Wenn der Spielbetrieb wieder beginnt…

Momentan stehen alle Ampeln auf Grün, dass in wenigen Wochen auch der Spielbetrieb im Amateurbereich bei den meisten Mannschaftssportarten wieder losgehen kann. Die Vorfreude bei Spielern, Trainern und Betreuern ist groß. Die gesundheitlichen Risiken bei dem Neustart von Null auf Hundert sind jedoch nicht zu unterschätzen. Insbesondere gilt es für die Betreuer und Trainer, die Gesundheit der ihnen anvertrauten Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen im Auge zu behalten.

 

Autor: Harald Krusenotto

13. August 2021

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer Entscheidung vom 19.01.2021 AktZ.: VI ZR 188/17 festgelegt, welcher Haftungsmaßstab bei pflichtwidrig unterlassenen Erste-Hilfe-Maßnahmen von Trainern gilt. Pauschal heißt es zunächst, dass im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren Erste-Hilfe geleistet werden muss. Dabei ist eine notfallmäßige Erstversorgung, wie sie durch einen ausgebildeten Rettungssanitäter oder Arzt erfolgen könnte, nicht verlangt. Dies wird auch von den Trainingsteilnehmern nicht erwartet. Allerdings wird erwartet, dass die Trainer und Betreuer die notwendigen Kenntnisse im Bereich der Ersten Hilfe haben, wie sie bei der Trainerausbildung des jeweiligen Sportverbandes vermittelt werden bzw. wie sie sich aus den Rahmenrichtlinien für die Qualifizierung im Bereich des Deutschen Sportbundes oder dem entsprechenden Fachverband ergeben und diese auch anwenden können. Dabei haben sich die Erste-Hilfe-Maßnahmen auch an der Gefährlichkeit der jeweiligen Sportart zu orientieren.

Im entschiedenen Fall ging es um einen Herzstillstand eines Jugendlichen beim Tischtennistraining. Es hatte bei dem Geschädigten keinen Hinweis auf Vorerkrankungen gegeben. Auch das Training war nicht risikoreich aufgebaut. Vereinsseitig sollte daher sichergestellt werden, dass nur Trainer zum Einsatz kommen, die mit den Erste-Hilfe-Maßnahmen vertraut sind, die für die Sportart je nach Risiko erwartet werden können. Betreuer und Trainer müssen sich des Risikos bewusst sein, dass sie persönlich in Haftung genommen werden können, wenn sie die entsprechenden Grundkenntnisse nicht haben.

Auch die Spieler sollten bei den Sportarten mit Körperkontakt einige Dinge beachten, um nicht persönlich zu haften. Grundsätzlich gilt, dass für Verletzungen bei spielerischem Wettkampf mit erhöhtem Gefährdungspotenzial (Handball, Fußball, Eishockey etc.) die Haftung für Verletzungen reduziert ist. Maßstab sind die jeweiligen Spielregeln. Sollten in einem Spiel bereits Regeln zur Anwendung kommen, die Sanktionen für brutales Spiel oder grobes Foul vorsehen, ist die Grundlage für die Inanspruchnahme für Verletzungen des Gegners bereits gesetzt.

Im Urteil des OLG Schleswig vom 19.11.2020 (Az. 7 U 214/19) heißt es: „Wer ohne realistische Möglichkeit, den Ball zu erobern, mit ganz erheblicher Wut, gestrecktem Bein und offener Sohle in die Gegenspieler hineinspringt, nimmt eine schwere Verletzung gelinde in Kauf und handelt damit bedingt vorsätzlich.“ In dem entschiedenen Fall erlitt der Geschädigte eine zweitgradig offene Unterschenkelschaftfraktur. Der Schädiger wurde mit einer roten Karte des Feldes verwiesen. Das Gericht sah hier ein grobes Foul mit bedingtem Vorsatz, weil der Schädiger in der oben beschriebenen Weise den anderen Spieler attackierte. Das Gericht hat dabei die Spielsituation ausführlich analysiert und ist zu der Erkenntnis gekommen, dass es sich bei den Verletzungshandlungen um eine völlig sinnfreie Aktion gehandelt hat. Weder habe es eine realistische Möglichkeit gegeben, den Ball zu erobern, noch konnte sich die Spielsituation durch Unüberlegtheit, technisches Unvermögen oder Müdigkeit erklären. Außerdem musste der Geschädigte in der konkreten Situation mit einem derartigen Angriff nicht rechnen. Wer so handelt, nimmt billigend eine schwere Verletzung in Kauf. Der Schädiger wurde entsprechend zu einer Schmerzensgeldzahlung verurteilt. Der Schädiger hatte noch versucht, sich in ein Insolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung zu retten. Allerdings gibt es keine Restschuldbefreiung bei einer vorsätzlichen Körperverletzung.

Einen anderen Fall hatte das OLG Frankfurt am 14.11.2019 AktZ. 22 U 50/17 entschieden. Dabei ging es um ein Handballspiel einer Jugendmannschaft, bei dem die Torhüterin in ihrem Torraum mit einer zum Sprungwurf ansetzenden Gegenspielerin zusammenprallte, die dabei einen Kreuzbandriss erlitt. Die Torfrau erhielt hierfür eine rote Karte. Der Schiedsrichter hatte keinen weiteren Bericht abgegeben. Auch das OLG Frankfurt hat sich daran orientiert, ob das Verhalten der Torfrau eine vorsätzliche Regelwidrigkeit gemäß den Handballregeln war. Dies ließ sich nicht mehr feststellen. Denn dazu wäre ein Bericht des Schiedsrichters erforderlich gewesen. So blieb es dabei, dass es sich nicht um eine so schwere Regelwidrigkeit gehandelt hat, bei der Vorsatz angenommen werden muss.

Festzuhalten bleibt, dass die Grenze zwischen unsportlichem Verhalten und groben, vorsätzlichem Foulspiel fließend ist. Alle Sportler sollten auch im Eifer des Gefechts Handlungen unterlassen, die zu Verletzungen des Gegners führen können. Ansonsten ist immer mit persönlicher Haftung zu rechnen.

Infos zum Autor:

Rechtsanwalt Harald Krusenotto ist seit vielen Jahren in der Heilbronner Sportszene tätig. Als langjähriges Hauptausschussmitglied des Stadtverbands für Sport Heilbronn und aktuell Vorstand des TSB TC Horkheim e.V. kennt er die rechtlichen Themen der Vereine.