Melek Melke: Judo-Bundestrainer U21 aus Heilbronn
Melek Melke ist eine feste Größe im Heilbronner Sport. Als aktiver Judoka holte er 1996 Bronze bei der U21-EM, ein Jahr später wurde er Deutscher Vizemeister. Seit Jahren ist er Vorsitzender des Judo Club Kano Heilbronn und er betreibt in der Heilbronner Austraße eine Judoschule. 2022 wurde der 47-Jährige baden-württembergischer Judo-Landestrainer, seit Mai 2024 ist er nun verantwortlich für die U21-Nationalmannschaft der Männer. Wir haben uns mit Melek Melke getroffen, um mit ihm über seine Leidenschaft für den Sport und seinen neuen Job zu sprechen.
Autor: Lara Auchter
Melek, du bist seit Mai U21-Bundestrainer der Männer im Judo. Wie kam es dazu?
Melek Melke: Ich bin ja schon einige Jahre als Trainer tätig und war zuvor baden-württembergischer Landestrainer. Die Arbeit dort hat dazu geführt, dass ich überhaupt erst als Kandidat für den Job gesehen wurde. Ich durfte 2023 schon als Co-Trainer meines Freundes und Vorgängers Andreas Tölzer zur U21-Europa- und Weltmeisterschaft fahren. Dort hat alles super funktioniert, weshalb ich letztendlich von ihm vorgeschlagen wurde und den Posten dann bekommen habe. Ich freue mich auf die Aufgabe und es ist wirklich eine Ehre.
Melek Melke mit seinem Schützling Maxim Malsch vom BC Karlsruhe. Fotos: privat
Du warst früher selbst Teil der Nationalmannschaft, hast aber ziemlich früh deine Karriere beendet. Dadurch schließt sich jetzt für dich bestimmt der Kreis, oder?
Melek Melke: Natürlich, ich habe selbst alle Jugend-Nationalmannschaften durchlaufen. Es ist ein tolles Gefühl, die Erfahrungen, die man selbst als Judoka gemacht hat, in diesen Trainerjob einbringen zu können.
Du hast in deiner Karriere unter anderem bei den U21-Europameisterschaften eine Bronzemedaille geholt, und irgendwie dreht sich bei dir alles um Judo. Wie bist du eigentlich zum Judo gekommen?
Melek Melke: Eigentlich durch meinen Onkel, der auch Judo gemacht hat. Wir haben in der Nähe der Wartbergschule gewohnt, deren Sporthalle die Trainingsstätte vom Judo Club Kano war. Ich hatte dann einen wundervollen Trainer, durch den ich die Liebe zum Judo entdeckt habe und der großen Einfluss darauf hatte, dass ich diesen Weg gegangen bin. Ich hatte eine tolle Kindheit und das Judo war wie eine zweite Welt für mich. Ich war den ganzen Tag mit meinen Freunden auf der Matte und wir hatten bei den Wettkämpfen die beste Zeit unseres Lebens. Nach und nach kam ich dann in die Jugend-Nationalmannschaft. Ich erinnere mich noch ganz genau an meinen ersten Wettkampf mit dem Bundesadler auf der Brust – da war ich stolz wie Bolle. Diese Zeit hat mich sehr geprägt. Ich habe dann alle Jugendmannschaften durchlaufen und bin schon ziemlich früh, mit 18 Jahren, zu den Männern gekommen. Dort hatte ich aber leider ein paar Knieverletzungen zu viel, die dann dazu führten, dass ich mit 21 Jahren meine aktive Karriere beenden musste. Danach habe ich sehr schnell gemerkt, dass mir der Trainerjob liegt und ich den Jugendlichen viel mitgeben kann. Kurz darauf habe ich die Judoschule übernommen und mich auch in den Landesstrukturen als Trainer hochgearbeitet. Letztendlich bin ich glücklich, dass ich meine Leidenschaft zum Beruf machen konnte.
Was hat sich nun als Bundestrainer in deiner Jobbeschreibung geändert im Vergleich zum Vereins- oder Landestrainer?
Melek Melke: Es ist definitiv anders als ich es mir vorgestellt hatte. Als Bundestrainer hat man keine eigene Trainingsgruppe mehr, sondern koordiniert sehr viel mit den Landes- und Stützpunkttrainern und hat die Mannschaft nur für einen kurzen, bestimmten Zeitraum bei sich. Es ist leider nicht mehr die tägliche Trainingsarbeit, die mir immer irre Spaß gemacht hat und die auch eine meiner Stärken ist. Meine Aufgabe ist es nun, ein Team zu formen – nicht nur aus den Athleten, sondern auch aus den Trainern – und viel zu kommunizieren. Das Gute ist, dass ich die „andere Seite“ auch kenne und weiß, was den Heimtrainern wichtig ist und was ihnen die Arbeit erleichtert. Nun versuche ich nach und nach, Anpassungen vorzunehmen und die Wünsche des Teams einfließen zu lassen.
Was ist als Bundestrainer deine wichtigste Aufgabe?
Melek Melke: Die große Kunst ist, alle motiviert zu halten – die Athleten wie die Trainer. Ich muss dafür sorgen, dass jeder bei 100 Prozent ist und die beste Leistung aus sich herausholt. Man kann den Trainerjob nicht machen, wenn man nicht, genauso wie der Judoka, voller Energie sowie mit Leidenschaft und Herzblut dabei ist.
Wie sieht ein normaler Tag im Leben eines Judo-Bundestrainers aus?
Melek Melke: Er besteht definitiv aus ganz viel Planung (lacht). Es gibt sehr viele Kader, die man koordinieren muss, denn viele Judoka haben unterschiedliche Trainer. Dann muss man in ständiger Kommunikation mit den sechs Stützpunkten stehen und diese mehrmals im Jahr besuchen. Dadurch, dass ich mit der U21 arbeite, steckt auch ganz viel Planung in der beruflichen Zukunft der Athleten. Wenn diese beispielsweise studieren wollen, müssen sie sich an den Stützpunkt-Standorten orientieren. Auch ist die Entwicklung der Athleten wichtig und man muss entscheiden, was für jeden der nächste Schritt ist, wer welche Wettkämpfe bestreitet und wer in die einzelnen Kader kommt. Dazu muss man den Kontakt mit den verletzten Sportlern halten und die jüngeren Nationalmannschaften im Blick behalten, um zu wissen, wer als nächstes in die U21 kommen könnte. Nebenbei stehe ich natürlich auch noch selbst auf der Matte.
Melek Melke (links) mit dem deutschen Team beim European Cup U21 in Sarajevo.
Also hast du sehr viele Aufgaben…
Melek Melke: Ja. Und dadurch, dass die Stelle mitten im Jahr besetzt wurde und ich sie zum ersten Mal mache, habe ich viel Nachholbedarf. Man muss es schaffen, bis zum Saisonhöhepunkt alle in Frage kommenden Starter mindestens einmal, auch bei Wettkämpfen, betreut zu haben. Es ist auch nicht meine Art, alles sofort zu verändern und an den Trainingsprozessen herumzuspielen. Wenn ich jetzt versuche, meine Philosophie allen aufzuzwingen, erhalte ich natürlich erstmal eine Abwehrhaltung, und das möchte ich nicht. Ich will, dass mein Team und meine Athleten sehen, dass das, was ich sage und tue, Hand und Fuß hat und ihnen einen Mehrwert bietet. Das braucht einfach Zeit und jeder muss sich an die Veränderung gewöhnen. Das ist ein Prozess und ich bin noch am Anfang.
Du hast schon die Leidenschaft und das Herzblut erwähnt. Was ist die wichtigste Qualität, die ein Trainer haben muss?
Melek Melke: Er muss auf jeden Fall sehr viel Fachkompetenz besitzen und bereit sein, sich ständig weiterzubilden und weiterzuentwickeln. Dazu sollte man als Trainer die Fähigkeit haben, einschätzen zu können, in welchen Bereichen man selbst die höchste Kompetenz besitzt und in welchen Bereichen man sich Experten mit ins Boot holt. Deshalb bilde ich mich auch selbst ständig weiter. Aktuell nehme ich an einer Weiterbildung des Weltverbands IJF teil. Hier unterscheidet sich der Leistungssport nicht von der freien Wirtschaft. Stillstand bedeutet Rückschritt. Wenn man aber die entsprechende Fachkompetenz hat und sowohl Trainerkollegen als auch Athleten in den Entwicklungs- und Veränderungsprozess einbindet, kann man ein sehr erfolgreiches Team entwickeln. Ich möchte für die Sportler ein Umfeld schaffen, in dem sie ihre beste Leistung abrufen und unabhängig vom Erfolg am Ende ihrer Karriere sagen können, dass sie die beste Zeit ihres Lebens hatten.