Richard Wienold – Deutschlands bester Snooker-Amateur

Ein konzentrierter Blick, noch einmal die Winkel zwischen den Kugeln kontrollieren und dann ein gezielter Stoß mit dem Queue. Nach einem lauten Klacken rollt die rote Kugel, angestoßen von der weißen, über den auf 40°C beheizten Tisch und verschwindet in der Tasche. Richard Wienold ist der Mann hinter dem Tisch. Der 23-jährige Maschinenbaustudent an der Hochschule Heilbronn verbringt seine Freizeit am liebsten in der neuen Snookerarena der TSG Heilbronn am Pfühl. Im nachfolgenden Interview dürfen unsere Leser Deutschlands erfolgreichsten Amateur-Snookerspieler und seine spannende Sportart kennenlernen.

Autor: Lena Staiger

21. Februar 2022

Richard, viele unserer Leser kennen Billard bestimmt aus so manchem Abend in der Kneipe. Was genau ist der Unterschied zwischen dem „normalen“ Pool-Billard und Snooker?
Richard Wienold: Der offensichtlichste Unterschied ist die Größe des Tisches. Im Snooker spielen wir auf Tischen, die fast doppelt so groß sind wie die Tische im Pool Billard. Außerdem sind beim Snooker die Bälle, Löcher und Queues kleiner. Auch die Regeln unterscheiden sich. Während beim Pool-Billard einer die halben und der andere die ganzen Kugeln spielt, muss man beim Snooker immer abwechselnd eine rote und dann eine farbige Kugel lochen. Die farbigen Kugeln geben Wertungen zwischen zwei und sieben Punkten. Die roten Kugeln bleiben nach dem Lochen vom Tisch, während die farbigen Kugeln so lange an einen individuellen Platz zurück auf den Tisch gelegt werden, bis alle roten gelocht sind. Eine Besonderheit ist das Stellungsspiel. Hierbei wird nicht nur darauf geachtet, die jeweilige Kugel zu lochen, sondern auch, die weiße Kugel mit dem gleichen Stoß möglichst ungeschickt hinter einer farbigen Kugel zu verstecken. Gelingt das, hat der Gegner keine Chance, mit seinem nächsten Stoß zu lochen und er ist „gesnookert“. Daher hat das Spiel seinen Namen. [„to snooker somebody“ = jemanden sperren, behindern]

Snooker ist nun nicht wie Fußball oder Judo die klassische Sportart, die man als Kind so ausprobiert. Wie bist du dazu gekommen?
Richard Wienold: Auf Billard im Allgemeinen bin ich durch meinen Opa gekommen. Dieser hatte einen Tisch daheim und hat selbst Karambol gespielt. Das ist eine andere Spielart des Billard. In den Ferien habe ich jede freie Minute auf dem Tisch gespielt und hatte viel Spaß daran. Als dann in Landau, wo ich ursprünglich herkomme, ein Billard-Center eröffnet hat, habe ich zuerst mit Pool angefangen. Das wurde mir schnell zu langweilig und ich bin auf Snooker umgestiegen.
Hat man direkt dein besonderes Talent bemerkt? Du hast ja relativ schnell angefangen, Turniere zu besuchen und warst auch recht erfolgreich.
Richard Wienold: Ich denke, ich habe mich nicht allzu doof angestellt und hatte vor allem einen großen Spaß dabei. Auf Turnieren habe ich zunächst in Rheinland-Pfalz die U16-, U18- und dann die U21-Landesmeisterschaften gewonnen. Im Bundesland selbst hatte ich auch nicht die riesige Konkurrenz und bin mit meinem Vater für Turniere quer durch die Republik getourt. Auf der Bundesebene sah es dann schon anders aus, da ich in meinem Jahrgang sehr starke Spieler habe. Zwei von ihnen spielen inzwischen auch als Profis auf der Maintour. Irgendwann habe ich dann angefangen, die DM Titel in der U21-Kategorie zu holen.

2017 folgte dann der Wechsel nach Heilbronn und der erste DM-Titel bei den Erwachsenen. Wie hing das zusammen?
Richard Wienold: Genau, 2017 bin ich von Landau nach Heilbronn gewechselt. In Landau habe ich mit meinem Team in der Oberliga gespielt, was mich aber irgendwann nicht mehr herausgefordert hat. Dann war ich zunächst in Rüsselsheim noch ein Jahr in der zweiten Bundesliga. Als ich dann die Schule beendet hatte und nach einem passenden Studienort mit entsprechender Trainings- und Spielmöglichkeit gesucht habe, fiel die Entscheidung schnell auf Heilbronn.

Du hast dir also den Studienort aus Sicht der sportlichen Perspektive ausgesucht? Was hat dich letztendlich von Heilbronn überzeugt?
Richard Wienold: Zum einen habe ich hier das Angebot bekommen, im Team in der ersten Bundesliga zu spielen, was mich natürlich sehr gereizt hat. Außerdem bin ich begeistert von unserer Snookerarena. Die Tische hier sind absolute Weltklasse, auf dieser Art von Tischen wird die Maintour, also die „Profiliga“ wenn man so will, gespielt. Das Material hier ist einfach spitze und das merkt man im Spiel extrem. Andere Topspieler kommen zum Teil sogar aus Hannover angereist, um auf unseren Tischen trainieren zu dürfen. Als ich hierher gewechselt bin, war meine Technik relativ schlecht. Inzwischen habe ich da einiges aufholen können, bin aber immer noch dabei zu lernen. Ich habe hier riesige Fortschritte gemacht. So bin ich zum Beispiel im April 2017 als Spieler im mittleren Feld zu den Deutschen Jugendmeisterschaften gefahren und als Sieger wieder zurückgekommen. Im November 2017 kam dann noch der Titel bei den Erwachsenen dazu. Das waren meine ersten großen Erfolge auf Bundesebene.

Und auch im Team warst du mit der TSG Heilbronn erfolgreich. Ihr habt in der abgebrochenen Saison 2021 die Bundesliga gewonnen. Wie sehen nun die Zukunftspläne aus?
Richard Wienold: Es war schade, dass die Saison nicht bis zum Ende durchgespielt werden konnte. Den Titel nehmen wir natürlich trotzdem gerne (lacht). In dieser Saison wollen wir den Sieg bestätigen, und bisher stehen wir auch ziemlich gut da. Mit jeweils gewonnenen Hin- und Rückspielen und drei Punkten Vorsprung haben wir aktuell eine sehr gute Bilanz.

Wie sieht dein Training aus? Machst du neben dem normalen Snooker auch spezielle Kraft- oder Konzentrationsübungen?
Richard Wienold: Nein, ich persönlich habe im mentalen Bereich eine große Stärke. Mir fiel es schon immer recht leicht, mich über einen langen Zeitraum hinweg zu konzentrieren und ruhig zu bleiben. Auch im Fitnessbereich mache ich keine speziellen Übungen. Klar braucht man ein gewisses körperliches Grundlevel, aber so physisch anspruchsvoll wie andere Sportarten ist Snooker naturgemäß nicht.

Wie kann man sich für die Maintour qualifizieren? Kannst du als Profi nur vom Snooker leben?
Richard Wienold: Für die Maintour muss man sich über die Qualifying School qualifizieren. Diese findet in England statt und es gibt drei Turniere in drei Wochen, bei denen jeweils die vier Halbfinalisten auf die Maintour kommen. Das sind also gerade einmal zwölf von 200 Spielern, die es schaffen. Ich war bereits einmal dabei, hatte aber nach einer anstrengenden Anreise mit anschließender sechstägiger Quarantäne ohne Trainingsmöglichkeiten schlechte Startvoraussetzungen. Der Sinn war aber eh nicht direkt auf die Maintour zu kommen, sondern Erfahrungen zu sammeln und zu lernen. Das hat auf jeden Fall funktioniert. Die Profis können zum Teil vom Sport leben. Ungefähr ab Rang 60 der Welt verdient man mit Snooker genug. Man finanziert sich durch Preisgelder und zum Teil auch durch Sponsoren. Die Top Ten verdienen sogar Millionen.

Hast du Ambitionen, als Profi durchzustarten? Wie weit ist der Schritt bis auf die Maintour noch für dich?
Richard Wienold: Ich bin keine der Personen, die sagt, ich beende jetzt mein Studium, ziehe nach England und versuche auf Biegen und Brechen Profi zu werden. Um alles auf eine Karte zu setzen, bin ich aktuell ehrlich gesagt noch zu schlecht. Um es auf die Maintour zu schaffen und dort zu bestehen, bräuchte ich einen Trainingspartner auf diesem Level, damit wir uns gegenseitig hochziehen können. Diese Trainingspartner gibt es aber aktuell in Deutschland nicht, daher trainieren die zwei deutschen Profis auch in England. Mein Ziel ist es jetzt erst einmal, weitere internationale Erfahrungen zu sammeln und zu sehen, ob ich dazu gehöre oder ob ich untergehe. Meine bisherigen Erfahrungen haben aber gezeigt, dass ich mich auch international ganz gut behaupten kann. Ich habe aber „nur“ einmal auf der EM und einmal auf dem Worldcup gespielt. So gesehen ist das noch gar nichts. In Zukunft möchte ich deutlich mehr internationale Turniere besuchen. Im März steht zum Beispiel ein Event in Qatar und im April die Europameisterschaft in Polen an.