Katharina Mähring: Vom Hammerwerfen in den Bob von Olympiasiegerin Buckwitz

Eine erfolgreiche Hammerwerferin, die ihr Sportgerät an den Nagel hängt und fortan im Zweierbob den Eiskanal hinunter jagt – eine nicht alltägliche Geschichte, die unser Interesse geweckt hat. Katharina Mähring schloss sich nach dem Ende ihres Studiums zum Jahreswechsel der TSG Heilbronn an, in deren Trikot sie im Juli den Süddeutschen Meistertitel holte und an den Deutschen Meisterschaften in Berlin teilnahm. Dann folgte der Schnitt: Die Hohenloherin tauschte den Hammer gegen den Zweierbob ein und landete als Trainingspartnerin direkt im Bob von Olympiasiegerin Lisa-Marie Buckwitz. Unsere Redakteure Natalie Rothenbächer und Ralf Scherlinzky trafen die 24-Jährige zwischen Oldtimern, Raketen-Triebwerk und Concorde-Fahrwerk bei unserem Werbepartner Technik-Museum Sinsheim, um Katharina Mähring kennenzulernen…

Fotos: Achim Gehrig, privat (1)

Autor: Natalie Rothenbaecher

9. Dezember 2019

Dass Katharina Mähring Kommunikationswissenschaften studiert, passt genauso ins Bild wie unsere Interview-Location Technik-Museum Sinsheim. Nach ihrem Wechsel vom Hammerwurf zum Zweierbob gehört nämlich auch der Technik-Check vor jeder Fahrt zu ihren neuen Aufgaben, und das Erzählen fällt ihr alles andere als schwer.

Im Dezember vergangenen Jahres schloss sie ihr Journalismus- und Unternehmenskommunikation-Studium in Berlin mit dem Bachelor ab. Nach der Deutschen Leichtathletik-Meisterschaft in Berlin widmet sie sich nun endgültig dem Bobsport und verlegt ihr Masterstudium nach Salzburg, um den Bergen und damit auch der Bobbahn näher zu sein. Alles ist auf „Neustart“, nicht aber zwingend auf „Abschluss“ gepolt, lässt Katharina anmerken, als sie schmunzelnd meint: „Tief im Herzen denke ich, dass ich doch noch irgendwann mal wieder einen Hammer in die Hand nehme“.

Klar, die Leidenschaft zur Leichtathletik ist unverkennbar. Angefangen hat alles in Zweiflingen beim TSV Bitzfeld. Nach den ersten Erfolgen im Mehrkampf wuchs ihre Faszination für die Wurfsportarten der Leichtathletik – trotz anfänglicher Zweifel ihres Trainers. „Diskus? Du kannst ja nicht einmal einen Ball werfen“, hieß es, doch das sollte sich dank hartem Training und Ehrgeiz bald ändern.

„Am Olympiastützpunkt Stuttgart fuhr ich lange dreispurig mit Hammerwurf, Diskus und Kugelstoßen“, erzählt uns Katharina Mähring. Zusammen mit ihrem Trainer Peter Salzer, den sie wegen seiner großen Einflussnahme auf ihre sportliche und persönliche Entwicklung liebevoll „Leichtathletikpapa“ nennt, hieß es für den nächsten Schritt, den Einzug in den Nationalkader, eine Entscheidung zwischen den drei Disziplinen zu treffen. Hammerwurf war die erste Wahl und der Deal „wir trainieren uns gegenseitig“ zwischen Trainer und Athletin stand solange, bis sich für Katharina die Perspektive ergab nach Berlin zu wechseln und dort mit dem Studium anzufangen. Rückblickend auf die Zeit in Berlin stellt Katharina einen riesen großen Schritt in ihrer persönlichen Entwicklung, aber auch eine durch viele Trainerwechsel und Unstimmigkeiten sportlich schwierige Phase fest.

„Beim Wechsel zur TSG folgte ich meinem Herzen, zurück in die Heimat“

Nicht nur sportliche Motive, sondern auch eine gewisse Heimatverbundenheit und ihre Lust, sich für Leichtathletik zu engagieren, führten Katharina Anfang 2019 zur TSG Heilbronn – für sie kein Neuland. Ganz genau erinnert sie sich, wie sie schon als Achtjährige beim Eberstädter Hochsprungmeeting in einem viel zu großen weißen Helfer-T-Shirt beim Kartenabreißen mithalf, bis sie später dann auch größere Aufgaben beim Event übernahm.

„Die TSG ist wie eine große Familie“, meint sie, aber auch unabhängig davon ist es Katharina Mähring ein großes Anliegen, das, was man als Sportler an Unterstützung von Helfern hinter den Kulissen der Wettbewerbe und Vereine bekommt, zurück zu geben. Dies schafft sie unter anderem als ehrenamtliche StadionSprecherin. Dabei profitiert sie gleichermaßen von ihrem journalistischen Profil, sowie von ihrer langjährigen Erfahrung als Athletin und ihren zahlreichen Kontakten.

Ihre neue Leidenschaft hat die Hohenloherin nun aber in einem ganz anderen Feld gefunden – dem Bobsport!

„Das einzige was sich verändert: Ich habe keinen Hammer mehr in der Hand, sondern schiebe einen Bob an. Bob ist die Nachbarsportart zur Leichtathletik.“

Das musste uns Katharina doch etwas genauer erklären…
Das Athletik-Training und die körperlichen Voraussetzungen sind bei beiden Sportarten fast gleich. Es sei keine Seltenheit, dass national erfolgreiche Leichtathleten, die den internationalen Durchbruch bei den Aktiven nicht schaffen, zum Bob wechseln. So landete auch Katharina auf der Bobbahn.

Ihre ersten Annäherungsversuche an den Sport startete sie jedoch schon viel früher, als sie über eine Sichtung mit dem Bundestrainer eine Testfahrt am Königssee durchlief. „Ich habe mir damals geschworen, das mache ich nie wieder, mir war nach der ersten Fahrt so schlecht“.

Darüber kann sie heute nur lachen, denn inzwischen steht sie sechs Mal pro Woche in der Halle und trainiert für ihre neue Karriere als Bob-Anschieberin. Noch am Olympiastützpunkt in Berlin lernte sie Olympiasiegerin Lisa-Marie Buckwitz – auch eine ehemalige Leichtathletin – kennen und machte mit ihr die ersten Trainingsfahrten in Sankt Moritz und am Königssee.

Seit dem Sommer bildet Katharina ein Team mit der Rumänin Maria Constantin. Im Oktober bestritt sie ihren ersten „Zentralen Leistungstest“ (ZLT), bei dem alle Anschieber und Piloten in Deutschland einzeln starten müssen. Mit dessen Ergebnis war sie jedoch noch nicht so recht zufrieden: „Mein Ziel waren die Top 10, ich belegte aber nur Platz 14“. Doch damit lässt sie sich nicht unterkriegen. Der nächste ZLT steht im Dezember in Oberhof an. „Für diesen Test möchte ich exakt auf den Punkt fit sein.“

Pilot und Anschieber haben im Bobsport unterschiedliche Schwerpunkte, klärt sie uns auf. Der Pilot begibt sich vor der Fahrt auf Bahnbegehung, muss lenken und benötigt eine gute Feinmotorik. Der Anschieber verbringt mehr Zeit mit Athletiktraining und muss vor jeder Fahrt die Verfassung des Bobs prüfen, in erster Linie anschieben, in den Kurven mitgehen und ruhig halten, sowie seinem Piloten blind vertrauen. Für die Anschieber – und insbesondere Katharina wegen ihrer Größe – gilt es, sich im Bob so klein wie möglich zusammenzufalten, um dem Piloten genug Raum zu lassen. „Meine Größe ist trotzdem ein Vorteil, ich muss halt beweglicher sein“, meint Katharina achselzuckend.

Wie in vielen Sportarten geht es auch hier um Kraft, Schnelligkeit und Präzision der Abläufe und genauso ist das höchste Ziel die Olympiade. „Olympia war schon immer ein Traum, sonst würde ich nicht in dem Maße Sport machen“, gibt sie zu. Dazu haben vielleicht auch ihre Erfahrungen als 16-jährige Teilnehmerin am Jugendcamp der Olympiade 2012 in London beigetragen. Das hautnahe Miterleben der Sommerspiele und der besondere Flair hat ihr einen großen Schub gegeben.

„Der Bobsport hat mir die Scheuklappen geöffnet, es gibt so viele Möglichkeiten“, sagt Katharina, als sie von Kletterausflügen, Eishockey und Volleyball als Ergänzung und Auffrischung ihres Trainingsplans berichtet.

Doch nicht nur im Sport ist sie vielseitig unterwegs: Nach zwanzig Jahren Blockflötenunterricht versucht sie, wo auch immer sie kurzzeitig ihre Wurzeln schlägt, der Musik in ihrem vollgepackten Alltag ein Plätzchen zu reservieren. In Salzburg, der Stadt der alten Musik, wird sie sich wieder ein Ensemble suchen, denn: „Wenn man keinen Spaß hat, kann man auch nicht erfolgreich sein.“ Das strahlt die junge Sportlerin mit jeder Zelle ihres Körpers aus. Eine Weisheit, die wir gerne mitnehmen.

Bobsport

• Olympische Wintersportart
• Ziel ist es, den Bob in der 15m langen Anlaufzone maximal zu beschleunigen und schnellstmöglich im Ziel anzukommen
• Auf dem Weg durch den Eiskanal talabwärts, der zwischen 1.200 und 1.500m lang ist, erreicht der Bob Geschwindigkeiten von über 100km/h
• Beim Bobsport gibt es Wettbewerbe in den Disziplinen Zweierbob (Frauen und Männer) sowie Viererbob (Männer).
• Deutschland ist die erfolgreichste Bob-Nation