Ann-Kathrin Lindner – Mit neuem Pferd zu neuen Erfolgen

Als wir Ann-Kathrin Lindner zur SPORTHEILBRONN-Ausgabe 19 zuletzt besucht hatten, hatte die 26-jährige gerade den Schritt in den Profireitsport gewagt. Knapp zwei Jahre später sind wir wieder auf der Reitanlage in Leingarten bei der U25-Europameisterin im Dressurreiten von 2020. Seitdem hat sich einiges geändert. Ihr Pferd FBW Sunfire aka „Fritz“ musste sie abgeben – eine schmerzhafte Erfahrung. Mit FBW Lord of Dance möchte sie nun bei den Senioren durchstarten.

Autor: Nils Arnold

2. Februar 2023

Ann-Kathrin Lindner auf Dr. Mops in der Schleyerhalle.

Foto: STUTTGART GERMAN MASTERS

Bei dir ist in den letzten Monaten viel passiert. Du musstest unter anderem dein Turnierpferd FBW Sunfire abgeben. Wie war das für dich?
Ann-Kathrin Lindner: Das war sehr schwierig. Es gab immer eine inoffizielle Absprache, dass „Fritz“, so wie ich ihn immer genannt habe, verkauft wird, wenn ich aus dem U25-Bereich rauskomme. Weihnachten 2021 kam der Besitzer dann zu uns und es gab ein Gespräch, dass er jetzt verkauft werden soll. Ich habe es verstanden, weil es für ihn um sehr viel Geld ging. Es ging mir aber alles etwas schnell. Er wurde leider nicht bei uns im Stall verkauft, sondern zu einem Händler gebracht. Ein paar Tage später gab es einen Anruf, dass er am nächsten Tag abgeholt wird. Das war sehr traurig, aber es ist leider nicht das erste Mal, dass mein bestes Pferd gehen muss.

Hast du mitbekommen, wo Fritz jetzt ist?
Ann-Kathrin Lindner: Er ist bei einer netten Frau in der Schweiz. Die hat mich direkt, nachdem sie ihn gekauft hat, wissen lassen, dass er bei ihr steht und mir auch angeboten, dass ich ihn jederzeit besuchen kann. Sie reitet auch auf der großen Tour und möchte es mit ihm ins Schweizer Team schaffen. Er hat auf jeden Fall ein Fünf-Sterne-Zuhause und Möglichkeiten, die wir ihm hier nicht hätten bieten können.

Bei den German Masters in Stuttgart bist du mit Dr. Mops angetreten. Ist er jetzt dein neues Turnierpferd?
Ann-Kathrin Lindner: Nein. Ihn durfte ich in Stuttgart reiten. Er gehört einer Pferdebesitzerin, von der ich ein anderes Pferd reite. Eigentlich sollte er mit ihr Turniere reiten. Letztes Jahr ist er eher zufällig bei mir gelandet, weil er krank war und sie mich gebeten hat ihn anzutrainieren. Das hat super funktioniert und ich habe sie gefragt, ob ich mit ihm Turniere reiten darf. Wir haben dann direkt gewonnen und ich bin ein paar Turniere, unter anderem in Stuttgart, mit ihm geritten. Er ist das einzige Pferd, welches nicht das ganze Jahr bei mir im Stall steht, sondern erst drei Wochen vor den Turnieren zu mir kommt und nach den Turnieren wieder abgeholt wird.

Läuft die Abstimmung mit dem Pferd dann, obwohl man nicht regelmäßig trainiert?
Ann-Kathrin Lindner: Normalerweise mache ich das nicht, weil ich das sehr schwierig finde. Mit ihm funktioniert das aber sehr gut.

Du hattest bei unserem letzten Gespräch auch noch „Paul“ als Backup von „Fritz“. Ist er jetzt dessen Nachfolger?
Ann-Kathrin Lindner: Ja genau. Paul ist inzwischen regelrecht durch die Decke gegangen ist. Er musste Fritz ersetzen und wurde ins kalte Wasser geworfen. Mit ihm bin ich jedes große Turnier geritten, das ich sonst mit Fritz geritten wäre. Ich war immer zufrieden und hat für seinen Trainingsstand immer gute Leistungen erbracht – und dann kam das Turnier in Frankfurt…

Foto: Chelsey Maschmeyer

Was war in Frankfurt?
Ann-Kathrin Lindner: Das ist ein Turnier in den Frankfurter Festhallen. Man kann es mit den German Masters in Stuttgart vergleichen. Da kommen die zehn besten Pferde, die zwischen acht und zehn Jahren alt sind. Paul hat sich überragend verkauft und ist am ersten Tag Dritter und am zweiten Zweiter geworden. Damit hat keiner gerechnet. Ich bin sehr glücklich, dass es so gut funktioniert mit ihm. Viele Leute haben gesagt, dass ich ohne Fritz keine Leistung mehr bringen kann und es alles an ihm lag. Jetzt mussten die Kritiker schlucken, dass es auch mit einem anderen Pferd funktioniert.

Muss man mit einem neuen Pferd auf einem niedrigeren Level neu anfangen?
Ann-Kathrin Lindner: Eigentlich schon und es ist meistens ein ziemlich langer Weg bis nach oben. Da ich Paul schon fünf Jahre reite, hatte ich ihn aber bereits soweit, dass er auch auf S*** Niveau starten konnte. Ich habe jetzt wieder junge Pferde im Stall, die vier oder fünf Jahre alt sind. Die sind vielleicht in fünf oder noch mehr Jahren auf diesem Level. Wenn man also kein Pferd direkt hinten dran hat, muss man auf jeden Fall ein niedrigeres Niveau reiten.

Was ist eigentlich „Pauls“ richtiger Name?
Ann-Kathrin Lindner: Er heißt FBW-Lord of Dance.

Wofür steht FBW?
Ann-Kathrin Lindner: Das ist eine Auszeichnung, die der Pferdeverband Baden-Württemberg junge Pferden verleiht. Fritz hat den Titel nach dem Europameisterschaftssieg verliehen bekommen. Paul wurde mit ungefähr fünf Jahren ausgezeichnet, als er sich für ein Championat qualifiziert hat.

Wie viele Pferde hast du zurzeit im Stall?
Ann-Kathrin Lindner: Im Moment sind es zehn. Das ist eine gute Anzahl, die ich schaffe. Ich hatte eine Zeitlang zwölf Pferde hier. Da war ich teilweise 14 Stunden im Stall und war froh, wenn ich mir abends noch etwas zu essen machen konnte, bevor ich ins Bett gefallen bin. Das wurde irgendwann einfach zu viel. Jetzt arbeite ich meistens von sechs Uhr bis 16 oder 17 Uhr. Ich reite jeden Tag neun Pferde und eines bekommt eine Pause oder wird von meiner Mama geritten. Außerdem habe ich mir die Regel gesetzt, dass ich in der Turniersaison sonntags nicht mehr in den Stall gehe. Dieser Ausgleich tut mir gut.

Bereust du es manchmal, dass du deinen Job als Physiotherapeutin aufgegeben hast?
Ann-Kathrin Lindner: Nein, bereuen tue ich es nicht. Ich muss aber schauen, wie lange ich meinen Job tatsächlich in dieser Form machen kann.

Was steht für dich sportlich in den nächsten Monaten sportlich an?
Ann-Kathrin Lindner: Das ist schwierig zu sagen. Ich setzte mir selten richtige Ziele, weil ich mich damit selbst unter Druck setze. Es ist schwierig sich mit Pferden Ziele zu setzen, weil jedes Pferd seinen eigenen Kopf hat und man nicht in sie hineinschauen kann. Ich möchte dieses Jahr gerne die deutschen Meisterschaften bei den Senioren reiten. Vorher bin ich dort immer bei der U25 an den Start gegangen und letztes Jahr hatte ich kein Pferd, da Paul noch nicht so weit war. Dieses Jahr sollte er so weit sein, wenn er fit bleibt.

Wann finden die deutschen Meisterschaften statt?
Ann-Kathrin Lindner: Die sind meistens im August oder September. Wir haben also noch ein bisschen Zeit. Wobei Paul eigentlich alles kann. Er hat einen Punkt erreicht, an dem er nichts Neues mehr lernen muss und nur noch etwas Kraft braucht. Er ist so intelligent. Man muss nicht viel mit ihm üben, weil er sich alles merken kann. Es gibt Pferde, die brauchen enorm viele Wiederholungen, um die Übungen im Kopf zu behalten. Paul braucht das gar nicht. Da kann man eine Übung auch mal einen Monat lang nicht machen und er kann sie noch problemlos abrufen.

Kannst du Paul länger reiten als die anderen Pferde oder besteht auch bei ihm die Gefahr, dass er verkauft wird?
Ann-Kathrin Lindner: Dazu kann ich wenig sagen. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zu den Besitzern. Ich hoffe das er lange bleibt. Ich stoße da aber schon manchmal an meine Grenzen und stelle mir die Frage, ob es nach ganz oben gehen kann, wenn ich jedes Mal mein Pferd abgegeben muss, wenn es gerade sein bestes Niveau erreicht hat.