Stille Helden des Sports: Stefanie + Steffen Rettstatt (Schwimmente)
Jedes Jahr ertrinken in Deutschland circa 500 Menschen. Dies kann man unweigerlich auf die verschlechterten Rahmenbedingungen der Schwimmausbildung im Kindesalter zurückführen. 20 bis 25 Prozent aller Grundschulen bieten keinen Schwimmunterricht mehr an, die Folge – rund ein Viertel der Kinder zwischen sechs und zehn Jahren kann nicht schwimmen und fast 60 Prozent aller Grundschüler fühlen sich im Wasser nicht sicher. Stefanie und Steffen Rettstatt wollen dieses Problem angehen. Schon 2018 gründete das Ehepaar die in die Stiftergemeinschaft der Kreissparkasse Heilbronn eingebettete „Schwimmenten Stiftung“, um Vereine, Schulen und gemeinnützige Organisationen mit Verwaltungsaufgaben bei der Durchführung von Schwimmkursen zu unterstützen.

Autor: Lara Auchter

Foto: SPORTHEILBRONN
Ende 2022 gründeten die Heilbronner zusätzlich zur Stiftung eine Schwimmschule als gemeinnützigen Verein, und sie packen seitdem auch selbst an.
„Besonders durch Corona, als die Schwimmbäder geschlossen waren, Schwimmkurse ausfielen und auch in den Schulen nur die wichtigsten Fächer unterrichtet wurden, haben immer weniger Kinder schwimmen gelernt“, sagt Steffen Rettstatt.
Zudem haben seit der Pandemie immer mehr Schwimmbäder dauerhaft geschlossen, weil Kommunen sich deren Betrieb nicht mehr leisten können.
Dies hat gravierende Auswirkungen zur Folge – laut DLRG lag 2022 der Anteil der Kinder, die sich im Wasser nicht sicher bewegen können, bei über 20 Prozent.
Auch deshalb ist das Ertrinken die zweithäufigste tödliche Unfallursache, nicht nur in Deutschland.
„Wir konnten uns die Situation nach Corona einfach nicht mehr mit ansehen und wussten, dass wir dieses Problem angehen müssen“, so Steffen Rettstatt weiter.
Da die Stiftung nicht aktiv am operativen Geschäft mitwirken, sondern nur schon bestehende Strukturen fördern darf, war klar, dass das Ehepaar Rettstatt einen anderen Weg der aktiven Mithilfe finden muss.
So wurde Ende 2022 die „Schwimmschule Ente“ gegründet. Gemeinsam mit der Sport-Union Neckarsulm, der DLRG Neckarsulm und dem Aquatoll Neckarsulm organisiert der Verein Kurse und finanziert die Ausbildung von Schwimmlehrern.
„Gleich nach der Corona-Pandemie haben wir uns mit verschiedenen Vereinen und Schwimmlehrern zusammengetan, um einfach die Ressourcen zu bündeln und immerhin ein paar Kindern den sicheren Weg ins Wasser zu ermöglichen“, erzählt Stefanie Rettstatt.
Inzwischen sind etwa 20 Übungsleiter mit an Bord, die im Neckarsulmer Sportbad mehr als 50 Schwimmkurse im Jahr für Kinder zwischen fünf und zehn Jahren geben.
Rund 1.000 Kinder haben seit der Vereinsgründung das Schwimmen gelernt, sagt Stefanie Rettstatt. Pro Jahr seien es etwa 500 aus der gesamten Region.
Die Schwimmschule bietet drei verschiedene Kurse an: Den Seestern-Kurs für Kinder, die ihre ersten Erfahrungen im Wasser sammeln wollen; den Enten-Kurs, bei dem das Kind bereits erste Erfahrungen im Wasser hat, gerne taucht und keine Angst davor hat, auch ins Wasser zu springen.
Und zum Schluss gibt es noch den Seepferdchen-Kurs, dessen Ziel es ist, dass die Kinder 25 Meter ohne Hilfe im tiefen Wasser schwimmen können.
Von einem sicheren Schwimmen kann man aber erst ab dem bestandenen Bronzeabzeichen sprechen, für das die Schwimmschule gerade eine entsprechende Kursstufe ausarbeitet.
Als neues Projekt gemeinsam mit der BSG Neckarsulm werden inzwischen auch Sonderkurse für Menschen mit geistiger Behinderung, sowie seit einigen Wochen auch inklusive Kurse für Kinder mit und ohne Beeinträchtigung angeboten.
Und obwohl das Heilbronner Ehepaar als die Gründer des Vereins gilt, war es den beiden wichtig, keine offizielle Position an vorderster Front anzunehmen:
„Ich bin zwar Kassiererin des Vereins und mein Mann ist neben Uwe Schuster (SUN), Michael McQuirt (DLRG Neckarsulm) und Martin Albrecht (Schwimmschule Ente) Mitorganisator vieler Kurse und steht sogar teilweise selbst im Wasser, jedoch war uns wichtig, dass das Projekt von uns abgekoppelt ist und sich auch andere einbringen. In einem gemeinnützigen Verein muss die Gemeinschaft zusammenarbeiten und es braucht viele engagierte Helfer, die auch ohne uns den Betrieb aufrecht erhalten können,“ führt Stefanie Rettstatt aus.
Das Ehepaar Rettstatt bringt durch sein Herzensprojekt Kindern nicht nur das Schwimmen bei, sondern rettet dadurch in Zukunft auch das eine oder andere Leben – zwei wahrliche Helden, die im Hintergrund Gutes tun.
Weitere Helden, wie zum Beispiel engagierte Unterstützer und Kursleiter, wären bei der Schwimmente sehr willkommen.
Infos: http://www.schwimmente.de