Xenia Merkle: Spagat zwischen Bundesliga und biologischer Chemie

Als wir im Frühjahr 2019 zum ersten Mal über die Eishockeyspielerin Xenia Merkle berichtet hatten, spielte die damals 18-jährige Abiturientin sowohl mit den U20-Jungs des Heilbronner EC als auch mit Doppellizenz in ihrer ersten Bundesliga-Saison für die Frauen der Mad Dogs Mannheim. Heute, mit 20 Jahren, ist die Bad Rappenauerin eine feste Größe im Team der Mad Dogs. Ihren Lebensmittelpunkt hat sie inzwischen ebenfalls in die Quadratestadt verlegt, wo sie an der Hochschule Mannheim biologische Chemie studiert. Wir waren in der Nebenhalle der SAP Arena beim Bundesligaspiel der Mad Dogs gegen den ERC Ingolstadt dabei und haben im Anschluss mit der Verteidigerin gesprochen.

Fotos: Marcel Tschamke

Autor: Ralf Scherlinzky

3. März 2021

Wie wir heute gesehen haben, hast du dich seit unserem letzten Treffen vor zwei Jahren enorm weiterentwickelt. Beim heutigen Spiel warst du gefühlt durchgehend auf dem Eis…

Xenia Merkle: Durchgehend sicher nicht, aber ich gehöre inzwischen schon zu den Leistungsträgerinnen und spiele in der ersten Verteidigungsreihe. Da ist man dann meist auf dem Eis, wenn es hart auf hart kommt.

Als wir 2019 über dich berichtet hatten, warst du altersmäßig gerade aus der U18-Nationalmannschaft herausgewachsen und hattest gesagt, dass die nächste Stufe die Frauen-Nationalmannschaft sei. Wie weit bist du davon aktuell noch weg?

Xenia Merkle: Ich wurde tatsächlich schon mal zum Perspektivteam der Nationalmannschaft eingeladen, hatte dann aber zu Gunsten meiner Mannschaft darauf verzichtet. Seither wurde ich nicht mehr eingeladen. Es ist aber auch unheimlich schwer, an den Spielerinnen aus den bayrischen Teams aus Ingolstadt, Memmingen und Planegg vorbeizukommen. Die meisten sind dort in der Sportfördergruppe der Bundeswehr und haben ganz andere Trainingsvoraussetzungen als wir in Mannheim.

Dann sind sie vermutlich auch der Grund, weshalb ihr trotz eures Amateurstatus als Profiliga weiter spielen dürft?

Xenia Merkle: Genau. Wir sind hier in Mannheim sehr weit von einem Profidasein entfernt. Wir Spielerinnen verdienen nicht nur kein Geld, sondern müssen sogar noch unseren finanziellen Anteil zu den Auswärtsfahrten mit Übernachtungen leisten. Aber das ist nicht schlimm, denn wir spielen aus Leidenschaft Eishockey. Wir trainieren zweimal, manchmal dreimal pro Woche, arbeiten sehr hart und versuchen uns zu verbessern. Seit ich hier bin, haben wir uns von Jahr zu Jahr weiterentwickelt und haben in dieser Saison zum ersten Mal eine realistische Chance, uns für die Playoffs zu qualifizieren.

Im „richtigen Leben“ neben dem Eishockeysport studierst du im dritten Semester biologische Chemie. Wie bekommst du einen so anspruchsvollen Studiengang und die Eishockey-Bundesliga unter einen Hut?

Xenia Merkle: Das Studium ist tatsächlich nicht ganz ohne und ich habe einen ziemlich durchgetakteten Zeitplan. Man hat gewisse Dinge zu erledigen, und wenn man sie nicht im Plan macht, hat man ein Problem. Deshalb muss man es einfach machen. Mit diesem Bewusstsein klappt das recht gut. Unsere Auswärtsfahrten sind alle recht lang, da nutze ich die Zeit zum Lernen.

Welchen Corona-Maßnahmen müsst ihr euch bei den Mad Dogs momentan unterwerfen, damit ihr spielen dürft?

Xenia Merkle: Da wir alle berufstätig sind, studieren oder noch zur Schule gehen, können wir nicht wie andere in einer Blase leben. Und mit unserem kleinen Saisonetat sind regelmäßige Coronatests für den Verein nicht drin. Deshalb achtet jede Einzelne von uns darauf, möglichst keine privaten Kontakte zu haben. Eishockey ist zwar ein Kontaktsport, aber sobald wir vom Eis gehen, schützen wir uns gleich wieder gegen mögliche Ansteckungen.

Wir haben kurz in eure Kabine reingeschaut. Ihr tragt auch dort Masken?

Xenia Merkle: Ja. Es ist zwar etwas hart, ausgepowert in die warme Kabine zu kommen und dann auch noch die Maske aufzusetzen, aber man gewöhnt sich daran. Es geht eben nicht anders. Wir wollen die Saison unbedingt zu Ende bringen und zum ersten Mal die Playoffs erreichen. Diesem Ziel ordnen wir alles andere unter.