Bürgermeisterin Agnes Christner: „Durch Sportheilbronn neue Sportarten entdeckt“

Als wir vom Stadtverband für Sport Heilbronn im Frühjahr 2016 erstmals mit dem sportheilbronn-Magazin an den Start gehen wollten, hat uns Agnes Christner von Anfang an ermutigt diesen Schritt zu gehen. Heute, zur mittlerweile zehnten Ausgabe, hat sich unser Redakteur Ralf Scherlinzky mit der Heilbronner Bürgermeisterin für Soziales, Bildung, Kultur, Sicherheit, Bürgerämter, Gesundheit und Sport auf den Hafenmarktturm zurückgezogen, um sich an einem herrlichen Spätsommerabend über den Dächern der Stadt ausführlich mit ihr zu unterhalten – über ihre Aufgaben im Bereich Sport, über die Heilbronner Sportlandschaft im Allgemeinen und natürlich über unser Magazin.

Fotos: Marcel Tschamke

Autor: Ralf Scherlinzky

2. Oktober 2018

Frau Christner, wie war das damals, als Sie zum ersten Mal von unserem Vorhaben für ein regionales Sportmagazin gehört hatten?
Agnes Christner: Ich habe mich sehr gefreut, dass jemand ein so ehrgeiziges Projekt angeht und ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie wir dann gemeinsam die erste Ausgabe auf dem Marktplatz bei „Heilbronn bewegt sich“ vorgestellt haben. Von dem Magazin kann jeder Sportbegeisterte extrem viel lernen – auch zu Sportarten, die ihm bisher noch nicht so geläufig sind. Ich habe durch das Magazin viele Sportarten neu entdeckt. Und ich konnte auch Sportpersönlichkeiten, die ich bisher noch nicht so im Fokus hatte, durch die Interviews kennenlernen. Ich lese sportheilbronn immer mit großer Freude und erfahre sehr viel dabei. So ein Projekt steht und fällt auch mit den engagierten Menschen, die es zu ihrer Sache machen. Und man merkt an den ganzen Geschichten, der Aufmachung und den tollen Bildern, dass viel Leidenschaft dahintersteckt.

Vielen Dank für die lobenden Worte, die wir natürlich gerne hören. Aber kommen wir nun zum eigentlichen Thema: dem Sport in Heilbronn. Wie sehen Sie den Stellenwert von Spitzen- und Breitensport in der Stadt?
Agnes Christner: Sport hat in unserer Stadt einen hohen Stellenwert. Das zeigt sich auch an der guten finanziellen Sportförderung, die in Heilbronn bewusst auf den Breitensport ausgerichtet ist – diese Entscheidung wurde bereits vor einigen Jahren so getroffen. Ich glaube aber, dass wir auch darüber nachdenken sollten, wie wir für den Leistungs- und Spitzensport noch bessere Rahmenbedingungen schaffen können. Ich denke da jetzt nicht an eine finanzielle Förderung – das kann nicht vorrangig die Aufgabe einer städtischen Sportförderung sein. Aber wir sollten uns die Rahmenbedingungen für Training und Wettkampf genauer anschauen. Die Vereine signalisieren uns, dass die Sportstätten teilweise durchaus optimierungsfähig sind – im Interesse der Sportlerinnen und Sportler, aber auch der Zuschauerinnen und Zuschauer. An dieser Aufgabenstellung arbeiten wir.

Mit dem Thema Sportstätten liefern Sie jetzt eine Vorlage für ein Thema, das viele Heilbronner Sportfans beschäftigt und zu dem es auch immer wieder die verschiedensten Gerüchte gibt: Wird in Heilbronn eine neue Eishalle gebaut werden?
Agnes Christner: Obwohl ich mir das für den Eishockeysport in unserer Stadt sehr wünschen würde, sehe ich in absehbarer Zukunft keine neue Eishalle.

Ein weiteres Thema, zu dem alle möglichen Geschichten kursieren, ist die Fortführung des Internationalen Eberstädter Hochsprung-Meetings in Heilbronn. Ist das realistisch?
Agnes Christner: Diese ganz besondere Atmosphäre in Eberstadt, das herausragende Engagement der bisherigen Verantwortlichen und die direkten Verbindungen in die Weltklasse der Hochspringerinnen und Hochspringer lassen sich nicht einfach eins zu eins nach Heilbronn übertragen. Aber das hochkarätige Meeting verdient es in jedem Fall, dass sorgfältig geprüft wird, was künftig machbar und finanzierbar ist. Sollte ein überzeugendes Konzept entwickelt werden, sind wir für Gespräche offen.

Wie sehen eigentlich die Aufgaben einer Sportbürgermeisterin aus?
Agnes Christner: Der Sport ist ja nur ein kleiner Teil meines vielfältigen Aufgabenbereichs, aber er ist ein Bereich, der mir sehr viel Spaß macht. Die Hauptarbeit der Sportförderung liegt allerdings bei meiner Kollegin, der Leiterin des Schul-, Kultur- und Sportamtes, Frau Karin Schüttler und ihrem Team. Ich befasse mich hauptsächlich mit grundsätzlichen Fragen, größeren Fördermaßnahmen oder baulichen Projekten im Sport, die wir in Abstimmung mit dem Schul-, Kultur- und Sportamt bewerten und bei denen wir dann entscheiden, ob wir politisch initiativ werden – sprich, ob wir damit den Weg in den Sportausschuss, Verwaltungsausschuss und Gemeinderat gehen. Ich bin mit vielen Vereinsvertretern in Kontakt und finde es auch gut, wenn sie frühzeitig das Gespräch mit uns suchen, auch wenn wir nicht alle Wünsche immer sofort erfüllen können.

Wie laufen solche Gespräche mit den Vereinen ab, wenn deren Vertreter zu Ihnen kommen und wie lange dauert es, bis sie – wenn überhaupt – ihre Wünsche erfüllt bekommen?
Agnes Christner: Ein Beispiel dafür sind die Ringer der RED DEVILS. Als ich 2014 ganz neu in der Stadt und im Amt war, hatte ich eines der ersten Gespräche mit Jens Petzold, dem Abteilungsleiter des damaligen VfL Neckargartach. Er wollte mich von seinen Plänen überzeugen, das Ringen in Heilbronn noch populärer zu machen – und mir war der Ringsport damals noch gänzlich unbekannt. Heute stehen die RED DEVILS in der ersten Bundesliga und wir konnten ihnen bei der Errichtung eines VIP-Raums neben der Römerhalle unter die Arme greifen.

Ein weiteres Beispiel ist der Zusammenschluss des Heilbronner EC und der Eisbären Heilbronn. Da hatte es in den vergangenen Jahren immer wieder Gespräche gegeben, ohne einen Konsens zu finden. Deshalb haben wir auch den erneuten Anlauf gerne unterstützt. Dass es jetzt im Frühjahr geklappt hat, hat uns sehr gefreut. Das sind Entwicklungen, die der Stadt gut tun. Wenn ich jetzt sehe, wie der HEC seit dem Zusammenschluss sogar mit den Kindertagesstätten kooperiert, um schon die ganz Kleinen zum Eishockey zu bringen, dann ist das eine wunderbare Sache.

Das sind ja dann quasi wieder genau die Rahmenbedingungen für den ambitionierten Sport, von denen Sie eingangs gesprochen hatten…
Agnes Christner: Ja, unter anderem. Es ist einfach so, dass sich Breiten- und Leistungssport gegenseitig brauchen. Für Kinder, die Sport treiben, ist es wichtig Vorbilder zu haben und zu sehen, wohin sie es mit Talent, Fleiß und Ausdauer schaffen können. Wenn ein junger Eishockeyspieler sieht, dass er es im eigenen Verein in ein ambitioniertes Amateurteam oder gar in die Profimannschaft der Falken schaffen kann, ist das eine schöne Motivation. Oder wenn ein junger Ringer einem Eduard Popp in der Bundesliga zuschauen kann, der noch vor wenigen Jahren dort stand, wo er gerade selbst steht. Bei der Ehrung von Daniel Wörz nach seiner Medaille bei der Europameisterschaft habe ich bei den jungen Turntalenten der TG Böckingen gesehen, wie sie mit einem Funkeln in den Augen zu ihm aufgeschaut haben. Solche Vorbilder motivieren die jungen Sportlerinnen und Sportler und deshalb schauen wir, dass wir unterstützen, wo immer es geht und wo es die Sportförderrichtlinien zulassen.

Vor ca. zwei Jahren hatten Sie mir mal gesagt, dass Sie jede Sportart in Heilbronn und möglichst jeden Verein mal bei einer seiner Veranstaltungen besuchen wollen. Ist Ihnen das gelungen?
Agnes Christner: Leider noch nicht. Ich muss zugeben, dass ich die Vielfalt unterschätzt habe. Mir fehlen immer noch viele Sportarten, bei denen ich noch keinen Wettkampf besucht habe. Ich bin aber regelmäßig und mit großer Begeisterung bei Sportveranstaltungen dabei. Was mir bei allen erfolgreichen Vereinen aufgefallen ist: Überall stehen sehr engagierte Persönlichkeiten mit großer Leidenschaft dahinter, vor deren Leistung ich sehr große Hochachtung habe. Das ist eine große Stärke der Vereine, die aber auch zu einer Schwäche werden kann, falls diese eine Person wegfallen sollte. Deshalb ist es wichtig – und das sehen auch die engagierten Macherinnen und Macher so – dass man die Führungsarbeit in den Vereinen auf eine breitere Basis stellt. Das ist eine Entwicklung, an der wir gemeinsam arbeiten müssen.

Bestehen durch Ihre Besuche bei den Vereinen auch persönliche Kontakte zu den Sportlern selbst?
Agnes Christner: Das sind die schönen Nebeneffekte meines Amtes, dass ich die erfolgreichen Sportlerinnen und Sportler kennenlerne und bei verschiedenen Anlässen treffe. Ich bin immer wieder begeistert, welch tolle Persönlichkeiten wir unter den Sportlern haben. Sie sind alle nicht nur super erfolgreich, sondern sehr bodenständig und mit ihrer Heimatstadt verwurzelt – Vorbilder ohne Star-
allüren und wunderbare Botschafterinnen und Botschafter für unsere Stadt und die Region. Deshalb finde ich es auch fantastisch, dass der Stadtverband für Sport im sportheilbronn-Magazin einzelne Sportlerinnen und Sportler portraitiert, die man vielleicht noch gar nicht so im Fokus hat.

A propos Stadtverband für Sport: Welchen Stellenwert hat der Stadtverband eigentlich bei Ihnen im Rathaus?
Agnes Christner: Der Stadtverband und sein engagierter Vorsitzender Markus Otten ist für uns ein sehr wichtiger Partner, mit dem wir regelmäßig in Kontakt stehen. Der Stadtverband für Sport ist das Bindeglied zwischen den Vereinen und der Stadt. Er bündelt Interessen und trägt die Stimmungen und Themen der Vereine ins Rathaus bzw. ins Sportamt Beim Vorsitzenden Markus Otten wissen wir, dass er die Möglichkeiten der Stadt realistisch einschätzt und nichts fordert, was unrealistisch ist. Er sieht die Stärken der Sportförderung und arbeitet gemeinsam mit uns an den Schwächen. Wir veranstalten auch gemeinsam das halbjährliche „Sportgespräch“, bei dem wir die Vereine zusammenbringen.