Equaletics – Chancengerechtigkeit im Sport

Faszinierend, was sich aus einem ersten spontanen Gedanken entwickeln kann. Da hatten wir beim ersten Lockdown im Frühjahr 2020 den virtuellen Sportstammtisch ins Leben gerufen, bei dem sich eines Abends ein paar Sportlerinnen und Sportler über die ungleiche Behandlung von Männern und Frauen im Sport ausgelassen hatten. Die Erfahrungen, die in der Diskussion auf den Tisch gekommen waren, sprachen Bände. Man kam zu dem Schluss, dass man aktiv werden muss, um hier etwas zu ändern. Aus dieser ersten Diskussion heraus hat sich inzwischen der Verein Equaletics gegründet, der sich für mehr Chancengerechtigkeit im Sport einsetzt und seinen Sitz in Heilbronn hat.

Foto: Ralf Scherlinzky

Autor: Ralf Scherlinzky

26. Februar 2021

Gleich mit seinem ersten konkreten Projekt konnte der junge Verein für Aufsehen sorgen: Gemeinsam mit fairplaid, der Crowdfunding- Förderplattform für den Sport, stellte Equaletics mit der Kampagne #FemaleFutureAthletes einen Fördertopf mit 30.000 Euro zur Verfügung. Diese Fördergelder werden über Crowdfunding-Projekte ausbezahlt, die zu Gunsten von Individual-, Mannschafts- und Vereinssportlerinnen unter 21 Jahren gestartet werden.

Lisa Steffny erklärt: „Startet jemand ein Crowdfunding-Projekt, mit dem beispielsweise die Gründung einer Mädchenmannschaft oder auch nur neue Trikots für die C-Juniorinnen finanziert werden sollen, kann er über die Seite WWW.FAIRPLAID.ORG/EQUALETICS auf unseren Fördertopf zugreifen. Sobald das Projekt und dessen Zielbetrag definiert sind, legen wir bei jeder Person, die mindestens 10 Euro beisteuert, aus dem Topf nochmal 20 Euro oben drauf. Damit ermöglichen wir, dass das Projekt schneller zum Ziel kommt. Die Aktion ist auf drei Monate angelegt und wir konnten bereits die ersten Projekte im Mädchen-Basketball und Bahnradfahren erfolgreich begleiten.“

Ein weiteres Thema, mit dem sich der Verein beschäftigt, ist die teils ungleiche Vergabe von Hallen- und Sportplatzzeiten. „In diesem Bereich ist bei Sportvereinen so Einiges im Argen, sei es bei Trainingszeiten oder auch bei Spielen“, weiß Stefan Morlock, und Lisa Steffny ergänzt: „Hier möchten wir bei den Vereinen das Bewusstsein zur Gleichbehandlung von Männer- und Frauenteams schaffen. Dazu benötigt es jedoch auch einen tieferen Blick in die Vereinsstruktur. Wenn ich einen Vorstand habe, in dem drei Männer und zwei Frauen sitzen, hat die Damenabteilung gleich einen ganz anderen Stellenwert bei der Vergabe der Hallenzeiten als wenn der Vorstand nur aus fünf Männern besteht. Also muss gleich an einer weiteren Stellschraube gedreht werden: Wie kann ich Frauen im Verein dazu motivieren, sich im Vorstand zu engagieren?“

Ein typischer Fall, der im Jahr 2021 Equaletics auf den Plan rufen würde, spielte sich angeblich im letzten Juni in Nordrhein-Westfalen ab. Ein Fußballverein hatte damals drei Damenteams vom Spielbetrieb abgemeldet, weil die erste Herrenmannschaft in die Oberliga aufgestiegen war und es am Wochenende keine Kapazitäten mehr für den Spielbetrieb der Frauenmannschaften gegeben haben soll (kicker.de, 24.6.2020). Chancengerechtigkeit sieht anders aus!

Gründungsversammlung im Corona-Style: Ende Oktober 2020 entstand im Rahmen eines Videocalls der Verein Equaletics. Mit dabei waren u.a. Stefan Morlock (Bild oben links, Mitte), Lisa Steffny (Bild oben links, rechts) und Swenja Horter (Bild oben rechts.) Daher will der Verein an mehreren Stellschrauben drehen: Sie wollen nicht nur mit Projekten wie dem Fördertopf mehr Chancengerechtigkeit im Sport fördern, sondern auch politisch und wissenschaftlich arbeiten. „Bei uns dürfen alle mitmachen. Wir sind in Arbeitsgruppen organisiert. Entweder kann man in einer der bestehenden Gruppen mitwirken oder eine eigene ins Leben rufen. So finden alle ihr Herzensthema wieder“, berichtet Vorstandsmitglied Swenja Horter. „Außerdem freuen wir uns immer, mit anderen Gleichgesinnten zu kooperieren und so Synergieeffekte zu schaffen“, so die Heilbronn-Biberacherin weiter.

Alle Informationen zu Equaletics, den Arbeitsgruppen und anderen Möglichkeiten mitzuwirken gibt es unter WWW.EQUALETICS.ORG

Noch fehlt zwar die Eintragung in das Vereinsregister, doch der Equaletics e.V. in Gründung ist schon seit November aktiv. „Unser Vereinszweck ist es, Chancengerechtigkeit im Sport zu schaffen. Der Schwerpunkt liegt dabei zum Start vor allem auf Frauen und Mädchen, aber wir haben auch ein Auge auf Menschen, die aufgrund von sexueller Orientierung, Behinderung, oder anderen Gründen diskriminiert und marginalisiert werden“, sagt der erste Vorsitzende Stefan Morlock. Der 24-jährige Kölner führt ein hoch motiviertes Vorstandsteam an, zu dem außer ihm noch Lisa Kalina (25, Hamburg), Lisa Steffny (24, Köln), Nika Daiber (28, Köln) und Swenja Horter (31, Heilbronn) gehören.