MOCOS Stille Helden des Sports: Greta, Line, Ella + Lotte (HSG Heilbronn)

Sie sind erst 16 Jahre alt, und doch sind sie aus dem Vereinsleben der HSG Heilbronn nicht mehr wegzudenken und dienen als Vorbilder – nicht nur für ihre Generation, sondern auch für so manchen Erwachsenen. Greta Tennstedt, Line Büttner, Ella Hübschmann und Lotte Käß sind B-Jugend Spielerinnen der Handballspielgemeinschaft Heilbronn. Sie trainieren die Minis, sind grundsätzlich die ersten – und oft die einzigen – die sich melden, wenn die HSG Helfer:innen für ihre diversen Aktionen sucht. Vor kurzem haben die vier zudem erfolgreich den Schiedsrichter-Lehrgang abgeschlossen und Lotte durfte im Januar bereits ihr erstes Spiel pfeifen. „Rufst du eine, kommen grundsätzlich alle vier“, sagt HSG-Leiter Matthias Künzel schmunzelnd über das Quartett, um das viele Vereine die HSG beneiden. Deshalb stellen wir sie hier nicht einzeln, sondern selbstverständlich auch im „Viererpack“ vor. Mit ihrem vorbildlichen ehrenamtlichen Engagement sind sie für uns ein Musterbeispiel für „Stille Heldinnen des Sports“.

Autor: Ralf Scherlinzky

2. Februar 2023

Spielerinnen in der B-Jugend, Trainerinnen, Helferinnen bei Veranstaltungen und jetzt auch noch Schiedsrichterinnen. Auf Greta Tennstedt, Line Büttner, Ella Hübschmann und Lotte Käß kann die HSG Heilbronn immer zählen.

Foto: privat

„Stimmt, wir machen eigentlich immer alles zu viert“, lacht Lotte. „Das hat einen ganz einfachen Grund: Da wir bei unserem ersten Einsatz bei der Spieltagsbewirtung niemanden kannten und nicht allein dort stehen wollten, haben wir uns zu viert angemeldet. Und weil wir dabei dann viel Spaß hatten, waren wir auch beim nächsten Mal wieder gemeinsam am Start. So hat es sich nach und nach ergeben, dass wir meist als Viererpack unterwegs sind.“

Eigentlich kennen sich die vier über Ecken schon seit frühester Kindheit. Sie hatten aber nie viel Kontakt, bis sie dann damals bei der TSG Heilbronn fast zur gleichen Zeit in der E-Jugend mit dem Handballspielen angefangen haben.
Bis zur C-Jugend standen die vier Heilbronnerinnen in Diensten der TSG, dann wurden sie nach der Gründung der HSG mit den Jugendlichen des SV Heilbronn am Leinbach zusammengelegt. „Inzwischen sind wir jetzt tatsächlich die älteste Jugendmannschaft in der HSG, da es ja keine A-Jugend und keine männliche B-Jugend gibt“, stellt Line fest. Hatten die Freundinnen vor nicht allzu langer Zeit noch zu den älteren Jahrgängen aufgeschaut, so sind sie jetzt die „Großen“.

Doch die „Kleinen“ schauen nicht nur aufgrund ihres Alters zu ihnen auf. Vielmehr sind Line, Lotte, Greta und Ella aufgrund ihres großen Engagements in der HSG echte Vorbilder für Groß und Klein.

„Wir haben uns schon eine Weile engagiert, zum Beispiel bei der Spieltagsbewirtung in der Halle. Als wir dann gefragt wurden, ob wir uns auch vorstellen könnten, uns als Trainerinnen bei den Minis zu engagieren, haben wir sofort zugesagt“, erinnert sich Lotte. „Am Anfang war das natürlich etwas ganz Neues für uns und wir haben uns im Umgang mit den Kids noch nicht so viel getraut. Inzwischen haben wir uns aber den Respekt der Kleinen erarbeitet.“

Zwei von ihnen leiten das jeweilige Training, während die beiden anderen assistieren, berichtet Ella, bei der die organisatorischen Fäden zusammenlaufen. „Die meisten Kinder sind zwischen vier und sechs Jahre alt, da muss man zu mehreren sein, um alle im Griff zu haben. So können sich die beiden, die assistieren, um diejenigen Kids kümmern, die bei Übungen wie dem normalen Purzelbaum noch Defizite haben oder gerade einfach nur schmollen.“

Koordination, der Umgang mit dem Ball, werfen, prellen, Kräftigungsübungen – dies alles steht im Fokus des Trainings bei den Minis und Lotte sagt: „Wir legen damit die Grundlage dafür, dass sie sich dann ab der E-Jugend entsprechend handballerisch weiterentwickeln können und sich dort nicht mehr mit den Basics beschäftigen müssen.“

Inzwischen haben die vier auch noch ihre Schiedsrichter-Ausbildung absolviert. Wird das nicht zu viel neben Schule, den Minis, dem eigenen Training und den Spielen? „Nein, absolut nicht“, lacht Ella. „Das ist keine Belastung, sondern ein Ausgleich. Das sind für mich die Highlights der Woche und ich freue mich den ganzen Tag auf das Training abends.“

Greta, die wie Ella im letzten Sommer in die Oberstufe gekommen ist, berichtet davon, dass das Quartett nach den Sommerferien 2022 erstmal vier unterschiedliche Stundenpläne unter einen Hut bekommen und die Trainingszeit mit den Minis verlegen musste. „Klar, es wird schon sportlich, Schule und HSG unter einen Hut zu bekommen, aber bevor wir abends zuhause sitzen und nichts tun, können wir uns abends beim Handball vom Lernen erholen.“

Ob die lange Corona-Phase, als sie weder in die Schule, noch ins Training gehen durften, dazu beigetragen hat, dass sich die vier Jugendlichen jetzt so stark engagieren, lässt sich nicht genau feststellen. „Das kann schon sein, aber wir sind jetzt auch zwei Jahre älter und ganz anders ins Vereinsleben eingebunden als damals in der C-Jugend“, sinniert Greta.

„Seither sind die Mädels in jedem Fall nicht mehr aus der HSG wegzudenken“, berichtet Matthias Künzel. „Nach dem Frankenbacher Straßenfest hatten wir eine Vorstandssitzung, in der wir das Fest haben Revue passieren lassen. Der erste Satz im ersten Tagesordnungspunkt war tatsächlich, dass wir unheimlich stolz auf unsere B-Jugend sind. Man musste nicht bitten und betteln, damit sie uns unterstützen. Sie waren einfach da und haben gesehen, wo es fehlt. Es ist für uns Gold wert, wenn wir so auf unsere Jugendlichen bauen können.“

Bei diesem Standing, das sich die vier in der HSG erarbeitet haben, sind sie auch in einer Position, in der sie durchaus auch mal Kritik üben können. „Ich würde mir aus unserer Mannschaft schon mehr Beteiligung an den Aktivitäten außerhalb des Trainings wünschen. Letztes Jahr waren wir vier die einzigen von 20 Leuten, die an der Theke standen. Und hatten wir mal keine Zeit, hat sich niemand anderes aus dem Team gefunden, der für uns eingesprungen wäre“, nimmt Greta ihre Teamkolleginnen in die Pflicht. „Das betrifft nicht nur die B-Jugend, sondern zieht sich durch alle Mannschaften“, ergänzt Ella. „Im WhatsApp-Infokanal der HSG wird oft wochenlang nach Helfern gesucht und es findet sich niemand.“

Dabei entgehen den anderen wichtige Erlebnisse und Erfahrungen, wie die vier finden. „Als die HSG beim Frühchenfest der Kinderklinik dabei war, wussten wir auch nicht, was auf uns zukommt“, erinnert sich Lotte. „Aber wir hatten eine so tolle Zeit mit den Kindern, die mit uns einfach nur Spaß hatten – eigentlich ähnlich wie im Training mit den Minis.“

Line ist sich sicher, dass nicht nur sie und ihre Freundinnen sich lange an den Nachmittag an der Kinderklinik erinnern können, sondern auch die Kinder: „Wenn wir dazu beitragen konnten, dass sie sich auf das Frühchenfest im nächsten Jahr freuen, dann haben wir unser Ziel erreicht. Wir werden in jedem Fall auch 2023 wieder vor Ort dabei sein!“

Einen wichtigen Grund für das Engagement des „Viererpacks“ bringt Greta auf den Punkt: „Wenn man sich mannschaftsübergreifend engagiert, lernt man auch die anderen Leute im Verein kennen. Normalerweise haben in Vereinen die Aktiven und die Nachwuchsspieler:innen recht wenig miteinander zu tun. Bei uns ist das anders, denn uns kennen jetzt auch die Erwachsenen und haben uns in die Gemeinschaft eingebunden.“

Als wir von der SPORTHEILBRONN-Redaktion die vier „Stillen Heldinnen“ im letzten Sommer kennengelernt hatten, waren wir zugegebenermaßen noch etwas skeptisch, ob sie dieses Engagement längerfristig würden durchhalten können. Inzwischen wissen wir: Greta, Line, Ella und Lotte sind keine „Eintagsfliegen“, sondern echte Vorbilder für eine Generation von Jugendlichen, die sich nicht mehr selbstverständlich für die Gemeinschaft engagieren. In einer Zeit, in der fast jeder Verein händeringend nach ehrenamtlichen Helfern sucht, zeigen die vier eindrucksvoll, dass ehrenamtliches Engagement auch heute noch Spaß machen und funktionieren kann. Wir würden uns wünschen, dass viele Jugendliche ihrem Beispiel folgen.