Neuer Turngau-Präsident – Steffen Meißner übernimmt vakantes Amt

Seit dem viel zu frühen Tod von René Lachmund im Oktober 2017 stand der Turngau Heilbronn ohne einen Präsidenten da. Jetzt hat der Dachverband der rund 100 Turnvereine aus dem Kreis Heilbronn einen neuen Kopf. Steffen Meißner hat Ende 2022 das lange vakante Amt übernommen, das seit 2017 der bisherige Stellvertretende Präsident Nicolas Prochaska kommissarisch bekleidete. Unser Chefredakteur Ralf Scherlinzky hat sich mit dem 41-jährigen gebürtigen Sachsen getroffen, um beim gemeinsamen Frühstück mehr über die Person Steffen Meißner und die anstehenden Aufgaben mit dem Turngau zu erfahren.

Autor: Ralf Scherlinzky

1. Februar 2023

Steffen Meißner (links) beim Gespräch mit Ralf Scherlinzky

Herzlichen Glückwunsch zum neuen Amt als Turngau-Präsident. Wie ist es dazu gekommen, dass du dich zur Wahl gestellt hast, nachdem der Posten so lange vakant war?
Steffen Meißner: Ich bin seit rund zehn Jahren Stellvertretender Abteilungsleiter Turnen beim TSV Ellhofen und war nicht ganz zufrieden damit, wie der Turngau seine Vereine repräsentiert. Mir war bewusst, dass die handelnden Personen im Präsidium beruflich so stark eingespannt waren, dass es zusätzlicher Kräfte bedarf, damit der Turngau sich intensiver um seine Mitglieder kümmern und aktiver werden kann. Deshalb habe ich im Frühjahr 2022 angeboten, das Amt des Stellvertretenden Präsidenten zu übernehmen, um herauszufinden, wieviele zeitlichen Ressourcen ich neben meinem Job für den Turngau zur Verfügung stellen kann. Nachdem sowohl die Kollegen im Präsidium als auch ich gesehen hatten, dass es funktionieren kann, habe ich signalisiert, dass ich den Job als Präsident übernehmen könnte.

Welchen beruflichen Background hast du?
Steffen Meißner: Ich habe ursprünglich in meiner Heimat Dresden Verkehrswirtschaft studiert. Nach dem Studium bekam ich 2007 bei Lidl in Neckarsulm einen Job in der Qualitätssicherung. Dort arbeite ich heute noch als Controller. Sprich, ich bin ein Zahlenmensch. Deshalb war es auch eine meiner ersten Tätigkeiten im Turngau, dass ich zusammen mit unseren Mitarbeitern in der Geschäftsstelle Einnahmen und Ausgaben gegenübergestellt habe, um zu sehen, ob wir uns konsolidieren müssen oder neue Projekte angehen können. Ein großer Posten auf der Ausgabenseite war dabei die Turngala Anfang Januar in der Heilbronner Harmonie.

Die Turngala ist doch aber eigentlich eine Tournee der Künstler und Akrobaten, die vom Schwäbischen Turnerbund veranstaltet wird…
Steffen Meißner: Das schon, aber als regionaler Ausrichter sind wir dort mit im Boot und tragen das Risiko. Erst wenn die Veranstaltung ausverkauft ist, bleibt für uns unter dem Strich ein minimales Plus übrig, was unter anderem an den Kosten für den Veranstaltungsort liegt. Hier werde ich zeitnah das Gespräch mit der Stadt Heilbronn suchen.

Welche Aufgaben habt ihr als Turngau eigentlich genau?
Steffen Meißner: Wir vertreten die rund 40.000 Vereinsmitglieder aus dem Kreis Heilbronn, die irgendetwas mit Turnen zu tun haben. Dazu zählt neben dem Kunstturnen auch allgemeines Turnen jeden Alters, von Eltern-Kind-Turnen bis Gymnastik für Senioren, aber auch andere Sportarten wie Rhönrad, Sportakrobatik oder Parkour. Letztendlich sind wir hauptsächlich das Bindeglied zwischen dem Schwäbischen Turnerbund und den Vereinen. Wir geben Angebote des STB an die Vereine weiter, bündeln in die andere Richtung aber auch Anliegen der Vereine und tragen diese an den STB heran. Der Turngau richtet auch Wettkämpfe aus, ebenso wie Veranstaltungen – zum Beispiel Showbühne, Soiree der Bewegung und Wellfitnesstag.

Und dann gibt es ja auch noch das KunstTurnTeam (KTT) Heilbronn und die Turnschule…
Steffen Meißner: Genau. Eigentlich sind wir damit hart an der Grenze unserer eigentlichen Aufgaben. Aber letztendlich sorgen wir hier für die Spitzensportausbildung, die die meisten Vereine ihren Mitgliedern mit eigenen Kräften nicht bieten können.

Das KTT hatte ja bis 2018 sogar für ein paar Jahre in der Bundesliga geturnt, ehe man das Team zurückzog. Jetzt ist das Team aus der Oberliga in die 3. Bundesliga aufgestiegen. Soll es wieder nach oben gehen?
Steffen Meißner: Ein weiterer Aufstieg ist nicht das unbedingte Ziel. Die dritte Liga entspricht unserem Leistungsniveau. Wenn es weiter hoch gehen sollte UND wir das finanzieren können, dann machen wir das. Die Bundesliga war nach dem Tod von René Lachmund damals einfach nicht mehr finanzierbar. Auf der einen Seite wurden ausländische Turner extra für die Wettkämpfe eingeflogen, während nach Renés Tod auf der anderen Seite kaum neue Sponsoren generiert werden konnten. Beim „aktuellen“ KTT war es nun so, dass wir zuletzt mit lauter eigenen Leuten aus der Region mehrere Jahre hintereinander Oberliga-Meister waren, aber auf die Aufstiegswettkämpfe verzichtet haben. Die Gegner wollten schon gar nicht mehr gegen uns antreten (lacht). Jetzt haben wir die Möglichkeit zum Aufstieg bekommen und haben beschlossen, dass wir das Risiko eingehen. Die meisten Mannschaften schaffen das Niveau der Liga nur mit ausländischen Leistungsturnern. Wir wollen dies aus eigener Kraft meistern.

Hast du persönlich eigentlich auch einen turnerischen Background oder bist du eher ein Quereinsteiger?
Steffen Meißner: Ich turne tatsächlich fast schon, seit ich denken kann. Ich war damals in Dresden als Erstklässler der klassische kleine Bruder, der mit zum Training gekommen ist und dann auch selbst turnen wollte. Nach der Zeit beim Kinderturnen bin ich später mit dem Unisportverein auf Wettkämpfe gegangen und wurde sowohl mit dem Team als auch im Einzel wiederholt sächsischer Universitätsmeister. Danach war ich unter anderem in Erfurt und Weimar und habe auch eine Saison für Bochum-Witten geturnt, ehe ich nach Heilbronn gekommen bin. 1997 habe ich sogar mal beim Deutschen Turnfest in der Jugend gewonnen. Für den richtigen Leistungssport hat es jedoch nie ganz gereicht. Ich war mehr im ambitonierten Breitensport zuhause. Dazu zähle ich auch die zweite Mannschaft des KTV Hohenlohe, für die ich ab Februar an die Geräte gehen werde. In die 1. Bundesliga habe ich es aber dennoch geschafft – zwar nicht als Turner, sondern als Kampfrichter mit nationaler A-Lizenz.

Das KTT Heilbronn ist zurück

Hoher Zuschauerzuspruch bei den Bundesliga-Wettkämpfen 2017 und 2018 in der Römerhalle.
Foto: Marcel Tschamke

Fünf Jahre nach dem Rückzug aus der 1. Bundesliga ist das KTT Heilbronn von den Ligen des Schwäbischen Turnerbundes wieder in den Bereich der Deutschen Turn-Liga zurückgekehrt. In der 3. Bundesliga Süd geht es ab September gegen Teams aus Baden-Württemberg und Bayern, unter anderem mit Derbys gegen die KTV Hohenlohe und die TSG Backnang. Weiterhin mit dabei sind mit Fabian Späth und Moritz Thiele zwei Athleten, die 2018 als Youngster im Erstligateam gestanden waren. Auch Fabian Geyer, zu Bundesligazeiten einer der Leistungsträger, steht weiterhin im Kader. Auf ihn muss das KTT jedoch erstmal verzichten, schreibt er doch in diesem Jahr seine Masterarbeit in Australien.

Voraussichtliche Heimtermine des KTT in der 3. Bundesliga Süd:

23.09.23 vs. TG Allgäu

14.10.23 vs. TSV Unterföhring

07.10.23 vs. KTV Hohenlohe

28.10.23 vs. TSV Grötzingen/KA