Salt Crystals: Heilbronner Cheerleader holen EM-Gold

Großer Jubel beim SV Heilbronn am Leinbach: Am 5. Juli sicherte sich das Groupstunt-Team Crystals Xplosion bei der Cheerleading-Europameisterschaft in Wiesbaden den Titel in der Kategorie Senior Groupstunt Mixed – und sorgte damit für einen Meilenstein in der Vereinsgeschichte. Gegen rund 100 Mannschaften aus 18 Nationen überzeugte das fünfköpfige Team mit Kevin Goller, Markus Linssen, Luisa Graf, Selina Wenndt und Lea Schwab mit einer hochpräzisen, technisch anspruchsvollen und fehlerfreien Performance. Ihre Darbietung vereinte Synchronität, Kraft, Vertrauen und spektakuläre Akrobatik – alles auf engstem Raum in nur einer Minute Bühnenzeit.
Mit diesem Sieg setzen die Salt Crystals nicht nur ein sportliches Ausrufezeichen auf europäischer Ebene – er zeigt auch, welches Potenzial im deutschen Cheerleading steckt. Im Interview erzählen Trainerin Sandy Kögler und Teammitglied Markus Linssen, wie aus einer Idee ein Europameistertitel wurde, warum Vertrauen alles ist – und weshalb sie dringend Verstärkung brauchen.

Autor: Lara Auchter

4. August 2025

Das ist das frischgebackene Europameister-Team – vorne von links: Lea Schwab, Luisa Graf, Selina Wenndt. Stehend von links: Markus Linssen und Kevin Goller. Oben mit dem Pokal: Trainerin Sandy Kögler. Foto: Salt Crystals

Herzlichen Glückwunsch zum Europameistertitel! Das kam für viele ziemlich überraschend. Wie habt ihr das selbst erlebt?

Sandy Kögler: Vielen Dank! Ja, für uns war es auch überraschend. Wir sind zuerst wie jedes Jahr bei der Landesmeisterschaft gestartet und haben uns dann über die Deutsche Meisterschaft für die EM qualifiziert. Wir waren Zweite bei der DM, und die besten drei dürfen zur Europameisterschaft. Dass wir dort den Titel holen würden, damit hatten wir wirklich nicht gerechnet.
Markus Linssen: Wir hatten unser Programm sehr lange trainiert – fast ein Jahr. Das hat uns geholfen, es extrem sauber zu zeigen. Bei der Siegerehrung hatten wir keine Erwartungen, aber als unser Name ganz oben genannt wurde, war die Freude natürlich riesig.

Ihr tretet als Crystals Xplosion im sogenannten „Groupstunt“ an. Was kann man sich darunter vorstellen?

Sandy Kögler: Das ist eine spezielle Kategorie im Cheerleading mit nur fünf Leuten auf der Matte, entweder Allgirl oder Mixed. In dieser Disziplin geht es vor allem um Technik, Vertrauen und Synchronität. Alles muss auf den Punkt passen.
Markus Linssen: Die kleine Teamgröße macht es einfacher, ein hohes Niveau zu halten. Aber sie verlangt auch sehr viel Disziplin. Jeder Fehler ist sofort sichtbar. Gleichzeitig können wir aber auch besonders spektakuläre Stunts zeigen.

Viele haben beim Begriff Cheerleading eher Auftritte beim Football mit Pompoms vor Augen. Wie unterscheidet sich euer Sport davon?

Sandy Kögler: Es gibt das sogenannte Sideline Cheerleading, das man vom Football kennt. Wir machen dagegen Competitive Cheerleading. Das heißt, wir treten auf Meisterschaften gegeneinander an, ganz ohne Footballspiel daneben. Wir sind dann das Hauptevent, nicht das Rahmenprogramm
Markus Linssen: Es geht um sportliche Höchstleistung, um Choreografien mit Würfen, Pyramiden, Schrauben. Menschen fliegen durch die Luft, da muss jedes Timing stimmen. Viele können sich das nicht vorstellen, wenn sie das Wort „Cheerleading“ hören.

Markus, du machst noch nicht lange Cheerleading? Wie bist du denn dazu gekommen?

Markus Linssen: Ganz ehrlich? Ich war früher Motorradrennfahrer. Nach einer Verletzung und viel Arbeit in der Automobilindustrie habe ich nach einer Herausforderung im Teamsport gesucht. Auf der Liste der Heilbronner Vereine stand Cheerleading und ich hatte auch erstmal das Klischee mit den Pompoms vor Augen. Also habe ich über Instagram gefragt, ob auch Männer mitmachen können. Die Antwort war super positiv. Beim ersten Probetraining war ich dann sofort begeistert vom Vertrauen und Teamgeist und bin geblieben.

Und bei dir, Sandy? Du bist jetzt Trainerin, aber wie war dein Werdegang im Sport?

Sandy Kögler: Ich habe mit sieben Jahren angefangen zu cheerleaden – damals noch ganz klassisch bei einem Footballteam. Was mich dabei von Anfang an fasziniert hat, war die Kombination aus Athletik, Teamwork und Präzision. Ich habe über die Jahre in unterschiedlichen Teams selbst aktiv trainiert und bin mit dem Sport regelrecht mitgewachsen. Irgendwann kam der Punkt, an dem ich mehr Verantwortung übernehmen wollte. Zuerst habe ich kleinere Gruppen unterstützt, dann das große Team übernommen – und nebenher trainiere ich nun noch unsere Groupstunt-Formation.

Ihr tretet beim Groupstunt im Mixed an und seid zwei Männer in der Gruppe. Wie sieht allgemein das Geschlechterverhältnis bei euch aus?

Markus Linssen: Leider haben wir viel mehr Frauen als Männer. Im großen Team sind es aktuell drei Männer und 18 Mädels. Wir würden uns sehr über Verstärkung freuen, gerade weil in der Mixed-Kategorie die Kombination aus Kraft und Technik von großer Bedeutung ist. Die Hemmschwelle ist oft das Bild im Kopf: Pompoms, Tanz, Mädels. Aber wer einmal da war, sieht sofort, dass es um Leistung, Vertrauen und Teamgeist geht. Jeder Mann, der mal reinschnuppert, bekommt eine völlig neue Perspektive – so war es auch bei mir.

Wie sieht euer Training aus und wie entsteht eine Choreografie?

Sandy Kögler: Ich plane die Routinen und schaue oft nach Elementen, die wir sicher machen können, aber auch die meisten Punkte bringen. Es gibt auch Pflichtelemente – so müssen zum Beispiel ein Wurf, eine Transition und ein Stunt immer dabei sein. Vier Monate vor der Meisterschaft wird intensiver trainiert, denn dann geht es in die Feinabstimmung, damit auch jedes Element sitzt. Die Routine dauert nur eine Minute, aber sie ist hochintensiv und präzise choreografiert und performt.
Markus Linssen: Beim Competitive Cheerleading werden unter anderem die Ausführung, die Schwierigkeit der Elemente und die Synchronität bewertet. Aber auch die Technik – also zum Beispiel, wie sauber ein Wurf oder ein Stunt gezeigt wird – und natürlich der Gesamteindruck, also wie flüssig, kreativ und mitreißend die Choreografie wirkt.

Gibt es nach dem Europameistertitel die Chance auf eine WM-Teilnahme?

Sandy Kögler: Leider nicht. Früher durften zwei Teams pro Land zur WM – inzwischen nur noch eines. Und das ist immer der Deutsche Meister. Wir sind zwar Europameister, wurden aber nur Zweiter bei der DM. Das ist leider das Regelwerk. Aber wir arbeiten weiter – in zwei Jahren ist wieder eine WM. Dann greifen wir an.

Wie steht es um das Cheerleading in Deutschland und was wünscht ihr euch für die Zukunft?

Sandy Kögler: Der Sport wächst. Es gibt mittlerweile zwei Verbände, was aber auch vieles unübersichtlich macht. Die Medien berichten mehr und RTL hatte kürzlich eine Dokureihe. Aber es gibt kaum Fördermittel, keine Preisgelder. Alles wird von uns selbst finanziert – Uniformen, Startgebühren, extra Hallenzeiten. Sponsoren dürfen wir offiziell nicht auf der Kleidung zeigen. Wir brauchen dringend mehr Sichtbarkeit und Anerkennung.
Markus Linssen: Wir wünschen uns mehr Akzeptanz für Cheerleading als ernsthafte Sportart. Und mehr Nachwuchs, besonders Männer. Denn der Sport hat riesiges Potenzial.

 

Lust auf ein Probetraining? Oder auf einen Auftritt der Salt Crystals? Dann einfach per Mail an cheerleading@heilbronn-miners.de oder über Instagram @crystals_cheerleader melden!