Katharina Menz + Anna-Maria Wagner: Judo-Bronzemedaillen für Deutschland

Anfang Oktober waren mit der Backnangerin Katharina Menz (31) und der Ravensburger Weltmeisterin Anna-Maria Wagner zwei Bronzemedaillen- Gewinnerinnen der Olympischen Spiele in Tokio beim Judo-Club Kano Heilbronn e.V. zu Gast, um im Rahmen eines Judo-Lehrgangs ihr Können an den Nachwuchs weiterzugeben. Wir haben mit den beiden Olympia-Teilnehmerinnen über ihre Erlebnisse in Tokio gesprochen. Wie es Anna-Maria Wagner trotz einer Verletzung aus dem Halbfinale geschafft hat, Bronze im Einzel zu holen und wie die beiden Judoka nach Olympia belohnt wurden, erfahren die SPORTHEILBRONN-Leser hier im Interview.

Autor: Lena Staiger

18. November 2021

Erst einmal herzliche Glückwünsche an euch beide zur Bronzemedaille im Team und dir, Anna-Maria, zusätzlich Glückwunsch zu Bronze im Einzel. Ihr habt fünf Jahre auf das Event hingearbeitet. Wart ihr trotz der Verschiebung von 2020 auf 2021 bereits qualifiziert? Oder wurde die Nominierung nach der Verschiebung wieder aufgehoben?
Anna-Maria Wagner: Zu mir hieß es nach der Verschiebung, dass meine Nominierung noch steht, ich aber nochmal beweisen muss, dass ich sie mir auch verdient habe. Die Nominierung wurde also mehr oder weniger wieder aufgehoben. Das Jahr war dann auch dementsprechend hart für mich und der Jahresanfang lief auch wirklich nicht gut. Deshalb war ich überglücklich, dass ich dann den WM-Titel holen konnte. Tatsächlich stand auch erst nach der Weltmeisterschaft fest, wer sicher für Tokio nominiert wird.
Katharina Menz: Bei mir sah die Situation ein bisschen anders aus, da ich national keine Konkurrentin hatte, die für Tokio in Frage gekommen wäre. Ich war also sozusagen in der Luxussituation, dass ich von Seiten des Deutschen Teams keinen Druck hatte. Allerdings war meine Herausforderung, gute und passende Trainingspartner zu finden. Durch meine leichte Gewichtsklasse ist das ziemlich schwierig. Natürlich will man sich so gut wie möglich auf die Spiele vorbereiten und dann im besten Fall auch eine Medaille holen.

Stichwort Medaillen: Anna-Maria du hast dich auf dem Weg zur geplanten Goldmedaille im Halbfinale am Ellbogen verletzt. Was ist passiert?
Anna-Maria Wagner:
Ich wurde im Halbfinale gehebelt und dachte, vielleicht kann ich es halten. Wenn es um den Einzug ins olympische Finale geht, schlägt man eben nicht so schnell ab. Es hat dann aber doch sehr weh getan und ich musste aufgeben. Im Endeffekt habe ich mir das Innen- und Außenband im Ellbogen angerissen und meine Kapsel komplett zerstört. Mir war es allerdings sehr wichtig, dass man mir nach außen hin die Verletzung nicht anmerkt. Vor allem gegenüber meiner Gegnerin um Bronze wollte ich keine Schwäche zeigen. Also habe ich die Tränen zurückgehalten, bis ich in der deutschen Kabine war. Erst da habe ich geheult wie ein Schlosshund.

Wie konntest du nach so einer Verletzung dann noch erfolgreich um Bronze kämpfen und auch im Team nochmal auf die Matte gehen?
Anna-Maria Wagner:
Mein Glück war, dass ich nur eine halbe Stunde zwischen dem Halbfinale und dem Bronzekampf hatte. In der Zeit konnte ich warm bleiben und das Adrenalin des Kampfes hat noch gewirkt. Ich habe mich mit sehr vielen Selbstgesprächen dann mental total hochgefahren und mir gesagt, sobald ich die Matte betrete, lege ich den Schalter um und die Verletzung gibt es nicht mehr. Das hat dann zusammen mit dem bombenfesten Tapeverband zum Glück auch funktioniert. Wie ich das im Team nochmal abrufen konnte, das kann ich im Nachhinein ehrlich gesagt gar nicht mehr beantworten. Ich glaube, da haben mich meine Teamkameraden so beflügelt und durch den Tag getragen, dass es irgendwie geklappt hat. Inzwischen ist alles ganz gut verheilt und ich mache weiterhin Reha. Mit dem Judo selbst habe ich noch gewartet, werde jetzt aber so langsam wieder ins Training einsteigen.

Wie habt ihr die Sicherheitsmaßnahmen bezüglich der Coronapandemie vor Ort wahrgenommen? Wart ihr sehr eingeschränkt?
Katharina Menz:
Ehrlich gesagt war die Situation viel besser, als wir sie uns im Vorfeld vorgestellt haben. Klar, im Dorf musste man dauerhaft eine Maske tragen, aber daran gewöhnt man sich schnell. Ansonsten konnten wir uns im olympischen Dorf komplett frei bewegen. Vor dem Wettkampf steht neben dem Training eh nicht viel auf dem Programm, was wir hätten vermissen können. Der einzige Punkt, der schade war, war, dass wir nach unseren Wettkämpfen so schnell abreisen mussten und nicht bei den anderen Sportarten zuschauen durften.
Anna-Maria Wagner: Vor Ort hat man gemerkt, dass jeder absolut froh war, dass die Spiele stattgefunden haben. Allgemein habe ich dieses Event auch als sehr emotional wahrgenommen. Es flossen viele Tränen. Sowohl vor Freude als auch vor Enttäuschung.

Warum seid ihr eigentlich so braungebrannt? Ging es für euch nach den Olympischen Spielen in Tokio direkt in den Urlaub?
Anna-Maria Wagner:
Wir waren eingeladen, eine Woche im Aldiana Club in Spanien im Rahmen des Events „Club der Besten“ der Sporthilfe zu verbringen. Man kann sich wirklich nicht vorstellen, wie cool das ist, die ganze Anlage war nur für uns reserviert. Jede Sportlerin und jeder Sportler, der dort eingeladen war, hat etwas sehr Besonderes geleistet. In der Sportwelt versteht man sich einfach untereinander, auch, wenn man sich davor noch nie begegnet ist.
Katharina Menz: Ja, es war wirklich eine unbeschreibliche Woche und schon alleine deshalb haben sich die Olympiamedaillen gelohnt. (lacht).

Das war also eure Belohnung nach Olympia? Dürfen nur Athletinnen und Athleten, die internationale Medaillen geholt haben, dabei sein?
Katharina Menz:
Ja genau. Von den Wintersportlern waren die WM-Medaillen Gewinner dabei und sonst alle, die bei den Spielen in Tokio eine Top Drei Platzierung geholt haben. Außerdem waren auch alle Goldmedaillengewinner der Paralympics eingeladen.

Was habt ihr die Woche über gemacht? Können Sportler überhaupt eine ganze Woche lang entspannt am Pool liegen und nichts tun?
Katharina Menz:
Es gab sehr viele verschiedene Aktivitäten, bei denen man mitmachen konnte. Zum Beispiel Stand-Up-Paddling, Challenges wie den Ninja-Parkour, E-Scooter fahren und Tauchen. Es gab Turniere im Tennis, Rollstuhlbasketball und Beachvolleyball, verschiedene Workshops, zum Beispiel zum Thema Surfen, Yoga und so weiter. Ein paar Familien der Sportler waren auch dabei, die haben dann eher entspannt am Pool gelegen während sich die Athleten bei den Challenges gebattlet haben. Es war also wirklich für jeden etwas dabei.
Anna-Maria Wagner: Da hat die Sporthilfe schon ein ganz besonderes Event auf die Beine gestellt, bei dem wir beide unbedingt wieder dabei sein wollen. Für die Challenges gab es auch super tolle Preise, von denen Katharina direkt einen abgestaubt hat. Am coolsten war aber der Austausch untereinander. Man hat Freundschaften geschlossen, und das ganze Event spornt einen noch mehr an, auch in Zukunft die Medaillen zu holen.