Markus Pommer: Wechsel zu Gebhardt Motosport

Nach zwei Jahren in der European Le Mans Serie war Markus Pommer 2023 wieder in die Erfolgsspur zurückgekehrt. Mit dem Luxemburger Team Racing Experience gewann der Neckarsulmer den Titel im ADAC Prototype Cup. Jetzt ist der 33-Jährige zu Gebhardt Motorsport gewechselt, um dort im Gespann mit dem 18-jährigen Pfälzer Valentino Catalano seinen Titel zu verteidigen – einem Team, das seinen Sitz im Landkreis Heilbronn hat und in der vergangenen Saison gerade mal Platz zehn in der Teamwertung belegte. Hat sich der Champion durch seinen Wechsel etwa verschlechtert? Um dies herauszufinden, haben wir das Team in Kirchardt-Berwangen besucht. Im Gespräch mit Markus Pommer und Gebhardt Motorsport Marketing Manager William J. Hood haben wir erfahren, dass das Team nicht nur eine große Rennsport-Historie hat, sondern mit den beiden besten Piloten den Titel im Prototype Cup holen möchte.

Autor: Ralf Scherlinzky

30. April 2024

Kurz nach dem Ortseingang des beschaulichen 1.400-Seelen-Dorfs Berwangen, ganz am westlichen Rand des Landkreises Heilbronn, befindet sich auf der rechten Seite eine unscheinbare Halle, die von außen keinerlei Rückschlüsse auf ihr spannendes Innenleben bietet.

Betritt man jedoch die Halle, findet man sich im Herzen von Gebhardt Motorsport wieder.

Umringt von historischen, sorgfältig mit Tüchern abgedeckten motorisierten Schmuckstücken aus vergangenen Tagen arbeiten Mechaniker an den beiden Duqueine D-08 Prototypen, mit denen Markus Pommer und Valentino Catalano sowie Maxim Dirickx und Sven Barth am 20. April im belgischen Spa in die neue Saison des ADAC Protoype Cup gestartet sind.

„Gebhardt Motorsport hat eine große Rennsport-Tradition und war schon in den 1970er-Jahren im Formelsport unterwegs“, erzählt William J. Hood.

„1982 erfolgte dann der Einstieg in die Prototypen-Serien, ehe sich Fritz Gebhardt wieder ganz auf den Familienbetrieb Gebhardt Fördertechnik konzentriert hat. Inzwischen hat sein Sohn Marco die Geschäftsleitung übernommen, wodurch Fritz Gebhardt nun wieder mehr Zeit für den Rennsport hat. Vor drei Jahren sind wir in den Prototype Cup eingestiegen und haben jetzt ein Level erreicht, auf dem wir um den Seriensieg mitfahren können.“

Markus Pommer brauchte nicht lange zu überlegen, als das Angebot von Gebhardt Motorsport kam.

 

Markus Pommer (links) und William J. Hood mit dem aufgebockten Duqueine D-08, mit dem das Duo Pommer-
Catalano in die Saison gestartet ist.

Foto: SPORTHEILBRONN

„Racing Experience hat letzte Saison eine überragende Arbeit geleistet, aber als privates Team gibt es andere Herausforderungen, die ein Werksteam oft nicht hat“, berichtet der Neckarsulmer.

„Ich kenne Gebhardt schon seit meiner Zeit in den GT Masters. Als wir über die Möglichkeiten der Zusammenarbeit sprachen, waren die Gespräche gleich vertraut und wir waren auf einer Wellenlänge. Als ich dann nach Berwangen eingeladen wurde und gesehen habe, wie professionell hier gearbeitet wird, brauchte es keine große Überzeugungsarbeit. Dass Gebhardt Motorsport quasi vor meiner Haustür seinen Sitz hat, ist natürlich auch ein großer Vorteil.“

Das Spannende am ADAC Prototype Cup ist, dass alle Teams dieselben Ausgangsbedingungen haben.

„Mit Duqueine, Ginetta und Ligier gibt es in der Serie drei Fahrzeughersteller, die aber alle mit demselben 460 PS starken Nissan-Motor fahren müssen“, erklärt William J. Hood.

„Den Unterschied über Sieg und Niederlage macht deshalb das Personal innerhalb des Teams: Zum einen die Ingenieure und Techniker, die innerhalb der strengen Reglementierungen minimale Anpassungen am Setup vornehmen können. Und zum anderen natürlich das Können der Fahrer.“

Zur letzten Saison sei man von der Ginetta auf den Duqueine umgestiegen.

Dieser Wechsel habe das Gebhardt-Team weiter nach vorne gebracht, erinnert sich der gebürtige Texaner.

Mit der amerikanischen Pilotin Courtney Crone habe man eine sehr schnelle Pilotin ins Team geholt, die jedoch die europäischen Strecken nicht kannte und deshalb nicht ganz vorne mitfahren konnte.

„Jetzt haben wir zu einem top Auto mit Markus einen schnellen und erfahrenen und mit Valentino Catalano einen jungen, hoch talentierten Piloten im Team, so dass die Kombination aus Auto und Fahrern nun absolut stimmt“, so William J. Hood weiter.

Die ersten Testfahrten im März 2024 in Hockenheim haben für beide Seiten Lust auf die Saison gemacht.

Markus Pommer: „Eigentlich waren die Tests hauptsächlich dazu da, dass ich mich an das Auto gewöhne. Ich konnte aber gleich auf den ersten Runden an meine Quali-Zeit der letzten Saison anknüpfen. Bedenkt man, dass das Auto damals bis zum Anschlag getrimmt war und ich die Zeit diesmal quasi aus dem Winterschlaf heraus aus dem Ärmel geschüttelt habe, wird klar, dass wir absolut auf dem richtigen Weg sind.“

Da es im Prototype Cup nach der Hälfte des 60-minütigen Rennens einen Fahrerwechsel gibt, muss auch hier eine entsprechende Abstimmung im Cockpit erfolgen.

„Wir Fahrer sind alle unterschiedlich gebaut, insofern müssen wir für den schnellen Wechsel einen Kompromiss finden, damit beide zurechtkommen.

Valentino ist etwas schmaler als ich. Er könnte vermutlich auch mit meinem Sitz fahren, wird aber ein auf ihn angepasstes Inlay bekommen, das er in den Sitz legt, um einen optimalen Halt zu haben“, weiß Markus Pommer.

Rund 30 Sekunden haben die Piloten zur Verfügung, um den Fahrerwechsel vorzunehmen.

Spielt bei einem erfahrenen Rennfahrer eigentlich noch eine gewisse Aufregung oder auch Angst eine Rolle oder geht man cool und gelassen ins Rennen, wollen wir von Markus Pommer wissen.

„Am Start ist man natürlich immer ein bisschen nervös, weil man nie genau weiß, was passiert“, antwortet der zweifache Familienvater.

„Aber ich habe eigentlich eher Angst davor, dass ich nicht ins Ziel komme oder womöglich das Auto kaputt mache. Ich versuche den Spagat zwischen dem Fahren am Limit und der maximalen Sicherheit so gut wie möglich hinzubekommen. Das ist mir während meiner Karriere recht gut gelungen und es gab in den über 300 Rennen nur ganz wenige Unfälle, die ich selbst verursacht habe.“

„Die Jungs wissen ganz genau, wie ihr Auto bei welcher Geschwindigkeit reagiert und wo es vorne, hinten und seitlich aufhört“, ergänzt William J. Hood.

„Eigentlich müssen sie mehr Angst haben, wenn sie nach dem Rennen auf der Autobahn nach Hause fahren. Da sind dann die Fans mit Vollgas unterwegs, und die haben eben nicht dieses Gefühl für ihr Fahrzeug, so dass hier leichter etwas passieren kann als auf der Rennstrecke.“

Bei Rennwochenenden ist Gebhardt Motorsport meist mit rund zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Ort – angefangen von Mechanikern und Renningenieur über das Team-Catering bis hin zur Sponsorenbetreuung.

Vor allem beim Heimrennen in Hockenheim bietet das Gebhardt-Team seinen Sponsoren ein Wochenende lang Motorsport hautnah.

„Wir mieten im Baden-Württemberg Turm die fünfte Etage für unsere VIP-Veranstaltung an, zu der wir unsere Partner mit ihren Mitarbeitern einladen“, so William J. Hood.

„Wir haben viele Sponsoren, die natürlich einen gewissen Return of Invest erwarten. Und diesen können wir ihnen am besten vermitteln, wenn wir ihnen vor Ort ein Erlebnis bieten, das sie noch lange in Erinnerung behalten.“

Für den in Wiesbaden wohnhaften Marketing Manager steht kurz nach dem Saisonstart des Prototype Cup noch ein weiteres motorsportliches Highlight an: Er organisiert mit dem Sportscar Supercup im Rahmen der „ADAC Hockenheim Historic – Das Jim Clark Revival“ (3.-5. Mai 2024) eine Gala des historischen Rennsports, bei der allein Gebhardt Motorsport acht restaurierte Original-Fahrzeuge aus den 70er-, 80er- und 90er-Jahren an den Start bringt – ein Event, das 2023 über 35.000 Motorsportfans an den Hockenheimring gelockt hatte.