Radsport-Team Sigloch-RSG Heilbronn steigt in die Rad-Bundesliga ein

„Radsport-Team Sigloch – RSG Heilbronn: In Baden-Württemberg an der Spitze“, so lautete die Titelgeschichte der 9. Ausgabe des sportheilbronn-Magazins im Juli 2018. „Wer die jungen Athleten kennt, der weiß, dass diese sich nicht auf dem bislang Erreichten ausruhen werden“, orakelte Ralf Scherlinzky als Fazit des damaligen Beitrags – als hätte er geahnt, dass die Macher des Radsport-Teams Sigloch – RSG Heilbronn ein halbes Jahr später ihren Einstieg in die Rad-Bundesliga ankündigen würden. Um die sportheilbronn-Leser „brandheiß“ darüber zu informieren, was dahinter steckt, hat sich unser Redakteur in den Räumlichkeiten unseres Werbepartners Autohaus Freier ein weiteres Mal mit Jens Rustler, Benjamin Schlubkowski, Joel Kühl und Niklas Glaßner getroffen.

Fotos: Marcel Tschamke

Autor: Ralf Scherlinzky

26. Januar 2019

Eigentlich sei ein Bundesliga-Einstieg des Radsport-Teams Sigloch noch kein Thema gewesen, sagt Joel Kühl, Fahrer und zweiter RSG-Vorstand in Personalunion. Doch dann startete man auf der Facebook-Seite des Teams einen Aufruf, dass man für die Saison 2019 neue Fahrer suche. Die Resonanz war riesig. Niklas Glaßner berichtet: „Wir haben sehr viele Zuschriften bekommen – hauptsächlich von jungen Fahrern aus der Region, aber auch aus anderen Regionen in Deutschland. Eine Bewerbung kam sogar auch aus Los Angeles.“

Die interessanteste Nachricht aber kam vom befreundeten Team „Belle Stahlbau“ aus Freiburg – jener Mannschaft, die dem Team Sigloch 2018 den Gesamtsieg im Baden-Württembergischen HEUER Cup weggeschnappt hatte. „Sie hatten sich letztes Jahr aus der Bundesliga verabschiedet, haben jedoch einige junge Fahrer in ihren Reihen, die wieder Bundesliga fahren wollen und auch absolut das Niveau dafür haben“, erzählt Benjamin Schlubkowski.

So reifte die Idee, mit den Freiburgern gemeinsame Sache zu machen und in der Bundesliga an den Start zu gehen. In der RSG Heilbronn diskutierte man ausführlich über den möglichen Bundesliga-Einstieg – mit dem Ergebnis, dass der Vereinsrat um den ersten Vorsitzenden Harald Suberg relativ schnell grünes Licht gab. Mit einem durchgängigen Konzept in der Tasche setzte man sich im nächsten Schritt mit Hauptsponsor Helmut Sigloch zusammen, der sich dann ebenfalls überzeugen ließ und die Zusage gab, das Budget aufzustocken.

Nachdem die internen Grundlagen gelegt waren, einigten sich die beiden Teams darauf, dass die Heilbronner für die Bundesliga melden und die besten Belle-Fahrer sich künftig das blaue Trikot mit dem Schriftzug „Sigloch“ überstreifen werden. „Hätte ein anderes Team aus einer anderen Region angefragt, weiß ich nicht, was wir gemacht hätten“, so Benjamin Schlubkowski. „Aber bei den Belle-Leuten bin ich sicher, dass es funktionieren wird. Sie werden nicht in unserem Trikot ihr eigenes Ding durchziehen, sondern werden wie wir den Teamgedanken hoch halten.“

Ist der Einstieg in die Rad-Bundesliga tatsächlich einfach so möglich? „Ja“, sagt Niklas Glaßner. „Es gibt tatsächlich keine sportlichen Qualifikationskriterien. Aber wenn man für die Bundesliga meldet, muss man sich natürlich klar sein, auf welchem Niveau die Rennen gefahren werden. Dessen sind wir uns bewusst, und wir können eines sagen: Wir sind keine Gurkentruppe!“

Natürlich gibt es einige Kriterien, die ein Bundesliga-Team erfüllen muss. „Eigentlich ist das ja eine U23-Bundesliga. Da es nach den Skandalen der Vergangenheit inzwischen aber zu wenige U23-Fahrer gibt, dürfen auch so alte Hasen wie wir mitfahren“, lacht Sprint-Spezialist Jens Rustler. „Bei jedem Bundesliga-Rennen müssen aber in jedem Fall zwei U23-Jungs dabei sein.“

Diese ins Team zu bekommen, sei erstaunlich einfach gewesen, weiß Benjamin Schlubkowski: „Die Teams in Baden-Württemberg haben immer gejammert, dass sie keine U23-Fahrer bekommen. Bei uns war es am Ende sogar so, dass wir die komplette Mannschaft mit 14 Nachwuchsfahrern hätten füllen können. Da wir ‚Alten‘ aber auch noch mitmischen möchten, sind wir nun mit 50:50 bestens aufgestellt.“

Sieben der 14 Bundesliga-Teammitglieder waren 2018 unter den besten 200 Fahrern der deutschen Rangliste, vier davon gar unter den Top 100 – Zahlen, die für die Premierensaison optimistisch stimmen.

Benjamin Schlubkowski zu den Neuzugängen vom Team „Belle Stahlbau“: „Mit Jonas Tenbruck bekommen wir einen Fahrer, der einige Deutsche U23-Meisterschaften ganz vorne beendet hat. Marcel Fischer hat in den letzten Jahren immer mal wieder Bundesliga-Rennen gewonnen und hatte sogar mal für ein paar Tage das Führungstrikot an. Manuel Müller ist Deutscher Vizemeister im Rad-Cross, und Christoph Brandt hat sich durch starke Rennen in nur einer Saison als Neueinsteiger von der C- in die A-Klasse hochgearbeitet.“

Als realistische Ziele gibt Joel Kühl „den einen oder anderen Podestplatz“ aus. „Wenn alles gut läuft, ist vielleicht sogar ein Sieg nicht aus der Welt – besonders bei schwierigen Rennen.“

Bevor die neue Bundesliga-Saison am 7. April mit dem Klassiker „Rund um Düren“ beginnt, gibt es für die Team Sigloch-Macher noch einige organisatorische Dinge zu erledigen. Benjamin Schlubkowski und Niklas Glaßner haben bereits die Prüfung zum lizenzierten Sportlichen Leiter

erfolgreich abgelegt. „Der Sportliche Leiter ist derjenige, über den die Kommunikation zwischen Rennorganisator und Team abläuft. Außerdem darf nur er das Begleitfahrzeug fahren. Es gibt vorgeschriebene Regeln, wo man die Fahrer während des Rennens verpflegen darf, wie man überholt und wo im Feld man sich mit dem Fahrzeug aufhalten darf. Diese muss man kennen“, so Niklas Glaßner.

Das Begleitfahrzeug ist momentan noch die größte Baustelle der Organisatoren. „Wir brauchen einen Kombi mit Dachreling, auf dem ein Dachträger für Ersatzräder montiert werden kann. Ein solches Fahrzeug mit entsprechender Team-Beschriftung ist zwingend notwendig“, erklärt RSG-Vize Joel Kühl. Um sich ein gebrauchtes Fahrzeug leisten zu können, hat der Verein im Internet ein Crowdfunding-Projekt gestartet (siehe nebenstehender QR-Code). „Bis zum 1. März wollen wir 2.000 Euro dafür beisammen haben“, so Kühl.

Eine weitere Aufgabe, mit der die jungen Macher gemeinsam mit der RSG-Vorstandschaft beschäftigt sind, ist die Akquise neuer Sponsoren. Auch wenn die Trikots inzwischen bereits bestellt sind, hat der Neu-Bundesligist noch zahlreiche Werbeflächen im Angebot. Joel Kühl: „Das Begleitfahrzeug bietet tolle Werbemöglichkeiten. Außerdem wollen wir verstärkt in den Sozialen Medien aktiv werden und suchen dafür Werbepartner. Auch auf der Teamkleidung vor und nach den Rennen sind noch Werbeflächen frei.“

Einer, der sich besonders auf die sportliche Herausforderung freut, ist Jens Rustler. Der 24-Jährige, der in der letzten Saison erst im letzten Rennen noch von Platz eins der HEUER Cup-Gesamtwertung verdrängt worden war, wird zwar nicht bei allen Rennen zum Einsatz kommen, möchte sich aber ein paar Rosinen herauspicken. „Das Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife am 28. Juli ist etwas, auf das ich jetzt schon heiß bin. Auf die Erzgebirgs-Rundfahrt verzichte ich dagegen gerne. Das ist eine Nummer zu groß für mich“, so der Güglinger mit dem explosiven Antritt beim Sprint.

Auch Benjamin Schlubkowski erklärt, weshalb die Bundesliga-Rennen einen besonderen Reiz bieten: „Wir sind jetzt fünf, sechs Jahre immer dieselben Rennen gefahren. In der Bundesliga gibt es diese ‚Rund um die Hecke-Cups‘ nicht mehr. Das sind richtige Rennen über 160, 180 Kilometer von A nach B. Da kennst du nicht jeden Stein und weißt nicht, was hinter der nächsten Kurve kommt. Das macht den besonderen Reiz aus.“

Eines jedoch bedauert man beim Team Sigloch – RSG Heilbronn außerordentlich: Das regional nächstgelegene Rennen wird auf dem Nürburgring stattfinden und die Fahrer haben keine Möglichkeit, sich den sportinteressierten Heilbronnern live zu präsentieren. Beim traditionellen Rennen in Ilsfeld-Auenstein wird 2019 nur noch die Junioren-Bundesliga antreten. „Zumindest mit unserer zweiten Mannschaft werden wir in Auenstein an den Start gehen können, denn am 7. Juli gastiert der HEUER Cup in der Region. Und da wird eventuell auch der eine oder andere Bundesliga-Fahrer mit am Start sein“, weiß Niklas Glaßner.

Eines wird sich gegenüber der letzten Saison nicht ändern: Auch in der Bundesliga ist mit dem Radsport kein Geld verdient und die Fahrer gehen weiterhin als Idealisten an den Start.