Inklusives Training beim DFB-Stützpunkt Heilbronn

Autor: Ralf Scherlinzky

20. Juli 2018

„Bei diesen Jungs entdeckt man Tugenden, die bei uns schon längst vergessen sind“, sagt Günter Major und hat dabei ein bewunderndes Leuchten in den Augen. „Disziplin und Respekt werden bei ihnen noch groß geschrieben und sie freuen sich für jeden, der ein Tor schießt – und wenn es nur im Training ist.“

Die Rede ist von jungen Fußballern mit mentaler Beeinträchtigung, die sich bei dem Trainer des Heilbronner DFB-Stützpunktes seit diesem Jahr zu besonderen Trainingstagen einfinden. Gemeinsam mit Heike Acker, die sich um das Organisatorische kümmert, sowie den Trainern Jürgen Rapolder, Viktor Enns, Kevin Häusser, Jörg Czeilinger und Viktoria Mayer kümmert sich der Stützpunkttrainer um eine Gruppe mit rund 30 Spielern im Alter von 15 bis 35 Jahren.

2018 sind insgesamt fünf Camp-Tage geplant, zu denen die Beschützenden Werkstätten Teilnehmer aus dem Unterland und Hohenlohe, aber auch aus Heidelberg, Mannheim und dem Odenwald zum Heilbronner Frankenstadion bringen.

Als sich die Gruppe am 30. April zum ersten Mal getroffen hatte, wusste Günter Major bereits, was ihn erwarten würde. Denn er führte auch vorher schon einige Trainingseinheiten mit Menschen mit mentaler Beeinträchtigung durch. Seine Stützpunktkollegen seien dagegen „baff“ gewesen, wie die jungen Leute beim Training mitgezogen haben. „Da gibt es keine Querulanten. Sie hängen uns quasi an den Lippen und saugen das alles ganz dankbar auf.“

Der Trainingstag beginnt mit der ersten Einheit um 10.30 Uhr. „Da steht Technik, Kombination und Torschuss auf dem Programm“, so Günter Major. Um 12 Uhr gibt es in der Gaststätte neben dem Stadion ein gemeinsames Mittagessen, ehe dann um 13.30 Uhr die zweite Einheit startet. „Da herrscht Begeisterung pur, denn da machen wir ein Abschlussspiel, bei dem jeder Einzelne nochmal Vollgas gibt.“
Doch nicht nur die Teilnehmer, auch die Betreuer geben für das Training alles: „Meine Trainerkollegen nehmen dafür extra Urlaub und wir verzichten komplett auf irgendwelche Honorare. Diese stecken wir lieber in das Projekt rein, zum Beispiel für das Mittagessen.“

Momentan laufen Bemühungen, den einen oder anderen Spieler auch bei einem Verein unterzubringen. Dies gestaltet sich jedoch ziemlich schwierig, da es bei vielen – nicht allen – Vereinen Berührungsängste zu geben scheint. Günter Major: „Das sind solche lieben Jungs. Die geben einem wirklich keinen Grund sie nicht aufzunehmen oder auszuschließen.“ Auch die Idee für das Benefizspiel im Frankenstadion (siehe Kasten unten) sei über das Stützpunkttraining entstanden. Fritz Quien, Leiter der drei inklusiven DFB-Stützpunkte in Stuttgart, Freiburg und Heilbronn und gleichzeitig Landestrainer der BW-Auswahl von Spielern mit mentaler Beeinträchtigung, sei auf Günter Major mit der Anfrage für ein Spiel zugekommen. „Die Auswahl hatte an dem Wochenende sowieso ein Trainingslager in Heilbronn gemacht, bei dem sie sich auf die Deutsche Meisterschaft vorbereitet hat. Da haben wir natürlich gerne zugesagt.“

Im Spiel gegen die Heilbronner Allstars unterlag die Auswahl mit 1:4. Major: „Ich habe den Heilbronnern immer wieder reingerufen, sie sollen zwischendurch auch mal den Fuß lupfen, damit die Jungs ein Erfolgserlebnis bekommen, aber da waren sie dann doch zu ehrgeizig.“ (RS)