die Halle in meine berufliche Verantwortung fällt. Aber ich kann den Schalter bei mir gut umlegen – erst kommt die Stadt, dann der Verein“, so Weineck.

Als Bürgeramtsleiter war er auch derjenige, der den TSB frühzeitig darüber informieren musste, dass die Stauwehrhalle zum Impfzentrum umfunktioniert werden könnte. Deshalb war man auch entsprechend vorbereitet, als das Land Baden-Württemberg Anfang Dezember die Halle tatsächlich als Standort zum Impfen festlegte. „Natürlich ist es für uns als Verein suboptimal, dass wir uns in Halle und Geschäftsstelle nicht frei bewegen können, aber am Ende überwiegen die Vorteile“, weiß Joachim Weineck. „Die Stauwehrhalle hat dadurch eine top moderne Infrastruktur bekommen, die auch nach dem Rückbau des Impfzentrums bestehen bleiben wird und die wir als Verein weiter nutzen können.“

Als Interim-Spielort stellte die Stadt Heilbronn dem TSB Horkheim die Römerhalle in Neckargartach zur Verfügung. Dort spielt der TSB seit Mitte April um den Aufstieg in die Zweite Bundesliga – eine Tatsache, die so manch Außenstehenden nach dem eigentlichen Abbruch der Runde in der Dritten Liga überraschte.

„Nachdem wir uns über ein Vierteljahr ohne Spielbetrieb in Ruhe einarbeiten konnten, haben wir die Rahmenbedingungen geschaffen, um an der Aufstiegsrunde teilnehmen zu können“, erzählt Michael Roll. „Von den geplanten 34 Spielen der Hauptrunde konnten gerade mal zwei stattfinden und wir haben uns den Sponsoren verpflichtet gefühlt, dass wir trotz des eigentlichen Saisonabbruchs noch Leistung liefern.“

Dass die Finanzplanung für den Lizenzantrag in der aktuellen Zeit eine Herausforderung darstellte, dürfte allen klar sein. „Wir kennen unsere Zahlen und gehen mit der Teilnahme an der Aufstiegsrunde kein Risiko ein. Bei der Einreichung der Lizenzunterlagen ging es ja nicht nur um die Aufstiegsrunde selbst, sondern auch schon um den möglichen Aufstieg und eine Saison 2021/22 in der Zweiten Liga“, sagt Finanzvorstand Tobias Wacker und gibt einen kleinen Einblick in die notwendigen Rechenspiele: „Unser Wirtschaftsjahr geht eigentlich bis zum 30. Juni, wir mussten aber zusätzlich einen Abschluss zum 31.12.2020 vorlegen. Da zu diesem Zeitpunkt weder klar war, wieviele Mannschaften in der Aufstiegsrunde an den Start gehen, noch ob Zuschauer erlaubt sind und es einen Livestream geben würde, mussten wir für die Einreichung der Lizenzunterlagen im Februar eine vorsichtig kalkulierte Forecast-Rechnung machen. Ähnlich sieht es für eine mögliche Zweitliga-Teilnahme aus. Unsere Kalkulation beruht nun darauf, dass wir die komplette nächste Saison ohne Zuschauer spielen werden, ohne aber ein finanzielles Risiko einzugehen. Sollten Zuschauer erlaubt sein, würden wir zusätzliche Einnahmen generieren, die wir ins Team stecken könnten.“

Die Zweitliga-Aufstiegsrunde findet in zwei Siebener-Gruppen statt, von denen sich jeweils der Erst- und Zweitplatzierte für das Halbfinale qualifiziert. Dieses wird über Kreuz gespielt und die beiden Finalisten steigen am Ende auf. „Natürlich wollen wir hoch, sonst hätten wir die Lizenz nicht beantragt“, sagt Tobias Wacker selbstbewusst, und Michael Roll ergänzt: „Man musste noch nie so wenige Spiele gewinnen, um aufsteigen zu können. Aber eine einzige Niederlage war auch noch nie so entscheidend, wie sie es jetzt in der Aufstiegsrunde sein könnte.“

Dass der TSB Horkheim in einer ausgeglichenen Gruppe, in der nur die HSG Krefeld als Aufstiegsaspirant herausragt, gleich mit zwei Niederlagen gegen Oppenweiler/Backnang und Hanau in die Runde gestartet ist, bedeutete für das ambitionierte Team von Trainer Michael Schweikardt einen kleinen Rückschlag.

Ein Verpassen des anvisierten Aufstiegs wäre für den Verein aber auch kein Beinbruch. Im Vordergrund – dessen ist sich die neue Vereinsführung bewusst – muss der weitere Vollzug des verwalterischen Generationenwechsels sein.

„Es ist nicht hoch genug einzuschätzen, was unser bisheriger Vorstand Herwig Jarosch in den letzten 20 Jahren für den Verein getan hat“, sagt Joachim Weineck anerkennend. „Wir haben seine Aufgaben nicht nur auf unser Vierer-Gremium, sondern auch auf die sechs Ressortleiter umgelegt und kommen trotzdem immer wieder mal an unsere Grenzen.“ Auch Tobias Wacker ist froh, dass Herwig Jarosch weiterhin in den Verein eingebunden ist: „Ich komme zwar beruflich aus dem Bereich Steuern und habe dadurch Ahnung vom Finanzbereich, aber solche Dinge wie Anträge, Zuschüsse und Fördermittel – das lernt man nicht so einfach, da ist der Austausch mit einem erfahrenen Funktionär wie Herwig Jarosch unglaublich wichtig.“

Dass die Aufgaben des inzwischen 76-jährigen Ehrenvorsitzenden auf vier Schultern verteilt wurden, liegt darin begründet, dass die Handelnden alle berufstätig sind und die Vorstandsarbeit ehrenamtlich machen. „Wir pflegen im Vorstand eine sehr offene Kommunikation und jeder ist über die Schritte der anderen informiert. Sollte einer von uns mal beruflich verhindert sein, kann deshalb ein anderer nahtlos für ihn übernehmen“, weiß Michael Roll, der bereits seit 31 Jahren Mitglied in seinem Herzensverein TSB Horkheim ist. Für Tobias Wacker ist der 30. Juni 2021 das momentan wichtigste Datum: „Da schließen wir das alte Geschäftsjahr ab und können dann ab 1. Juli mit neuen, digitalen Prozessen durchstarten.“

Auf einen weiteren Moment arbeiten die Vorstände noch hin: Den Tag, an dem sie vor voller Tribüne ihren Vorgänger Herwig Jarosch gebührend verabschieden können…