Sponsoring in Zeiten von Corona: Treue Partner auch in der Krise
Die Corona-Pandemie hat auch den Sponsoring-Bereich auf eine harte Probe gestellt. Vereine konnten aufgrund des Lockdowns ihren Teil des Vertrages meist nicht erfüllen, während manche Sponsoren über Monate hinweg ihre Betriebe schließen mussten und selbst finanziell nicht auf Rosen gebettet waren. Hat sich die Lage für Sportvereine und ihre Partner tatsächlich so prekär dargestellt, wie es die Situation vermuten lässt? Wir haben uns bei den Sportmanagern Matthias Götz (TSG Heilbronn Reds), Matthias Künzel (HSG Heilbronn), Andreas Sadri (RED DEVILS Heilbronn) und Stefan Rapp (Heilbronner Falken) sowie den Unternehmern Steffen Ueltzhöfer (EDEKA Ueltzhöfer), Nico Roder (stromkreis), Andy Seidel (MoCoS) und Matze Kern (Laube) umgehört und durften feststellen, dass sich beide Seiten mit den Umständen arrangieren konnten und die Partnerschaften fast durch die Bank weiter bestehen. Eine Sonderrolle in diesem Bereich kommt Tom Bucher zu, der sowohl als Unternehmer (Müller & Bucher Immobilien-Treuhand) als auch als Sponsoring-Verantwortlicher des Heilbronner NECKARCUP sowie als Gesellschafter der Heilbronner Falken GmbH & Co. KG fungiert und deshalb von seinen Erfahrungen aus mehreren Blickwinkeln berichten konnte.
Autor: Ralf Scherlinzky
„Ich lebe hier in der Region und verdiene hier mein Geld. Da ist es selbstverständlich, dass ich auch etwas davon zurückgebe“, sagt Tom Bucher. Obwohl in den letzten eineinhalb Jahren weniger Immobilien verkauft wurden als zuvor, berichtet er von einer positiven Entwicklung seines Unternehmens. Dadurch sei es ihm auch leicht gefallen, seine Verträge als Sponsor ohne Wenn und Aber zu erfüllen, obwohl er in den meisten Fällen durch die Einstellung des Spielbetriebs keinerlei Gegenleistung erhalten hatte.
Beim ATP-Tennisturnier Heilbronner NECKARCUP im Mai 2021 war Bucher wie jedes Jahr für den Sponsoringbereich verantwortlich. Lange war nicht klar, ob das Turnier mit oder ohne Zuschauer stattfinden würde. Deshalb habe man bei Abschlüssen mit Werbepartnern zwei Beträge im Vertrag vereinbart: Einen mit dem regulären Preis und einen, der um 40 Prozent reduziert war. Obwohl der NECKARCUP letztendlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetragen werden musste, konnte man das Turnier unter Corona-Bedingungen so finanziell gut abschließen.
Dass Tom Bucher während der Pandemie bei den Heilbronner Falken zusätzlich zu seinem Engagement als Sponsor auch als Gesellschafter eingestiegen ist, sei eine Herzenssache gewesen. Falken-Geschäftsführer Stefan Rapp betont: „Ohne die außerplanmäßige finanzielle Unterstützung einiger Sponsoren sowie unserer Gesellschafter wäre es defintiv nicht möglich gewesen, die letzte Saison zu Ende zu spielen. Sie haben das finanzielle Überleben der Falken gesichert und dafür gesorgt, dass das Profi-Eishockey in Heilbronn weiter besteht.“
Beim Ringer-Bundesligisten RED DEVILS Heilbronn hatte man sich zwar frühzeitig dazu entschieden, dass man in der Saison 2020/21 aussetzt, Kosten waren aber dennoch entstanden, wie der neue Abteilungsleiter Andreas Sadri weiß: „Die Wechselfrist der Sportler für eine anstehende Saison endet am 31. Mai, so dass das Team bereits im Frühjahr zusammengestellt werden muss. Sprich, die RED DEVILS hatten 2020 in dieser Phase bereits Ausgaben für ihre Ringer getätigt, die sie nicht mehr refinanzieren konnten.“ Als Sadri im Frühjahr 2021 die Geschicke beim Ringer-Bundesligisten übernahm, musste er so mit einem Defizit aus einer Saison starten, die nie stattgefunden hatte. „Wir sind froh, dass uns fast alle bestehenden Partner die Treue gehalten haben und wir trotz der Pandemie weitere Hauptsponsoren und Premiumpartner dazugewinnen konnten. Die Tatsache, dass die Zuschauerzahlen noch nicht wieder das Level der Vor-Corona-Zeit erreicht haben, macht es uns jedoch schwer, unsere langfristigen Visionen umzusetzen“, so Andreas Sadri.
Einer der starken Partner der RED DEVILS ist Nico Roder, der mit seinem Unternehmen stromkreis GmbH neuer Hauptsponsor des Ringer-Bundesligisten ist. „Sponsoring ist ein wichtiger Bestandteil unseres Marketingkonzeptes“, berichtet der Energieexperte. „Außerdem bin ich persönlich sehr sportaffin und möchte einen Teil unseres Unternehmenserfolgs zurückgeben. Deshalb haben wir unser Sponsoring im Jahr 2020 ausgebaut – nicht nur im Sport, sondern auch bei sozialen Organisationen wie ‚Große Hilfe für kleine Helden‘ oder der Kinderkrebshilfe.“
Markenbotschafter von stromkreis ist neben Handball-Nationalspielerin Emily Bölk auch Ringer Frank Stäbler. Damit war der Weg zu den RED DEVILS für Nico Roder nicht mehr weit, zumal er maßgeblich an der Rückkehr des Bronzemedaillen-Gewinners von Tokio nach Heilbronn beteiligt war. „Franky gibt der Energiekostenoptimierung ein vertrautes, sympathisches Gesicht, und mit unserem Engagement bei den RED DEVILS schließt sich der Kreis“, so Nico Roder.
Während bei Falken und RED DEVILS Etats jenseits der 100.000 Euro finanziert werden müssen und die Existenz aufgrund der Pandemie teils am seidenen Faden hing, stellt sich die Situation im Amateursport wesentlich entspannter dar. „Als die Handballsaison im letzten Herbst abgebrochen wurde, haben wir gleich das Gespräch mit unseren Partnern gesucht, die zum größten Teil bereits ihren Verpflichtungen nachgekommen waren“, berichtet Matthias Künzel von der HSG Heilbronn. „Wir haben ihnen angeboten, ein kostenfreies Jahr an das Ende der Vertragslaufzeit anzuhängen, damit wir ihnen einen vernünftigen Gegenwert bieten können.“
Aufgrund des Lockdowns seien für die Handballspielgemeinschaft, die aus dem SV Heilbronn am Leinbach und der TSG Heilbronn besteht, vor allem auch Einnahmequellen wie der Handballer-Fasching oder verschiedene Straßenfeste weggefallen. Da durch den Saisonabbruch aber auf der anderen Seite keine Trainergehälter bezahlt werden mussten, liege das Defizit in einem Bereich, der mit dem bestehenden Puffer aus der Vorsaison abgefangen werden konnte, so Matthias Künzel.
Besonders einfallsreich gingen die Oberliga-Basketballer der TSG Heilbronn Reds bei der Ansprache ihrer Sponsoren für die Saison 2021/22 vor. „Auch wir konnten mit der ersten Mannschaft 2020 nur ein einziges Heimspiel absolvieren, während unsere Sponsoren ordentlich ihre Rechnungen bezahlt haben“, erzählt Teammanager Matthias Götz. „Wir haben unseren Partnern deshalb eine kostenlose Verlängerung um ein Jahr angeboten. Sie haben von uns einen Blanko-Vertrag bekommen und wir haben ihnen freigestellt, welche Summe sie eintragen. Keiner von ihnen hat eine Null eingetragen.“
Auch Steffen Ueltzhöfer hat mit seinen Lebensmittelmärkten bei den Heilbronn Reds als Premiumpartner seinen Vertrag verlängert: „Wir sind gut durch die Situation gekommen und sind auch in der abgebrochenen Saison unseren Verpflichtungen nachgekommen. Da Sponsoring ein Geben und ein Nehmen ist, splitten wir unsere Leistungen in den meisten Fällen auf. Einen Teil des Betrags zahlen wir aus, für den anderen Teil bekommen die Vereine Einkaufsguthaben, um beispielsweise für ihr Spieltags-Catering einzukaufen.“
Obwohl er sein Mobilfunk-Geschäft MoCoS in Lauffen über längere Zeit schließen musste, hat Andy Seidel seine vielfältigen Sponsoringverträge im Handball, Fußball, Eishockey und Ringen nicht nur erfüllt, sondern auch verlängert. „Wir haben dafür eben in der Werbung einen Gang zurückgeschaltet. Aber es ist uns wichtig, dass die Zusammenarbeit mit den Vereinen weitergeht. Denn sie sind diejenigen, die unsere Kinder weiter fördern – und diese sind die wahren Leidtragenden der Pandemie und sollen nicht auch noch im Sportverein eingeschränkt werden.“
Von Oktober bis Juni musste Matze Kern die „Laube“ schließen. Der Geschäftsführer der Böckinger Szenekneipe erinnert sich an eine interne Gesprächsrunde über die Ausrichtung des Unternehmens während des Lockdowns: „Wir sind zusammengesessen und haben gesagt, die Vereine haben jetzt auch alle zu knabbern, also müssen wir unseren Sachen nachkommen und uns dafür an unserer ‚hohen Kante‘ bedienen. Denn wenn es keine Vereine mehr gibt, kommt auch keiner mehr zum Feiern zu uns.“