Westernreiterin Zoe-Christine Cosic: Europameisterin unter dem Radar

Wir sind doch immer wieder überrascht, auf welche neuen Sportarten bzw. tolle Sportlerinnen und Sportler wir während unserer Berichterstattung über den Heilbronner Sport stoßen. So wie diesmal auf die 19-jährige Westernreiterin Zoe-Christine Cosic, die trotz ihrer sportlichen Erfolge – 2020 gewann sie die Youth World Games und wurde 2019 Europameisterin – in der medialen Berichterstattung weit unter dem Radar fliegt. Wir sind nach Öhringen gefahren, um die Abiturientin aus Untergruppenbach und ihre Stute Stella in ihrem dortigen Stall kennenzulernen. Im folgenden Interview erfahren unsere Leser mehr über die spannende Sportart Westernreiten und darüber, wie eine damals gerade 15 Jahre alte Zoe-Christine dazu kam, sich in den USA ein Pferd zu kaufen.

Fotos: Achim Gehrig

Autor: Lena Staiger

28. Mai 2021
Zoe, wie bist du zum Reiten gekommen? Hast du dich von Anfang an für den Westernstil entschieden?

Zoe-Christine Cosic: Ich reite, seit ich drei Jahre alt bin, mittlerweile also seit 16 Jahren. Angefangen habe ich ganz klassisch mit dem Ponyreiten. Ich hatte das Glück, dass meine Mutter selbst geritten ist und dann irgendwann meinte, sie sei jetzt alt genug, um sich ein eigenes Pferd zu kaufen (lacht). Über unseren alten Wallach kamen wir dann erst zum Westernreiten, davor sind wir auch klassisch englisch geritten.

Mit ihm bist du dann auch deine ersten Westernturniere geritten?

Zoe-Christine Cosic: Ja genau. Ich habe relativ schnell gemerkt, dass mir das großen Spaß macht und ich tiefer in den Westernsport einsteigen möchte. Mit meinem Wallach habe ich dann auch die ersten Landesmeistertitel geholt und bin auf meiner ersten Deutschen Meisterschaft gestartet. Er hat aber leider ab einem gewissen Niveau nicht mehr mitgehalten, dafür war er nervlich einfach nicht gemacht. Durch Zufall habe ich dann meine aktuelle Trainerin kennen gelernt und durfte ihre Stute reiten. Mit ihr habe ich dann auch meinen ersten EM-Titel, den Deutschen Meister usw. geholt. Für meinen Wallach habe ich einen netten anderen Platz gesucht. Ich wollte ihn zu nichts zwingen, was er nicht wollte. Danach habe ich dann angefangen, mich nach einem neuen Pferd für mich umzuschauen.

Nach welchen Kriterien bzw. mit welchen Anforderungen hast du nach einem Pferd gesucht?

Zoe-Christine Cosic: Ich wollte auf jeden Fall etwas Farbiges, sprich ein Tier mit Flecken. Da ich im Allrounder-Bereich unterwegs bin, sollte das Pferd ein gewisses Gangpotential mitbringen und auch die Lust und die Einstellung zum Arbeiten haben. Außerdem ist ein gewisses Grundtalent nötig. Fehlt dieses, kann man es ab einem bestimmten Punkt auch nicht mehr hinreiten.

Und dann hast du dein jetziges Pferd Stella in den USA gefunden…

Zoe-Christine Cosic: Genau, das war ehrlich gesagt auch ein ziemlicher Zufall. Ich habe in ganz Europa nach einem Pferd gesucht, habe aber nichts Passendes gefunden. Dann habe ich mich dazu entschieden, auch in den USA zu schauen, da es preislich keinen Unterschied mehr gemacht hat. Ich wollte unbedingt einen Nachkömmling ihres Vaters. Ich kenne eine Halbschwester von meinem Pferd und wusste, dass die alle sehr ruhig sind und einen tollen Charakter haben. Meine Mutter hat sie dann auf einer Website gefunden. Bis sie hier in Deutschland war, hatte ich sie allerdings tatsächlich nicht gesehen. Ich habe sie nur von Fotos und Videos gekannt.

Das ist bestimmt ziemlich aufwändig, ein Pferd aus den USA nach Deutschland zu transportieren, oder?

Zoe-Christine Cosic: Ja, wir hatten aber das Glück, dass meine Trainerin sowas schon öfter gemacht hat und uns mit Rat und Tat zur Seite stand. Wir mussten erstmal eine Fluggesellschaft finden, die auch Pferde transportiert. Vor ihrem Flug musste Stella dann erst noch zwei Wochen in Quarantäne. Es gab tatsächlich auch eine kleine Panne, da die Fluggesellschaft das falsche Flugzeug geschickt hat, eine Personenmaschine statt dem Flugzeug, das sie transportieren sollte. Nach zwei Tagen Verspätung kam sie dann in Amsterdam an. Von dort aus hat sie ein Transportunternehmen zu uns gebracht. Das war schon ziemlich aufregend, aber im Endeffekt hat alles geklappt.

War sie dann auch das Traumpferd, das du dir erhofft hast?

Zoe-Christine Cosic: Ja absolut! Sie war die erste Stute, die ich gekauft habe und wir haben insgesamt fast eineinhalb Jahre gebraucht, um zusammen zu wachsen. Stuten sind oft etwas eigen, aber wenn man ihr Herz einmal erobert hat, machen sie alles für dich. Stella geht mit mir durch Dick und Dünn und gibt immer ihr Bestes. Sie kam mit drei Jahren nach Deutschland und war zu dem Zeitpunkt gerade 30 Tage unter dem Sattel. Wir haben wirklich von null angefangen, sie konnte noch gar nichts. Ich habe mir sehr viel Zeit für sie genommen, das zahlt sich jetzt aus. Da ich dieses Jahr mein Abitur schreibe und sie inzwischen sieben Jahre alt ist, möchte ich sie decken lassen. Die Stallbesitzerin hat auch vor, ihre Stute decken zu lassen, dann hätten wir hier nächstes Jahr gleich zwei Fohlen. Das wäre natürlich top!

Was hast du nach deinem Abschluss vor? Kannst du mit Stella überhaupt noch Turniere reiten, wenn sie gedeckt wurde?

Zoe-Christine Cosic: Ja, man kann die Pferde reiten, bis sie fast platzen, bis der Sattel nicht mehr passt (lacht). Nach dem Abitur werde ich eine Ausbildung als Kinderkrankenschwester im Olgahospital in Stuttgart anfangen. Erstmal stehen aber die Abschlussprüfungen an, das ist in Coronazeiten gar nicht so ohne. Ich war das gesamte Jahr 2021 gerade einmal zwei Wochen in der Schule, der Rest lief online. Die Ausbildung ist aber zum Glück schon sicher. Im Oktober geht’s dann los und ich kann anfangen, Stella bei meiner Mutter Stück für Stück abzubezahlen. Sie hat mir das Geld für mein Pferd nämlich damals ausgelegt.

Wie läuft bei euch so ein Wettkampf im Westernreiten eigentlich ab?

Zoe-Christine Cosic: Im klassischen Reiten gibt es ja nur die drei Disziplinen Springen, Dressur und Military (Vielseitigkeitsreiten). Im Westernreiten haben wir dagegen viel mehr Disziplinen. Neben den Reitklassen haben wir auch Bodenklassen, bei denen das Pferd nicht geritten, sondern vom Boden aus geführt wird. Wenn wir auf einen großen Wettkampf fahren, sind wir eineinhalb bis zwei Wochen weg, da nimmt man dann querbeet von den Bodenklassen bis zu den großen Reitklassen alles mit. Die EM als zweitgrößte Westernshow der Welt findet immer in Kreuth statt, da sind dann um die 50 bis 60 Starterinnen dabei.

Wie viele Disziplinen reitest du dann pro Wettkampf?

Zoe-Christine Cosic: Oh da muss ich erstmal überlegen… Ich glaube es sind neun, wenn ich nichts vergessen habe (lacht). Western-Pleasure macht mir am meisten Spaß, ich habe Stella ja auch als ein Pleasure Pferd gekauft. Dabei ist man mit ganz vielen anderen Reitern und Pferden in der Halle und es geht darum, welches Pferd den schönsten Gang hat und am konstantesten läuft. Unsere stärkste Disziplin ist die Showmanship at Halter, eine Bodendisziplin. Bewertet wird, wie du dich und dein Pferd während den zu absolvierenden Aufgaben präsentierst.

So viele verschiedene Disziplinen zu trainieren ist doch bestimmt sehr zeitaufwändig. Wie koordinierst du dein Training?

Zoe-Christine Cosic: Showmanship zum Beispiel ist eine Disziplin, die man auch gut vor oder nach dem Reiten üben kann. Alles andere muss ich schon planen. Ich versuche jede Disziplin ein- bis zweimal pro Woche zu trainieren. Eigentlich kann man auch mehrere Disziplinen in einer Einheit trainieren. Außer die Disziplinen mit dem Englischsattel. Da muss ich mich davor natürlich entscheiden, welchen Sattel ich draufmache, und das Pferd braucht kurz, um sich darauf einzustellen. Aber im Moment reite ich nur ein bis zweimal pro Woche, weil Stella Rückenschmerzen hat. Jetzt arbeite ich viel an der Longe und vom Boden aus.

Dann ist bei euch der Bereich Physiotherapie für die Pferde bestimmt auch wichtig? Davon hat uns die Dressurreiterin Ann-Kathrin Lindner auch schon erzählt.

Zoe-Christine Cosic: Auf jeden Fall. Tierarzt, Physiotherapeut und Osteopath kommen regelmäßig zu uns in den Stall. Man möchte ja auch, dass es den Tieren so gut wie möglich geht, wenn sie jeden Tag hart für einen arbeiten. Mein Pferd bekommt zum Beispiel auch spezielles Mineralfutter und wird komplett getreidefrei ernährt.

Stehen für dich dieses Jahr noch Turniere auf dem Plan?

Zoe-Christine Cosic: Ja, ich hoffe die können coronabedingt auch stattfinden. Die Deutsche Meisterschaft ist auf Juni geplant und bisher sieht alles ganz gut aus. Der Vorteil ist, dass die Anlage in Kreuth, wo die Show stattfinden soll, sehr groß und weitläufig ist. Die Abstandsregeln wären schon mal kein Problem. Außerdem ist im August noch die Europameisterschaft und im September die bayrische Meisterschaft angesetzt.

Hast du bestimmte sportliche Ziele, die du erreichen möchtest? Oder nimmst du einfach alles so, wie es kommt?

Zoe-Christine Cosic: Also ein paar Titel mehr würden nicht schaden (grinst). Die WM, die immer in den USA stattfindet, ist für uns leider relativ schwierig. Das Ganze ist mit einem riesigen logistischen Aufwand verbunden. Man müsste mit dem Pferd in die USA und wieder zurückfliegen, das ist ganz schön viel Stress für das Tier. Letztes Jahr hätte ich die Chance gehabt, mit einem Pferd von Stellas Vorbesitzer auf der WM zu reiten. Es war schon alles organisiert. Ich wäre mit meiner Trainerin eineinhalb Wochen in die USA geflogen. Und dann kam uns Corona dazwischen. Allgemein ist es mein Ziel, mit Stella noch ein bisschen konstanter zu werden. Wir arbeiten zum Beispiel gerade daran, dass die fliegenden Wechsel vom Rechts- in den Linksgalopp zuverlässig und reibungslos klappen. Sie soll jetzt nächstes Jahr aber erstmal ein gesundes Fohlen zur Welt bringen, dann bin ich zufrieden.