Kai „The Tunnel“ Gotthardt – Dartprofi mit Heilbronner Vergangenheit

Jahr für Jahr sitzen weltweit Millionen von Menschen um die Weihnachtszeit herum zuhause und verfolgen gebannt die Dart-Weltmeisterschaft im TV oder Livestream. Im legendären Londoner Alexandra Palace, der eigentlich eher unter seinem Spitznamen „Ally Pally“ bekannt ist, ging es auch vom 15. Dezember 2024 bis 3. Januar 2025 wieder um eine halbe Million britische Pfund Preisgeld. Einer der 96 Teilnehmer war Kai „The Tunnel“ Gotthardt. Der 29-Jährige hatte sich mit seinem Sieg in der Super League erstmals für die Weltmeisterschaft qualifiziert und erfüllte sich damit einen lange gehegten Traum. Zwar war schon in der zweiten Runde Schluss für den Esslinger, doch hat er dafür direkt im Anschluss ein weiteres großes Ziel seiner Karriere erreicht: der Gewinn einer PDC Tour Card. Wir haben mit dem Dart-Profi, der zwischen 2017 und 2022 in Heilbronn lebte, gesprochen, und alles über sein erfolgreichstes Jahr erfahren.

Autor: Lara Auchter

5. Februar 2025

Kai Gotthardt bei der PDC Europe Super League in Hildesheim. Fotos: Felix Höfer/PDC Europe

Kai, wie hat es sich angefühlt, sich erstmals für die Weltmeisterschaft qualifiziert zu haben?

Kai Gotthardt: Es war ein unglaubliches Gefühl. So richtig realisiert habe ich es erst vor Ort. Ich freue mich riesig, dass ich diese Chance bekommen habe, und die WM war ein Highlight meiner bisherigen Karriere.

 

Der „Ally Pally“ ist legendär und jedes Jahr Gastgeber der besten Spieler der Welt. Wie hast du die Atmosphäre dort empfunden?

Kai Gotthardt: Die Halle ist zwar kleiner, als sie im Fernsehen wirkt, aber die Stimmung war unglaublich. 3.500 Zuschauer, die für eine laute und beeindruckende Atmosphäre sorgen – das macht den „Ally Pally“ besonders. Ich hatte mir immer gesagt, dass ich erst hingehe, wenn ich selbst spiele, und das hat sich gelohnt. Ich war aber nicht ganz so überwältigt wie ich dachte und konnte das alles ziemlich gut ausblenden. Ich denke, wenn du da als großer Star hinkommst und in entscheidenden Duellen spielst, ist die Stimmung nochmal anders.

WM-Ticket gebucht – der Moment des Triumphs

Wie lief die Dart-Weltmeisterschaft für dich?

Kai Gotthardt: In der ersten Runde konnte ich souverän gegen die Nummer 50 der Welt gewinnen. Das war ein wichtiger Moment für mich, denn der erste Sieg bei einer WM bleibt immer etwas Besonderes. In der zweiten Runde hatte ich dann die Chance, auf 2:0 in den Sätzen zu stellen, was das Spiel wahrscheinlich anders hätte verlaufen lassen. Leider konnte ich die Gelegenheit nicht nutzen und bin letztendlich ausgeschieden. Trotzdem bin ich zufrieden, denn ich habe gezeigt, dass ich auf diesem Niveau mithalten kann – und ich habe wertvolle Erfahrungen gesammelt.

Gab es nach der WM viel Resonanz?

Kai Gotthardt: Definitiv. Die Medien haben sich stark für meine Geschichte interessiert, und auch sponsorentechnisch hat sich einiges bewegt. Es ist toll zu sehen, dass meine Leistungen Anerkennung finden und sich Türen öffnen. Natürlich gibt es immer Luft nach oben, aber ich bin auf gutem Weg.

Vor wenigen Wochen hast du ein weiteres Ziel in deiner Karriere erreicht und dir als Krönung deiner besten Saison eine PDC Tour Card gesichert.

Kai Gotthardt: Genau. Ich hatte die Möglichkeit, nach der WM über die sogenannte Q-School eine Tour Card zu ergattern. In den ersten drei Tagen der Vorrunde habe ich dort am zweiten Tag den Sieg geholt, durch den ich mich direkt für die Finalrunde qualifizieren konnte. Dort lief es zwar nicht perfekt, ich konnte aber durch einen weiteren Sieg am letzten Tag das Ticket für die Pro Tour sichern. Auf diesen Moment habe ich die letzten Jahre hingearbeitet und ich habe mir damit definitiv mein großes Ziel erfüllt.

Wie bist du überhaupt zum Dartsport gekommen?

Kai Gotthardt: Mein Vater hat früher Darts gespielt, und ich bin als Kind oft mitgegangen. Irgendwann habe ich angefangen, zu Hause zu trainieren. Später war ich sogar bei der Junioren-Weltmeisterschaft dabei. Das war der Startschuss für meinen Weg im Dartsport.

 

Wie sieht dein Training aus und wie bereitest du dich auf große Turniere vor?

Kai Gotthardt: Ich trainiere täglich zwei bis vier Stunden an der Dartscheibe, meistens allein. Zusätzlich nutze ich ein Online-Programm namens Scolia, um gegen andere Spieler anzutreten. Mein Mentaltrainer hilft mir dabei, in Drucksituationen ruhig zu bleiben. Körperliches Training ist im Dartsport zwar nicht zwingend notwendig, aber die mentale Stärke macht oft den Unterschied.

 

Wie sieht es finanziell aus – kannst du vom Dartsport leben?

Kai Gotthardt: Es ist schwierig, aber dank meiner Sponsoren kann ich mich voll auf den Sport konzentrieren. Nach der Dart-Weltmeisterschaft und der Tour-Qualifikation gibt es jetzt noch mehr Interesse, was mir zusätzliche Sicherheit gibt.

Autogramme geben – eine ganz neue Erfahrung

Du hast von 2017 bis 2022 fünf Jahre in Heilbronn gelebt. Was verbindet dich mit der Stadt?

Kai Gotthardt: Ich habe meine Ausbildung zur Fachkraft für Schutz und Sicherheit beim AT Sicherheitsdienst in Heilbronn gemacht und auch fünf Jahre hier gelebt, zuerst in Böckingen, dann in Talheim. Es war eine prägende Zeit für mich, und ich habe viele gute Erinnerungen an die Stadt. Auch wenn ich jetzt wieder in meiner Heimatstadt lebe, bleibt Heilbronn ein besonderer Ort für mich.

Was sind deine nächsten Ziele, jetzt, wo du auf der Pro-Tour unterwegs bist?

Kai Gotthardt: Mit der Tour Card stehen mir viele neue Möglichkeiten offen und ich darf an großen Turnieren teilnehmen. Mein Ziel ist es, mich auf der Pro Tour zu etablieren und langfristig gegen die besten Spieler der Welt zu spielen und selbst zu einem heranzuwachsen. Ich nehme es Schritt für Schritt und möchte auch den Sport in Deutschland weiter voranbringen.