In guten + schlechten Zeiten – Was treibt eigentlich die Fanclubs an?

Sie stehen Woche für Woche auf den Tribünen der Stadien und Hallen, fahren oft quer durch die Republik, organisieren Fanbusse und feuern ihre Teams an. Sie sorgen für Stimmung, machen Lärm, treten meist nur in Gruppen auf und stehen manchmal auch wegen Randale in der Kritik. Die Rede ist von den Fanclubs, die den Livesport oft erst zum Erlebnis machen. Um hinter die Kulissen der organisierten Fans zu blicken, haben wir uns mit den „Edelfans“ des Falken-Fanclubs „Die Treuen“ und des VfR-Fanclubs „Phoenix“ im Heilbronner Jack‘s Angel Pub – der Stammkneipe der beiden Gruppen – getroffen. 

Autor: Ralf Scherlinzky

28. Oktober 2022

„Eigentlich gibt es uns erst seit September 2021 als Fanclub. Wir kennen uns aber gefühlt schon immer und haben uns jede Woche als Freunde beim VfR getroffen“, erzählt Heiko, einer der drei Phoenix-Vorstände. „Jeder von uns hat auch eine kleine Aufgabe beim VfR. Michael ist Kassierer, Basti Stadionsprecher, ich mache die Mitgliederverwaltung und andere sind im Service.

“Wesentlich länger, seit 1985, unterstützen „Die Treuen“ mit weiteren Eishockeyfreunden das Heilbronner Eishockey und haben dabei in den letzten Jahren eine gewisse Leidensfähigkeit entwickelt. „Wir haben schon viele Jahre mit Aufs und vielen Abs hinter uns und waren trotzdem immer im Stadion“, sagt Oli, und Markus berichtet, dass die Edelfans bereits jetzt für Januar 2023 für zwölf Personen ihr Hotel fürs Auswärtsspiel der Falken in Selb gebucht haben. „Das ist unabhängig davon, wie die Falken da spielen. Wir sind Fans, und Fans kommen auch in schlechten Zeiten.“

Interessante Gesprächsrunde mit den Edelfans von Falken und VfR im Jack‘s Angel Pub.
Foto: Seventyfour.studio

Ende 2019 hatten sie in Zusammenarbeit mit weiteren Falken-Fanclubs einen Sonderzug nach Kassel organisiert und schwärmen heute noch davon, wie 500 Fans mitgefahren sind. Mit dabei waren auch einige der heutigen Phoenix-Mitglieder, was zeigt, dass es zumindest bei den „gesetzteren“ Fans einen nahtlosen Übergang zwischen dem Fandasein bei Falken und VfR gibt. Deshalb gibt es vor allem von Phoenix-Seite Kritik an der Entscheidung der Falken, Sonntagsspiele schon um 17 Uhr zu beginnen. „Seither können wir sonntags nicht mehr zum Eishockey gehen, wenn der VfR spielt. Unsere Spiele gehen bis 16.45 Uhr, und bis du dann im Frankenstadion alles aufgeräumt hast, ist das Eishockeyspiel schon zur Hälfte vorbei. Das lohnt sich nicht mehr“, bedauert Michael.

Vor allem bei den Heilbronner Falken haben sich in den ganzen Jahren verschiedene Fanclubs gegründet. Gibt es hier eigentlich ein Konkurrenzdenken? „Nein, denn wir haben alle ein gemeinsames Ziel: Wir wollen die Falken unterstützen. Deshalb haben wir beispielsweise auch bei der Organisation des Fanzuges zusammengearbeitet – und da macht es keinen Unterschied, ob das die etwas ‚reiferen‘ Fans oder die jungen Ultras sind“, erklärt Markus.

Auf unsere Frage, wie sie zu den Ultras stehen, grinst der langjährige Vorstand der Treuen: „Wir waren auch mal jung und hatten eine Zeit, in der wir nicht die Bravsten waren. Da ist bei Auswärtsspielen schon auch mal was zu Bruch gegangen, vor allem wenn es gegen unsere Rivalen ging…“

Die Rivalität im Eishockey zwischen Heilbronn und Bietigheim ist weithin bekannt, doch spricht zumindest ein Teil unserer Gesprächspartner auch respektvoll vom Lokalrivalen. „Normalerweise muss man Hochachtung vor den Steelers haben. Sie haben ihr Ding durchgezogen und sind wie geplant in die DEL aufgestiegen“, sagt Schorsch, und Tommy weiß: „Die haben uns in vielen Dingen überholt. Wenn du ein paar Tage vor einem Heimspiel nach Bietigheim reinfährst, ist alles beflaggt und plakatiert. Du kommst gar nicht drumherum zu sehen, dass am Wochenende Eishockey ist.“

„Wir haben in Heilbronn mit den Falken, dem VfR, den RED DEVILS, dem TSB Horkheim etc. so ein großes Potenzial, aber die Wahrnehmung wie in Bietigheim ist nicht da, weil man als Verein nur punktuell für sein Heimspiel werben darf“, schickt Basti Kritik in Richtung Stadtverwaltung. „Hier sollten den Vereinen vom Rathaus mehr Möglichkeiten gegeben werden.“

Was treibt einen Sportfan eigentlich an, einem Fanclub beizutreten und Woche für Woche seinen Verein zu supporten? Basti erzählt von Identifikation: „Ich bin 2008 aus Magdeburg nach Heilbronn gezogen. Den Fußball hier fand ich anfangs trist und langweilig. Erst der VfR hat mich dann nach der Neugründung gepackt. Hier wird vieles richtig gemacht und ich engagiere mich deshalb gerne auch für den Verein – einfach weil ich mich mit ihm identifiziere“.

Heiko bringt den Antrieb der Fans für den bedingungslosen Support auf den Punkt und sagt: „Alle Fans, ob die manchmal etwas ungestümeren Ultras oder wir gediegenen Gruppen, haben eines gemeinsam – und das ist die Liebe zum Verein. Dafür leben wir!“