Mehr Sport im neuen Jahr? Der Kampf mit dem inneren Schweinehund!

Autor: Prof. Dr. Dirk Schwarzer

16. Januar 2018

Zu Beginn eines neuen Jahres haben wir oft den Drang, unliebsame Gewohnheiten und Verhaltensweisen zu ändern. Mithilfe von Neujahrsvorsätzen möchten wir dafür sorgen, dass von nun an alles besser wird: Aufhören mit dem Rauchen, mehr Zeit für die Familie, alte Freunde anrufen, gesunde Ernährung, weniger Smartphone-Konsum, abnehmen, die Fitness verbessern.

Mit bester Absicht gehen wir also ans Werk und versuchen, unsere Vorsätze in die Tat umzusetzen. Doch häufig begegnen wir schon nach wenigen Wochen einem alten Weggefährten – dem inneren Schweinehund. Er redet uns gut zu, das regelmäßige Laufprogramm im Heilbronner Stadtwald doch zu unterlassen, da es in unserer Komfortzone auf der heimischen Couch doch viel gemütlicher ist.

Wie kommt es dazu, dass wir trotz der festen Absicht, im neuen Jahr häufiger Sport zu treiben, diesen Wunsch zwar kurzfristig umsetzen, langfristig aber wieder aufgeben?

Die Sportpsychologie hält für dieses bekannte Phänomen einige Erklärungsansätze bereit. Grundsätzlich müssen wir zwischen der Motivation (eine Absicht haben) und der Volition (der Wille; lat. volo: ich will) unterscheiden. Nicht jede Absicht führt also zu einer gewünschten Verhaltensweise. Der Motivationsforscher Heinz Heckhausen hat diese Erkenntnisse in seinem Rubikonmodell zusammengefasst. Der Name ist angelehnt an die Überschreitung des Rubikon-Flusses im antiken Rom durch die Truppen unter Caesar.

Beispiel: Ich nehme mir vor, am nächsten Morgen um 6 Uhr fünf Kilometer zu laufen. Am nächsten Morgen – Nieselregen, 3 Grad, steife Brise aus Südost – treten plötzlich Hindernisse auf, die meine ursprüngliche Absicht gefährden. So stelle ich mir vor, wie angenehm es doch wäre, noch eine Weile im Bett liegen zu bleiben oder mit einer Tasse Kaffee die Tageszeitung zu lesen.

Eine hohe Motivation genügt in diesem Fall nicht, die Absicht zum konkreten Handeln zu führen; es bedarf des Willens. Willensprozesse sind dafür verantwortlich, dass Ziele und Absichten in Taten übersetzt werden. Der Einsatz des Willens ist besonders dann erforderlich, wenn es sich um Tätigkeiten handelt, die uns eigentlich keinen Spaß machen. Handlungen, die in erster Linie willentlich gesteuert werden, sind im Vergleich zu häufig unbewusst ablaufenden, motivationalen Tätigkeiten (z.B. mit dem Mountainbike einen Flow-Trail fahren) leider sehr störanfällig. Sie sind häufig begleitet von unangenehmen Gefühlen, einem langsamen Zeiterleben (die Zeit „kriecht“), wir sind dabei eher abgelenkt, müssen die Handlung ständig mit unseren Gedanken kontrollieren und überwachen, um bloß nicht in Versuchung zu kommen, aufzugeben. Letztlich funktioniert unser Wille wie ein Muskel, er ist irgendwann erschöpft. Doch ebenso wie ein Muskel können wir unseren Willen auch trainieren!

Praxistipps:

Mit zunehmendem Können entsteht ein Mehr an Genuss! Bleiben Sie also dran, denn wenn Sie Ihre Fähigkeiten in einer sportlichen Aktivität verbessern, so macht diese nach einigen Wochen auch mehr Spaß. Irgendwann ersetzt der Motivator „Freude an der Bewegung“ die ursprünglich durch den Willen gesteuerte Laufband-Einheit im Fitnessstudio.

Sozialen Druck aufbauen! Dies gelingt, indem Sie sich mit Freunden zum Sport verabreden. Dann wird das Sporttreiben verbindlich, eine Absage ist eher unangenehm und stellt erfahrungsgemäß eine hohe Hürde dar. Auch sollten Sie Ihre sportlichen Ambitionen öffentlich kundtun, zum Beispiel im Kreis Ihrer Arbeitskolleginnen und -kollegen. Dies schafft eine subjektiv empfundene, innere Verpflichtung – ein Rückzieher wird unwahrscheinlicher.

Bleiben Sie flexibel! Seien Sie nicht zu hart zu sich. Ein zu starres und zwanghaftes Festhalten an Trainingsplänen führt häufig zu Verkrampfung und kann auch gefährlich sein. Insbesondere bei fiebrigen Erkältungen sollten Sie auf Ihren Sport verzichten. Die Formel für einen langfristigen Erfolg: Eine ausgewogene Mischung aus Gelassenheit und Zielstrebigkeit, aus Spaß und Disziplin.

Schaffen Sie ein „Warum“! Welchen ganz individuellen, wichtigen Grund gibt es für Ihr Leben, wofür es sich lohnt, Ihre (sportlichen) Lebensgewohnheiten zu ändern. Moderat betriebener Sport ist gesund  doch das reicht nicht aus, um den inneren Schweinehund zu besiegen. Wesentlich konkreter ist es, wenn Sie sich vornehmen, die Halbmarathon-Distanz beim Heilbronner Trollinger-Marathon zu laufen, oder in den nächsten sechs Monaten fünf Kilo abzunehmen, um endlich mit den Enkeln wieder Fußballspielen zu können.

Werden Sie konkret! Formulieren Sie Ihre Ziele möglichst greifbar und anschaulich, stellen Sie sogenannte „Wenn-Dann-Pläne“ auf. Aus einem „In der nächsten Woche treibe ich mehr Sport“ wird ein „Wenn ich nächste Woche am Montag und am Donnerstag mit der Bahn zur Arbeit fahre, dann jogge ich jeweils um 17.00 Uhr, nach der Arbeit, nach Hause. Sporttasche und Laufschuhe habe ich heute schon eingepackt“.

Machen Sie den Sport zur Gewohnheit! Anfangs ist es wichtig, möglichst häufig und regelmäßig „am Ball“ zu bleiben. Dies können auch sehr kurze Einheiten sein, beispielsweise ein 20minütiger, strammer Spaziergang bei miesem Wetter. Ihr Gehirn gewöhnt sich so an die tägliche Aktivitäts-Dosis, der Wille spielt dabei kaum noch eine Rolle.