Milan Hosseini – DM-Titel als Krönung einer tollen Saison

Boden-Gold bei den deutschen Meisterschaften, Titelverteidigung mit der Tus Vinnhorst in der deutschen Turnliga und Ersatzmann der Nationalmannschaft bei den Turn-Weltmeisterschaften im britischen Liverpool – 2022 hätte für Milan Hosseini kaum besser laufen können. Nach einer von einer Schulterverletzungen geplagten Vorsaison mit langer Ausfallzeit ist der 21-Jährige zurück in Topform. Vor allem der deutsche Meistertitel am Boden zeigt, wie viel Talent in dem in Berlin trainierenden Turner steckt. Beim Interview mit der SPORTHEILBRONN-Redaktion rekapituliert der gebürtige Heilbronner sein erfolgreiches Jahr 2022, nennt seine sportlichen Ziele für das Jahr 2023 und redet über seine berufliche Zukunft.

Autor: Nils Arnold

2. Februar 2023

Mit dem Erfolg steigt auch das Interesse von Seiten der Medien – wie hier beim Interview mit Viktoria Machleidt vom Regionalsender L-TV.

Foto: Seventyfour.studio

Das Jahr 2022 war für dich ein sehr erfolgreiches Jahr…
Milan Hosseini: Ja, dieses Jahr ist für mich richtig gut verlaufen. Nachdem ich 2021 aufgrund meiner Schulterverletzung nur eingeschränkt turnen konnte, bin ich sehr froh gewesen wieder beschwerdefrei alle Geräte turnen zu können. Dass ich dann auch noch meinen ersten deutschen Meistertitel und die Titelverteidigung der deutschen Mannschaftsmeisterschaft mit dem Tus Vinnhorst feiern und zusätzlich als Ersatzmann bei der WM dabei sein durfte – viel besser hätte es wirklich nicht laufen können.

Du hast den Gewinn der deutschen Meisterschaft schon angesprochen. Hast du dir selbst Titelchancen eingeräumt oder kam das ganz überraschend?
Milan Hosseini: Ich wusste, dass ich am Boden gute Chancen habe eine Medaille zu gewinnen. Mein Ziel war es ins Bodenfinale zu kommen und einen guten Mehrkampf zu turnen. Mit meinem Mehrkampf bin ich alles andere als zufrieden gewesen, konnte mich aber fürs Finale am Boden qualifizieren. Es war vielleicht nicht so schlecht, dass ich den Vortag etwas verhauen hatte, weil ich im Finale weniger Druck verspürt habe und lockerer an den Start gehen konnte. Während der Übung habe ich schon gemerkt, dass ich mit meiner Leistung eine Medaille sicher habe. Die Freude war natürlich riesig als feststand, dass es Gold geworden ist.

War der Einzeltitel dein bisheriges Karrierehighlight?
Milan Hosseini: Ja auf jeden Fall. Ein weiteres Highlight war die WM in Liverpool. Ich bin als Ersatzmann mitgefahren für den Fall, dass sich jemand verletzt. Nächstes Jahr möchte ich dort selbst turnen und nicht den anderen zugucken müssen. Es war aber trotzdem eine wichtige Erfahrung, die mich weiterbringt.

Interview mit den SPORTHEILBRONN-Redakteuren Ralf Scherlinzky und Lara Auchter beim sonntäglichen Winterspaziergang durch Flein.

Was nimmst du aus einem Wettbewerb, in dem du selbst nicht geturnt hast, mit?
Milan Hosseini: Das Feeling, die Atmosphäre und wie es sich anfühlt vor so einer Kulisse zu stehen. Die WM ist viel größer aufgezogen als jeder Wettbewerb, auf dem ich vorher gewesen bin. Ich habe ein gutes Gefühl dafür bekommen, was mich erwartet, wenn ich selbst auf dieser Bühne stehe und kann mich darauf einstellen.

Wie ist es dazu gekommen, dass du als Ersatzmann dabei warst?
Milan Hosseini: Zwei Turner sind mit Corona ausgefallen und ich bin nachgerückt.

Du selbst warst selbst aber auch erkrankt…
Milan Hosseini: Ja. Nach dem zweiten WM-Qualifikationswettkampf stand fest, dass ich zur Wettkampfvorbereitung mit nach Kienbaum fahre. Neben dem WM-Aufgebot und mir waren noch drei weitere Athleten dabei. Ich bin dann an einem der Tage krank geworden, meine Tests waren allerdings negativ. Die zwei Sportler, die ausgefallen sind, wurden am selben Tag positiv auf Corona getestet und mussten abreisen. Am nächsten Tag war ich wieder fit und konnte am Mannschaftdurchgang teilnehmen, der auch richtig gut verlief. Als dann feststand, dass ich als zusätzlicher Turner mit nach Liverpool kommen soll, habe ich mich riesig gefreut. Für das Event bestand eine PCR-Testpflicht. Mein Test war positiv, obwohl ich keinerlei Symptome hatte. Daraufhin habe ich mich mit dem Verbandsarzt und den Bundestrainern in Verbindung gesetzt, um in Erfahrung zu bringen, was ich tun soll. Wir haben beschlossen, dass ich mit zum Flughafen fahre und dort einen Express-PCR-Test mache, bei dem innerhalb von zwei Stunden ein Ergebnis vorliegt. Dieser Test war glücklicherweise negativ und ich konnte mit nach England fliegen.

Hat man bei so einem Event Zeit sich die Stadt anzuschauen?
Milan Hosseini: Man geht schon mal in die Stadt und schaut sich ein bisschen was an, aber den größten Teil der Zeit verbringt man in der Halle beim Trainieren oder man guckt sich die Wettbewerbe an.

Du hast in der Turnbundesliga mit dem Tus Vinnhorst den deutschen Mannschaftstitel verteidigt. War das von Anfang an das Ziel?
Milan Hosseini: Das war auf jeden Fall das Ziel. Wir sind im ersten Halbjahr nicht wie gewünscht in die Saison gestartet, haben nicht unsere besten Leistungen gezeigt und einen der vier Wettkämpfe verloren. Nur die ersten beiden Teams kommen ins Finale und haben die Chance, um den Meistertitel zu turnen. Nach unserer Niederlage gegen Cottbus dachten wir, dass wir die restlichen drei Wettkämpfe gewinnen müssten, um das Finale zu erreichen. Wir haben dann direkt den ersten Wettkampf im zweiten Halbjahr knapp verloren. Aufgrund der Ergebnisse der anderen bestand aber weiterhin die Chance das Finale zu erreichen. Dafür mussten wir richtig gut turnen und die Wettkämpfe deutlich gewinnen, um die Chance zu wahren. Das Team hat die Herausforderung angenommen und wir haben es durch zwei deutliche Siege geschafft.

Welche Geräte hast du dann im Finale geturnt?
Milan Hosseini: Boden, Sprung und Reck waren meine Geräte. Ich musste meine Übung am Reck zeigen, weil Lukas Dauser sich am Barren leider verletzt hatte und nicht weiterturnen konnte. Der Wettkampf war zu dem Zeitpunkt zum Glück so gut wie entschieden und meine Übung war für den Sieg des Teams nicht mehr ganz so ausschlaggebend.

Ihr habt immer zwei Saisonhälften, die mehrere Monate auseinander liegen. Ist es schwer, dass in der Mannschaft ein Teamgeist entsteht, wenn sich die Turner dazwischen lange nicht sehen?
Milan Hosseini: Nein, das würde ich nicht sagen. Der Teamspirit war im letzten Jahr sehr gut bei uns. Man sieht sich immer wieder auf verschiedenen Veranstaltungen. Beispielsweise haben wir einen Trainingstag in Vinnhorst gemacht, an dem alle Athleten aus erster und zweiter Mannschaft teilgenommen haben. Man merkt da nicht, dass man sich ein paar Monate nicht gesehen hat.

Foto: Seventyfour.studio

Du hast neben dem ganzen sportlichen Erfolg 2022 auch noch dein Abitur bestanden. Wie geht es da für dich weiter?
Milan Hosseini: Zurzeit überlege ich, in diesem Sommer als Sportsoldat zur Bundeswehr zu gehen. Ich möchte über diese gerne ein Studium beginnen. Allerdings bin ich mir noch unsicher, ob ich in diesem oder im nächsten Jahr damit anfangen soll. 2024 sind die nächsten Olympischen Spiele und wenn sich in diesem Jahr eine realistische Chance bietet, mich für die Spiele zu qualifizieren, möchte ich den Fokus vollkommen auf den Sport lenken und nicht noch nebenbei ein Studium machen. Da man bei der Bundeswehr kein Vollzeitstudium machen kann, was mit dem Leistungssport auch nicht vereinbar wäre, macht es auch keinen großen Unterschied, ob ich in diesem oder im nächsten Jahr anfange. Ich versuche dieses Jahr den Hauptfokus auf den Sport zu legen, um zu schauen, was ich aus mir rausholen kann.

In welche Richtung soll das Studium gehen?
Milan Hosseini: Ich würde gerne Physiotherapeut werden.

Was sind deine sportlichen Ziele für die nächste Saison?
Milan Hosseini: National möchte ich an die letzte Saison anknüpfen, gute Wettkämpfe abliefern und vielleicht wieder eine Medaille bei den deutschen Meisterschaften holen. International will ich an so vielen Wettbewerben wie möglich teilnehmen und idealerweise Europa- und Weltmeisterschaft turnen.