Patrick Keicher – Neuroathletik als Alternative

Autor: Lara Auchter
Wer Patrick Keicher bei der Arbeit zuschaut, merkt schnell: Hier wird nicht einfach nur geschwitzt. Hier wird getestet, beobachtet, angepasst – mit Blick fürs Detail und viel Gespür für den Menschen. Denn bei Patrick geht es ans Nervensystem. Der frühere Bundesliga-Radfahrer der RSG Heilbronn ist heute der wohl einzige Neuroathletik-Trainer der Region – ein Feld, von dem viele noch nie gehört haben, das aber enormes Potenzial birgt.
„Nach meinem schweren Radunfall haben mir die Ärzte gesagt: Wir wissen nicht, ob das wieder wird. Aber ich wollte was tun – und Neuroathletik war der Schlüssel“, erzählt er. Die klassische Reha konnte ihm nicht helfen, also suchte er nach anderen Wegen. Über einen befreundeten Trainer stieß er auf das damals kaum bekannte Trainingskonzept aus den USA – und war sofort fasziniert.
„Ich habe gemerkt: Das macht was mit mir. Ich war nicht mehr komplett ausgeliefert, sondern konnte aktiv etwas für meinen Körper tun – obwohl viele dachten, da geht nichts mehr.“ Diese Erfahrung hat ihn verändert – beruflich wie persönlich. Keicher, eigentlich aus dem Maschinenbau kommend, entschied sich zum kompletten Neustart. Er absolvierte ein Fernstudium zum Gesundheitscoach, besuchte Seminare und machte Praktika – unter anderem beim Neuroathletik-Trainer des 1. FC Köln. Inzwischen steckt er mitten in einer umfassenden Neuroathletik-Ausbildung.
Heute betreut der 28-Jährige Profi- und Hobbyathleten, Menschen mit Schmerzen oder alten Verletzungen. „Neuroathletik ist kein Hexenwerk. Ich arbeite nicht mit Standardübungen, sondern mit dem Nervensystem. Ich analysiere, wo im Körper Unsicherheit besteht – oft liegt die Ursache ganz woanders, als man denkt“, erklärt er. Dabei geht es um mehr Power, sowie darum, Bewegungsabläufe sicherer, effizienter und schmerzfreier zu machen.
Ein typisches Beispiel: Eine Gardetänzerin konnte monatelang ihr Bein beim Rückwärtsrad nicht strecken – alle technischen Korrekturen halfen nichts. Nach gezielter Aktivierung ihres Gleichgewichtssystems klappte es plötzlich. „Das hat selbst mich beeindruckt“, gibt Patrick Keicher zu, „weil es zeigt, wie eng alles zusammenhängt: Wahrnehmung, Reaktion, Motorik.“

Patrick Keicher bei der Arbeit. Foto: privat
Besonders wichtig ist ihm dabei eines: Ehrlichkeit. „Ich will niemandem etwas vormachen. Ich verspreche nicht, dass ich alles lösen kann. Aber ich teste alles. Und wenn das nichts bringt, sage ich das auch offen.“ Für ihn zählt das Ergebnis, nicht der schöne Schein. „Ich will verstehen, was im Körper passiert – und mit kleinen, gezielten Reizen große Effekte auslösen.“
Dabei kommen schon mal ungewöhnliche Tools zum Einsatz: Duftöle, Tennisbälle, oder Patricks berühmt-berüchtigte UNO-Karten, die er für visuelles Training nutzt. Klingt kurios, wirkt aber. „Die Leute sind anfangs oft überrascht – und dann verblüfft, was sich in kurzer Zeit verändern kann.“
Ob nach Verletzungen, bei wiederkehrenden Schmerzen oder zur Leistungsoptimierung im Sport: Neuroathletik setzt an der Wurzel an – und ist dabei ganzheitlich, individuell und oft effektiver, als man denkt.