Nachhaltiger Sport Heilbronn – Netzwerktreffen an der DHBW

Am 12. Dezember fand das vierte Treffen der Heilbronner Sportvereine zum Thema nachhaltiger Sport an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Heilbronn statt – erstmals unter dem Arbeitstitel „Netzwerk nachhaltiger Sport“, den man beim dritten Treffen im Herbst angeregt hatte. Konkrete Maßnahmen waren damals zwar noch nicht beschlossen werden, diese standen aber bei Treffen vier auf der Agenda. Eine wichtige Quintessenz aus der dritten Gesprächsrunde war die Notwendigkeit der Ermittlung eines Status Quos der Vereine in Bezug auf das Thema Nachhaltigkeit gewesen. Dieser wurde in Vorbereitung auf das Treffen mittels eines Onlineformulars ermittelt und als Leitfaden für das jüngste Netzerktreffen verwendet.

Autor: Nils Arnold

1. Februar 2023

Konstruktives Netzwerktreffen an der DHBW Heilbronn. Tobias Maier (grünes Oberteil) und Dirk Schwarzer (stehend) präsentieren die Ergebnisse der Umfrage bei den Vereinen.

Mit der Frage: „Was sind eure Erwartung an den heutigen Termin?“, eröffnete Tobias Maier, stellvertretender Abteilungsleiter der Heilbronn Reds, die vierte Sitzung des Netzwerks nachhaltiger Sport. „Ich bin heute hier, um zu sehen, ob uns das Thema in der Form wirklich tangiert und wenn ja, wie wir uns einbringen können“, antwortet Martin Kunz von der RSG Heilbronn auf die Frage. Max Mergen-
thaler von der TSG Heilbronn pflichtet bei: „Es ist jetzt an der Zeit die vergangenen Treffen konkreter zu fassen und zu ermitteln, in welchen Bereichen die einzelnen Vereine etwas beisteuern und wo sie sich verbessern können.“

„Wir sollten es heute schaffen eine Plattform ins Leben zu rufen, über die wir unsere Erfahrungen, Fortschritte und unser Wissen teilen. Der rege Austausch ist der Grundgedanke eines Netzwerks. Das sollte konkreter werden als es bisher der Fall ist“, ergänzt Prof. Dr. Dirk Schwarzer, Studiengangsleiter für Sportmanagement an der DHBW Heilbronn.

Nachdem die Teilnehmer ihre Erwartungen geäußert haben, greift Tobias Maier die Umfrage zur Ermittlung des Status Quos auf und nennt noch einmal die für die Befragung relevanten Überkategorien. Wasser, Energie, Abfall, Regionalität, Ressourcen, Mobilität und Soziales sind die Bereiche, die beim zweiten und dritten Trffen für relevant befunden wurden und in denen die Vereine online Aussagen zu ihrem Nachhaltigkeitsstand beantworten mussten. Jede Kategorie beinhaltete verschiedene Thematiken, die mit „bereits umgesetzt“, „in Planung“, „nicht geplant“ oder „für uns nicht relevant“ beantwortet werden konnten. Vor allem im Bereich Regionalität sind die Heilbronner Vereine gut aufgestellt und viele der elf befragten Vereine setzen bereits auf regionale Produkte. Ganz anders sieht es im Bereich Wasser aus, in dem viele Vereine bislang nur bedingt mögliche Einsparungspotenziale nutzen. Ein Grund dafür könnte der geringe Einfluss von Vereinen auf die Wassersituation in städtischen Hallen und Gebäuden sein. Vereine ohne eigene Sportanlage können baulich keine Veränderung herbeiführen, weshalb der Einbau wassersparender Duschen und Waschbecken in den Hände der Stadt liegt.

Abfall

 

Nach einem groben Überblick über die Umfrageergebnisse, geht Tobias Maier auf die einzelnen Kategorien ein. Begonnen wird mit dem Bereich Abfall. „Viele haben angekreuzt, dass sie auf Mehrweggeschirr setzen. Was genau verwendet ihr da?“, fragt er in die Runde. „Bei großen mehrtägigen Veranstaltungen haben wir uns dafür entschieden klassisches Porzellangeschirr von einem Caterer zu bestellen, welches wir ungespült zurückgeben durften. Uns war bewusst, dass viele Besucher kommen würden und wir wollten die Menge an Müll gering halten, weshalb wir auf Einweggeschirr verzichtet haben“, beantwortet Jasmin Herrmann, Nachhaltigkeitsbeauftragte beim FC Union Heilbronn, die Frage. Vor allem die Mehrwegbecherthematik stellt Vereine und Veranstalter vor Herausforderungen. Eine optimale Lösung ist nur schwer zu finden. Einwegbecher produzieren viel Müll, Mehrwegbecher erfordern dagegen Spülmaschinen, die es in vielen Sportanlagen nicht gibt. „Wir als Marathonveranstalter sind wahrscheinlich der größte Verbraucher an Plastikbechern mit ca. 80.000 Bechern jedes Jahr. Auf der Strecke gibt es für mich bisher einfach keine sinnvolle Alternative“, berichtet Holger Braun, Organisator des Trollinger Marathon.

Gemeinsam werden Lösungsansätze gesucht. „Man könnte versuchen mit vielen Vereinen des Netzwerks einen Spüldienstleister aus der Nähe zu beschäftigen, der nach den Spielen zu uns fährt und die schmutzigen Becher abholt, schlägt Tobias Maier vor. Holger Braun fügt hinzu: „Außerdem könnten die Heilbronner Vereine einen Becher designen, den alle nutzen – und diese Becher werden gemeinsam angeschafft. Die Becher werden an einer Stelle gelagert und jeder, der Becher braucht, kann auf sie zugreifen.“ Ob eine Umsetzung der Idee Sinn ergibt und sie realisierbar ist, muss weiter besprochen und überprüft werden. „Es müssten auf jeden Fall genügend Vereine mitmachen, damit sich dies tatsächlich lohnt“, schließt Projektleiter Ralf Scherlinzky die Thematik ab.

Der Bereich Abfall sorgt allerdings weiter für Gesprächsstoff. In öffentlichen Hallen und an den Sportplätzen fehlt es an Möglichkeiten zur Mülltrennung. „Bei uns am Rollkunstlaufstadion gibt es nur eine einzige Tonne für alle Arten von Abfällen“, sagt Gabriela Silva Correa vom REV Heilbronn. Auch von anderen Vereinen gibt es dasselbe Feedback. In den städtischen Sportanlagen steht jeweils nur ein Restmülltonne. „Das wäre eine Sache, wo man auf die Stadt zugehen sollte, damit in Sporthallen und auf Sportanlagen sinnvolle Mülltrennungssysteme eingeführt werden,“ findet Ralf Scherlinzky. „Wenn es diese Systeme gibt, muss man die Leute darauf aufmerksam machen, dass sie den Müll trennen. Sonst hat man zwar viele Tonnen, aber kann im Endeffekt trotzdem alles in den Restmüll werfen“, gibt Jasmin Herrmann zu bedenken. Vier Fraktionen sollen eingeführt werden. Neben der Restmülltonne, sind auch Bio-, Gelbe und Papiertonne für eine richtige Mülltrennung von Nöten. Auch die Tonnengröße sowie die Anzahl an Tonnen im Verein stellen ein Problem dar. Vor allem bei den Großveranstaltungen der Vereine werden Mülltonnen benötigt, die im normalen Alltag keine Verwendung finden.

Ähnlich wie bei der Becherproblematik wäre auch hier eine vereinsübergreifende Maßnahme denkbar. „Das sollte ein Konzept sein, bei dem jeder partizipieren kann“, fordert Tobias Maier. Dirk Schwarzer pflichtet bei: „Ich halte es für eine gute Idee, wenn wir eine Art Tauschbörse aufmachen, wo man gemeinsam angeschaffte Gegenstände buchen oder benötigte Dinge von anderen Vereinen ausleihen kann.“ Wichtig ist hier vor allem die Kommunikation. Große Veranstaltungen müssen unter den Vereinen abgestimmt werden, da es bei Überschneidungen zu Engpässen und Unmut kommen kann.

Mobilität

 

Im Zuge der Tauschbörse wird auch das Thema Mobilität angerissen. „Man könnte ein solches Sharing-Modell vielleicht auch auf Fahrzeuge für Auswärtsfahrten ausweiten“, spinnt Dirk Schwarzer den Faden weiter. Das große Problem – in Heilbronn fehlt es an Anbietern von Busen und Kleinbussen, die auf die Schnelle handeln können, geschweige denn für mehrere Vereine Fahrzeuge zur Verfügung stellen könnten. Noch mauer sieht es bei Großraum-Elektroautos aus. Bisher gibt es keinen Anbieter, der diese vermietet oder zur Verfügung stellen könnte.

Insbesondere die Anreise der Zuschauer zu den Sportveranstaltungen in Heilbronn verursacht einen hohen CO2-Ausstoß. Die Fahrt per Öffentlichen Nahverkehrsmitteln würde den Abgasausstoß verringern. Eine Eintrittskarte zu einem Sportevent könnte gleichzeitig als Kombiticket für den Nahverkehr gelten – eine sinnvolle Überlegung, an der jedoch nicht alle Vereine partizipieren können.

Insbesondere die Vereine außerhalb der Kernstadt sind zum Teil nicht optimal an das Verkehrsnetz angebunden. Vor allem am Wochenende fahren Busse nicht stündlich zu den Spielorten. „Bei uns in Sontheim ist die Anbindung sehr schwierig. Von mir zuhause bis zum Verein sind es mit dem Auto sieben Minuten. Mit dem Bus fahre ich 45 Minuten und muss zweimal umsteigen. Das wird vielen so gehen, weshalb das momentan noch nicht wirklich attraktiv für uns ist“, so Max Mergenthaler von der TSG Heilbronn. Zu dieser Thematik wird man sich demnächst mit den Heilbronner Verkehrsbetrieben kurzschließen. Das zweite Thema beim Kombiticket: Vereine müssen ihre Tickets online oder im Vorverkauf herausgeben, damit die Zuschauer ihre Eintrittskarten in Bus oder Stadtbahn vorzeigen können. Bisher wird dies nur in den größeren Vereinen umgesetzt und würde für die kleineren einen Mehraufwand bedeuten. „Wir haben uns für unsere Mitglieder ein E-Auto für Carsharing angeschafft. Das Auto steht bei uns am Vereinsheim und kann genutzt werden, um vom uns wieder wegzukommen“, berichtet Max Mergenthaler.

Energie

 

In Zeiten der Energiekrise ist auch für den Sportverein eine effizientere Energienutzung von großer Bedeutung. Vielen sind im Energiebereich, ähnlich wie beim Wasser, die Hände gebunden, da die Sportanlagen der Stadt gehören. Die Vereine, die eigene Anlagen besitzen, haben zum größten Teil die Umrüstung auf LED-Beleuchtung begonnen oder bereits abgeschlossen. Ebenfalls verwenden erste Vereine für alle Beleuchtungen Bewegungsmelder, um unnötigen Verbrauch zu reduzieren. „Zeitlich begrenzte Heizkörperthermostate sind ebenso sehr sinnvoll, damit nur geheizt wird, wenn jemand da ist“, wirft Tobias Maier in den Raum. „Wenn man da jeden Heizkörper einzeln steuert, kann man seinen Verbrauch auf ein Minimum herunterfahren.“

Ressourcen

 

Als nächstes greift die Gruppe das Vorzeigethema der Heilbronner Vereine, die Regionalität, auf. Der Fokus liegt hier vor allem auf Nahrungsmitteln, aber auch in anderen Bereichen kann regionaler Bezug eine Rolle spielen. Die Beschaffung von Trainingskleidung, Trikots oder Materialien wird in der heutigen Zeit fast ausschließlich über das Internet abgewickelt. „Diese Produkte können auch bei den regionalen Sportgeschäften gekauft werden“, gibt Maier der Gruppe als Tipp mit. Wolfgang Walter vom FC Kirchhausen sagt zustimmend: „Man kann sich auch hier wieder zusammenschließen, um eine größere Menge zu bestellen. Damit könnte man die Preise auf ein ähnliches Niveau wie im Internet senken.“
Großen Anklang findet bei den Teilnehmern die Umstellung der Mitgliedsanträge vom Papierbogen auf eine digitale Variante. Seit Mitte Dezember gibt es beim FC Union eine PDF-Datei statt des herkömmlichen Papierformulars. Der FCU ist damit der Vorreiter in der Region Heilbronn in diesem Bereich. „Das wäre auch ein Thema, bei dem man den Lösungsansatz im Netzwerk teilen könnte, damit auch andere ihre Anmeldung online abwickeln können“, meint Dirk Schwarzer. Die Reduzierung des Papierverbrauchs ist generell ein wichtiges Thema im Bereich Ressourcen.

Bei Dünger und Reinigungsmitteln kann darauf geachtet werden, dass sie nicht umweltschädlich sind. Gerade die Düngerthematik ist für Vereine mit Rasenanlagen von Relevanz. „Darüber macht man sich oft gar keine großen Gedanken. Beispielsweise lassen dann viele den Rasenschnitt, der super als Dünger fungieren kann, nicht auf dem Rasen liegen“, erläutert Tobias Maier. „Auf den Dünger haben die meisten Vereine aber keinen Einfluss, weil die Stadt Heilbronn für viele Vereine der Greenkeeper ist“, entgegnet Jasmin Herrmann. „Den Rasenschnitt lassen die Greenkeeper von der Stadt immer liegen“, weiß Niklas Schmidt, dualer Student bei der Stadt Heilbronn. „Welchen Dünger sie verwenden, weiß ich allerdings nicht.“ „Da könnte man aber auch mal bei Stadt nachfragen, ob sie auf nachhaltige Dünger setzen“, findet Jasmin Herrmann.

Die Verwendung saisonaler Produkte wird als weitere Maßnahme genannt, wie Vereine sich nachhaltiger aufstellen können. Beispielsweise könnten Vereine ihr Catering auf die Jahreszeiten anpassen und im Herbst Kürbis anbieten. Einige Vereine versuchen bereits saisonale Produkte zu nutzen, andere wollen dies in Zukunft angehen. Auch vegane und vegetarische Alternativprodukte werden immer relevanter.

Erkenntnisse

 

Nachdem auch die Ergebnisse der letzten beiden Bereiche Wasser und Soziales durchgesprochen wurden geht es zu den daraus entstandenen Erkenntnissen. „Unsere Ziele sollten sein, weitere Vereine ins Boot zu holen, Ideen und Maßnahmen zu sammeln, diese umzusetzen und zu versuchen gemeinsam nachhaltiger zu werden. Konkret könnte das fürs nächste Mal heißen, Maßnahmen zu priorisieren, Maßnahmen auf Umsetzbarkeit zu prüfen und bei anderen Vereinen, die bereits Lösungen für eure Probleme gefunden haben, euch nach deren Umsetzungen zu erkundigen“, gibt Tobias Maier einen Einblick in seine Vorstellungen für die Zukunft des Netzwerks. Der Ball soll für das Projekt nun mehr ins Rollen geraten und die Gespräche zu konkreten Handlungen führen. „Wichtig wäre es die Stadt als festen Partner zu gewinnen, weil wir heute wieder gemerkt haben, dass viele Entscheidungen gar nicht in unserer Hand liegen, sondern die Mithilfe der Stadt benötigt wird“, gibt Dirk Schwarzer zu bedenken.

Zum Abschluss des Treffens wird Dirk Schwarzers Forderung nach einer Plattform zum Austausch von Ideen angegangen. Gabriella Silva Correa schlägt Trello als Plattform vor. „Das ist eine super Idee. Lass uns diese zusammen einrichten“, sagt Ralf Scherlinzky bereit.

Durch die Inbetriebnahme einer Kommunikationsplattform für den Austausch von Ideen hat das Projekt einen weiteren Schritt in die richtige Richtung gemacht. Erste konkrete Maßnahmen sollen umgesetzt werden. Insbesondere die Müllproblematik und der Mangel an verschiedenen Tonnen scheint schnell und einfach umsetzbar zu sein. Für die nächste Sitzung ist ein Gespräch über eine Eingliederung des Projekts in einen vorgegebenen Rahmen angedacht. Mit der N-Charta gibt es einen solchen, der sich lohnt in Betracht zu ziehen. „Ich würde das für eine gute Idee halten, weil wir so einen festen Rahmen haben, in dem uns viel Wissen bereitgestellt wird. Außerdem muss man sich dort registrieren, was meiner Meinung nach ein klare Bekennung zum Projekt wäre“, schließt Dirk Schwarzer die Sitzung ab. Ein klares Bekenntnis der Vereine wird benötigt, damit das Projekt endgültig die SPORTHEILBRONN-Blase verlassen kann und mit der breiten Öffentlichkeit geteilt werden kann.

Die SPORTHEILBRONN-Redaktion wird die Thematik weiter begleiten und sieht dem nächsten Treffen erwartungsvoll entgegen. Bis zum Ziel klimaneutrale Sportregion Heilbronn ist es ein sehr weiter Weg, aber erste kleine Schritte in diese Richtung sind getan.