ELMS in Spa-Francorchamps – Ein Wochenende an der Rennstrecke

Bereits vor drei Jahren berichtete die damalige SPORTHEILBRONN-Redaktion in Ausgabe 14 über ein Rennwochenende mit dem Neckarsulmer Rennfahrer Markus Pommer am Hockenheimring. Seitdem ist einiges passiert. Nicht nur in der Redaktion von SPORTHEILBRONN gab es Veränderungen, sondern auch beim 31-Jährigen. Nach fünf Saisons in der ADAC GT-Masters Serie, wechselte Pommer zur Saison 2021 zu BHK-Motorsport in die European Le Mans Series (ELMS). Wir hatten die Möglichkeit, das vorletzte Rennen der Saison im belgischen Spa-Francorchamps live an der Rennstrecke mitzuerleben und den Rennfahrer bei seiner Arbeit zu begleiten. Unser Redakteur Nils Arnold schildert seine Eindrücke von seinem ersten Wochenende an einer Rennstrecke, welches vor allem für Markus Pommer und BHK-Motorsport zum Ende einer recht verkorksten Saison, ein ernüchterndes Ende haben sollte.

Autor: Nils Arnold

26. Oktober 2022
Im Prototypen von BHK-Motorsport rast Markus Pommer seit 2021 über die Rennstrecken Europas.
Fotos: Thomas Kircher

Lautes Motorengeheul, Rennwagen, die stundenlang im Kreis fahren und die legendäre „Eau Rouge“ waren die ersten Assoziationen, die mir in den Kopf schossen, als klar wurde, dass wir zum Rennwochenende nach Belgien fahren würden. Wie ein Renntag abläuft, konnte ich mir zu dem Zeitpunkt jedoch noch nicht vorstellen. Als wir auf dem Parkplatz neben der Strecke das Auto verließen und das Dröhnen der Rennwagen bereits zu hören war, wurde die Vorfreude auf die folgenden Stunden und Tage immer größer. Bereits vom Parkplatz aus konnte man einzelne Teile des sieben Kilometer langen Rundkurses gut erkennen – die Start- und Zielgerade mit der ersten Kurve „La Source“, die Eau Rouge und den Anfang der folgenden langen Gerade, sowie das Ende des letzten Sektors mit der anschließenden „Bus Stop“-Schikane – alles aus dem Fernsehen, von der Formel 1, bekannt. Bisher unbekannt war mir die Rennserie, die wir uns an dem Wochenende anschauen wollten.

Die ELMS ist eine vom französischen Automobile Club de l’Ouest organisierte Langstreckenrennserie, die neben Spa fünf weitere, aus dem Formel-1-Rennkalender bekannte, Strecken beinhaltet. Neben der LMP2, in der Markus Pommer antritt, fahren in der European Le Mans Serie mit der LMP3 und LMGTE noch zwei weitere Rennklassen mit. Die LMP2- und LMP3-Autos unterscheiden sich von der Bauweise nur geringfügig. Jedoch verfügen die LMP2-Wagen über mehr Motorleistung und erzeugen mehr Abtrieb, wodurch sie in der Lage sind, schnellere Rundenzeiten zu fahren. Bei der LMGTE-Serie handelt sich um GT-Sportwagen, die auf Autos aus dem Straßenverkehr basieren und im Zuge der Rennserie an das Fahren auf einer Rennstrecke angepasst und modifiziert werden. Beim ersten Blick auf die Strecke kam diese mir schmaler vor, als ich es von den Kamerabildern erwartet hatte. Da wir bis zum Start des Qualifyings in der LMP2-Klasse noch über zwei Stunden Zeit hatten, entschieden wir uns, in Richtung Fahrerlager zu gehen und in der Box von BHK-Motorsport vorbeizuschauen.

Markus Pommer bereitet sich auf den Fahrerwechsel vor.

Angekommen im Fahrerlager, fielen mir vor allem die sauber aufgereihten LKW-Anhänger der einzelnen Teams auf. Jedes der über 25 Teams hatte seinen Anhänger hinter die eigene Box gestellt. Ungewöhnlich kam mir die Bewegungsfreiheit, die uns gewährt wurde, und der Zutritt zu allen Garagen vor. Keine Person interessierte sich für einen und man konnte in die verschiedensten Garagen marschieren und die Autos begutachten. Am Eingang der Box von BHK-Motorsport empfing uns Markus Pommer bereits im Rennanzug. Seine beiden Teamkollegen würden erst im Rennen zum Einsatz kommen, da er der Fahrer fürs Qualifying sei, erzählte er uns. Optimismus konnte er jedoch nur wenig verbreiten. Zu weit hinten hatte man dafür die letzten vier Rennwochenenden beendet.

Pünktlich zum Start der Qualifyings fanden wir uns auf der Tribüne über der Boxengasse ein. Zunächst fuhren die LMGTE-Autos zwölf Minuten lang ihre Runden. Daraufhin gingen die LMP3-Wagen auf die Strecke. Weitere zwölf Minuten später war es dann so weit, das Qualifying der LMP2-Klasse mit Markus Pommer begann. Die Rennwagen fuhren mit ohrenbetäubendem Lärm aus der Box und gingen auf die Jagd nach der Pole-Position. Ein Auto nach dem anderen raste über die Start- und Zielgerade, um eine schnelle Runde abzuliefern. Was schon für den Laien von außen zu erkennen und von Markus Pommer vor dem Qualifying prognostiziert worden war, spiegelte sich auch auf dem Tableau wider. Der BHK-Bolide konnte mit der starken Konkurrenz nicht mithalten und landete abgeschlagen auf einem enttäuschenden 15. Platz. Die Pole konnte sich das Schweizer Team COOL Racing sichern. Zum Ende des Trainings setzte Regen ein und das folgende Le Mans Cup Rennen wurde durch die wechselnden Bedingungen noch interessanter.

Am Sonntagmorgen war der Himmel aufgeklart und wir fuhren bei Sonnenschein zurück zur Strecke, in der Hoffnung eine Aufholjagd von Markus und seinen Teamkollegen sehen zu können. Zunächst ging es in die Boxengasse, in der wir erneut mit Markus sprachen und darauf warteten, zum Grid-Walk auf die Strecke gelassen zu werden. Eine Stunde vor Rennbeginn war es so weit. Wir verließen die Box und gingen auf die Start-und-Ziel-Gerade, auf der die Wagen bereits aufgereiht standen. Es waren faszinierende Eindrücke. Die 40 Rennwagen in der Startaufstellung, die vielen Menschen, die sich zu den Autos und Fahrern durchschlängelten, um Fotos zu machen, und die vielen Mechaniker, die den Wagen den letzten Feinschliff gaben und durcheinander wuselten, um die letzten Vorbereitungen für den Start zu treffen. Wir gingen die gesamte Startaufstellung bis zur Bus Stop-Schikane hinunter, schauten uns die verschiedenen Autos an und waren gespannt, wie das Rennen ablaufen würde.

Zu Rennbeginn begaben wir uns wieder auf unseren altbekannten Platz über der Boxengasse, um den Start gut beobachten zu können. Dann hieß es Daumen drücken, dass Markus‘ Teamkollege Francesco Dracone das Fahrzeug auf der abseits der Ideallinie noch nassen Strecke sicher durch die ersten Kurven bringen und dabei einige Plätze gut machen könnte. Es kam nicht wie gewünscht und der BHK steckte im Mittelfeld fest und verlor Runde um Runde Zeit auf die vor ihm liegenden Fahrer. Nachdem sich das Fahrzeug von Team Virage ins Kiesbett gedreht hatte und zunächst feststeckte, kam schon nach vier Minuten Rennzeit zum ersten Mal das Safety-Car auf die Strecke gefahren. Eine halbe Stunde nach Rennstart musste das im Gesamtklassement der LMP3 in Führung liegende COOL Racing Team nach einem Unfall das stark beschädigte Auto in der Garage abstellen und schied somit aus dem Rennen aus. Der Unfall ereignete sich in der ersten Kurve und somit genau vor unserer Nase. Wir wanderten von unserer Position auf der Start- und Zielgeraden weiter in Richtung Eau Rogue, um zu sehen mit welcher Geschwindigkeit die Fahrer die Kurvenkombination den Berg hochschießen – ein beeindruckendes Spektakel. Da bei 40 Fahrzeugen und ständigen Fahrerwechseln der Überblick über das Renngeschehen schnell verloren ging, schauten wir immer wieder in den Live-stream des Events rein, um alle Vorfälle auf den anderen Streckenabschnitten im Blick zu haben.

SPORTHEILBRONN-Redakteur Nils Arnold (rechts) zusammen mit Lara Auchter und Ralf Scherlinzky bei der Startaufstellung.

In der folgenden Zeit passierte vor allem für das Team von Markus Pommer wenig und das Feld zog sich immer weiter auseinander. Pommer, der nach dem letzten Wechsel das Steuer an Position 13 übernahm, hatte keine Chance mehr nach vorne anzugreifen. Zu groß war der Abstand auf die vor ihm fahrenden Autos. Den Sieg machten andere unter sich aus. Positiv war, dass der Neckarsulmer lange das Tempo des zweitplatzierten Europol mitgehen konnte und nur wenig Zeit verlor. Bei der Zieleinfahrt stand mit dem 13. Platz wieder ein Ergebnis außerhalb der Punkte auf dem Papier. Die Zieleinfahrt der Fahrer erlebten wir wieder in der Garage von BHK-Motorsport, in der die Stimmung eher bedrückt war. Der Blick kann für das Team nur nach vorne gehen, in der Hoffnung, dass man in der nächsten Saison einen neuen Angriff starten kann.

Für uns ging es nach dem Rennende noch zur Siegerehrung. Fahrer und Mechaniker der Siegerteams feierten ausgelassen auf und unter dem Podest ihren Erfolg.
Das Wochenende in Belgien an der Rennstrecke war für mich eine tolle Erfahrung. Es war eine andere Art Veranstaltung, als ich von den Sportarten gewöhnt war, die ich vorher live gesehen hatte. Ob mich der Motorsport jemals richtig packen wird, bezweifle ich, aber für einen weiteren Besuch einer Rennstrecke wäre ich immer wieder zu haben.