SPORTHEILBRONN geht in die Luft – Bei den Segelfliegern der Fliegergruppe Heilbronn

Wer an einem Sonn- oder Feiertag schon mal auf der Neckartalstraße zwischen Heilbronn und Horkheim unterwegs war, hat sie mit Sicherheit aus dem Augenwinkel erspäht – die Segelflieger der Fliegergruppe Heilbronn. Herrscht gutes Wetter, dann ist zwischen März und Oktober auf dem Heilbronner Segelflugplatz im Karree zwischen Böckingen, Klingenberg, Horkheim und Sontheim Flugbetrieb. Auch wir vom Stadtverband für Sport Heilbronn haben schon oft beim Vorbeifahren neugierig auf das Grundstück mit der 200 Meter langen Start- und Landebahn geschielt. Mitte Juni haben wir den Segelfliegern nun einen Besuch abgestattet, in dessen Rahmen sich unser Redakteur Ralf Scherlinzky selbst mit in das Flugzeug gesetzt hat.

Fotos: Marcel Tschamke

Autor: Ralf Scherlinzky

18. Juli 2019

Der Flieger steht leicht nach links gekippt und auf die Tragfläche gestützt auf der Wiese. Der Fallschirm ist angelegt, die Sicherheitsgurte sitzen straff. Von außen schließt Fluglehrer Roland Krafft die Kuppel, im Cockpit ist es warm. 900 Meter weiter blinken am Ende der 200 Meter langen Startbahn zwei orangene Leuchten.
Pilot Lars Hancke sagt: „Jetzt ist die Seilwinde angelaufen, du siehst gleich, wie sich das Seil vor uns strafft, und dann geht es auch schon los.“

Gerade noch beobachte ich, wie sich das sechs Millimeter dünne verdrillte Stahlseil vor uns anspannt, einen Wimpernschlag später blicke ich bereits von oben auf die Dächer von Klingenberg und Horkheim. Den Start habe ich zwar mitbekommen, um ihn aber zu realisieren, ging mir alles zu schnell.

Während er die Ausklinkvorrichtung betätigt und das Seil am kleinen Fallschirm nach unten schwebt, erklärt mir Lars Hancke den Grund dafür. „Die Seilwinde wird von einem 320 PS starken Dieselmotor angetrieben, der das Flugzeug innerhalb von zwei Sekunden auf 80 Stundenkilometer beschleunigt, damit es nach ca. 50 Metern abheben kann“, so der Segelflug-Spartenleiter der Fliegergruppe.

Wir fliegen weiter in Richtung Nordheim und machen, begleitet von einem abwechselnd höher und tiefer werdenden Summton, eine Linkskurve, die uns wieder in Richtung Sontheim bringt. Lars Hancke: „Der Ton ist eine akustische Ergänzung zum Variometer, damit ich nicht ständig auf die Instrumente schauen muss. Wird der Ton höher, steigen wir. Wird er tiefer, befinden wir uns im Sinkflug.“

Sieben Minuten nach dem Start fliegt der Pilot eine weitere langgezogene Linkskurve von Sontheim über die Viehweide, der Summton wird immer tiefer und wir setzen zur Landung an. Langsam schwebt das 60 Jahre alte Holzflugzeug der kurz gemähten Wiese entgegen. Kurz vor dem Boden verringert Lars Hancke nochmal den Anflugwinkel, dann setzen wir mit 80 km/h sanft auf und kommen 50 Meter weiter zum Stehen.

„Unser Flugplatz ist wie ein Flugzeugträger. Wer hier auf der Wiese landen kann, kann überall landen“, lacht Lars Hancke, während Roland Krafft, unser Redaktionsmitarbeiter Benjamin Krek, sowie weitere Besucher zum Flieger kommen, um diesen wieder in seine Startposition zu schieben.

„Segelfliegen ist kein Hobby, das man allein ausüben kann. Anders als unsere Vereinskollegen von der Motorflug-Sektion, die am Flugplatz in Oedheim beheimatet sind, brauchen wir für den Flugbetrieb mindestens vier Personen. Ohne den Flugleiter und den Seilwindenfahrer können wir nicht in die Luft gehen“, weiß Roland Krafft, der Technische Leiter der Segelflieger.

Generell müssen die 14 Aktiven unter den 33 Sparten-Mitgliedern am Sonn- und Feiertag Zeit mitbringen, wenn sie ihrem Hobby nachgehen wollen.

„Wir treffen uns um 9 Uhr morgens und schauen, wie viele Leute da sind. Davon hängt dann ab, wie viele unserer fünf Segelflugzeuge wir aufbauen“, berichtet Lars Hancke. „Bevor wir mit dem Flugebetrieb beginnen können, müssen wir das Gelände samt seiner Querwege absperren, die Start- und Landebahn abstecken und ausschildern, dass an diesem Tag Flugbetrieb ist. Als nächstes hängt unser Rückholfahrzeug bei der Winde die beiden Seile ein und zieht sie bis zum Startbereich aus. Während die Piloten dann nochmal ihre Flieger durchchecken, läuft der Windenfahrer die Seile ab, um sie auf Beschädigungen zu kontrollieren. Erst wenn das alles erledigt ist, kann es losgehen.“

Überhaupt wird das Thema Sicherheit bei der Fliegergruppe Heilbronn sehr groß geschrieben. Im Winter werden die Flieger komplett auseinandergebaut, kontrolliert, gewartet und gereinigt. Bevor die neue Saison startet, kommt ein Bauprüfer vom Baden-Württembergischen Luftfahrtverband zur Flugzeugabnahme und erteilt den einzelnen Segelflugzeugen das „Go“ für die neue Saison.

„Außerdem fliegen wir grundsätzlich mit Fallschirmen, auch wenn das nicht vorgeschrieben ist. Die Schirme werden halbjährlich ausgepackt, gewartet und wieder neu eingepackt. Toi, toi, toi – bis jetzt mussten wir noch keinen davon ausprobieren“, so Lars Hancke. Logischerweise ist die Sicherheit auch während der Piloten-Ausbildung ein Thema.

Mindestens zwei Jahre dauert es, bis ein angehender Pilot seinen Segelflugschein bekommt. „Die Ausbildung beginnt eigentlich damit, dass der Flugschüler zuerst ein paar Mal so mit dabei ist, um zu sehen, wie alles abläuft – inklusive Auf- und Abbau des Flugplatzes. Erst dann nimmt er zum ersten Mal auf dem Pilotensitz Platz“, erklärt Fluglehrer Roland Krafft. Den Steuerknüppel darf der Schüler zwar anfassen, gesteuert wird dieser aber vom Ausbilder, der hinter ihm sitzt und dort dieselben Instrumente zur Verfügung hat. So bekommt der Schüler ein Gefühl dafür, wie das Flugzeug reagiert. Nach und nach darf er dann erste Steuermanöver selbst durchführen und irgendwann auch selbst starten und landen.

„Sobald der Fluglehrer dann das Gefühl hat, dass es sein Schüler drauf hat, darf er zum ersten Mal allein fliegen – denn das kann man schon lange bevor man den Schein bekommt. In jedem Fall muss er zu diesem Zeitpunkt schon mindestens 30, 40 Starts gemacht haben, wobei es auch Schüler gibt, die ich erst nach 100 Starts alleine fliegen lasse“, so Roland Krafft.

Während der von November bis März andauernden Winterpause besuchen die Flugschüler regelmäßig Theoriekurse, die die Segelflieger meist gemeinsam mit anderen Fliegergruppen in ihrem Vereinsheim in der Heilbronner Cäcilienbrunnenstraße abhalten.

Um den Segelflugschein zu machen, ist kein allzu großes Budget nötig. Lars Hancke: „Hier fällt eine kleine Aufnahmegebühr sowie der Jahresmitgliedsbeitrag der Fliegergruppe an, der für Mitglieder unter 21 Jahren bei 200 Euro und darüber bei 350 Euro liegt. Für die Flugstunden muss man pro Jahr rund 400 Euro rechnen. Dazu kommen Lehrmaterial, Sprechfunkzeugnis und Prüfungsgebühren, so dass man – abhängig von der Anzahl an Flügen – in den zwei, drei Ausbildungsjahren auf 2.000 bis 3.000 Euro inklusive allem kommt.“

Erstaunlich dabei: Bereits Jugendliche ab 14 Jahren können den Segelflugschein machen – eine perfekte Grundausbildung etwa für angehende Berufspiloten.

Über ihre Homepage www.fghn.de bietet die Fliegergruppe Heilbronn auch Mitflüge im Doppelsitzer an. Für 20 Euro können Interessierte für einen 15-minütigen Rundflug einsteigen. Und der Verfasser dieser Zeilen kann euch sagen: Es lohnt sich absolut!!!