Heilbronner Right Guard Leon Häbich blockt in der European Football League

Ende Juni hatte mit der European League of Football eine neue internationale American Football Liga ihren ersten Kickoff. Acht Teams, die Hamburg Sea Devils, Berlin Thunder, Leipzig Kings und Panthers Wroczlaw im Norden sowie Frankfurt Galaxy, Cologne Centurions, Stuttgart Surge und Barcelona Dragons im Süden, treten bis September in zwei Divisionen gegeinander an. Mitten unter ihnen Leon Häbich, ein 21-jähriger Ilsfelder, der einst bei den Heilbronn Miners die Grundlagen des Footballsports lernte und jetzt ein fester Bestandteil der Offense bei seinem Team Stuttgart Surge ist. Wir waren beim ersten Heimspiel der Landeshauptstädter gegen Frankfurt Galaxy dabei, um den 190 cm Hünen bei seinem ersten Spiel im Herrenbereich zu beobachten und nach Spielende mit ihm zu sprechen. 

Autor: Ralf Scherlinzky

11. August 2021

Keine Chance für die Nummer 55, an Leon Häbich vorbeizukommen und den Quaterback zu attackieren…

Interview unterm Fernsehturm:
Leon Häbich im Gespräch mit Ralf
Foto: Achim Gehrig 

Leon Häbich (#73)  bei der Besprechung der Offensive Line. 

Leon, herzlichen Glückwunsch zu deinem Einstand in der European League of Football. Wie bist du mit deinem Debüt zufrieden?
Leon Häbich: Mein Einstand war echt super, auch wenn wir das Spiel leider nicht gewinnen konnten. Beim ersten Saisonspiel in Barcelona musste ich noch das komplette Spiel von der Auswechselbank aus anschauen, was für mich auch okay war. Dafür habe ich heute durchgespielt und wir konnten die größten und stärksten Frankfurter Spieler gut auf Distanz halten. Toll war vor allem, dass wir endlich wieder vor Zuschauern spielen konnten. Die 750 Leute im Stadion haben wirklich ordentlich Stimmung gemacht.

Was genau ist deine Aufgabe und welche Position spielst du?
Leon Häbich: Ich bin Right Guard in unserer Offensive Line und mein Job ist es, die gegnerische Defense so zu blocken, dass unser Quarterback genügend Zeit zum Passen hat. Bei den Heilbronn Miners hatte ich damals außen gespielt, aber da ich inzwischen ziemlich an Muskelmasse zugelegt habe – ich wiege heute 125 Kilogramm – hat mich mein Coach Martin Hanselmann zum Right Guard umfunktioniert.

Musstest du die Position neu lernen oder kann man im American Football von Position zu Position wechseln?
Leon Häbich: Ich hatte in der Jugend schon ein paarmal als Right Guard gespielt. Außerdem musst du mehrere Positionen beherrschen, darauf achten wir auch im Training.

American Football ist bei uns ja eine ziemliche Randsportart. Wie kam es, dass du diese Sportart für dich entdeckt hast?
Leon Häbich: Das war eigentlich eher Zufall. Ich bin bis 2015 Kart gefahren, wurde dann aber zu schwer dafür. Bei einem Eishockeyspiel hatte ich mich mit dem ehemaligen SPORTHEILBRONN-Fotografen Marcel Tschamke darüber unterhalten, dass ich eine Sportart suche, in der ich auch mit meiner Statur gut mithalten kann. Er erzählte mir von den Heilbronn Miners, bei denen er schon ein paarmal Fotos gemacht hatte. Das hat sich interessant angehört, ich bin zum Schnuppertraining gegangen und letztendlich dort hängen geblieben. Da war ich 15 Jahre alt.

Wie bist du dann bei Stuttgart Surge in der European League gelandet?
Leon Häbich: Ich war im Juniorenbereich schon nach Stuttgart zu den Scorpions gewechselt, um dort irgendwann mal in der German Football League (GFL) spielen zu können. Eigentlich war ich für diese Saison nun aber quasi schon auf dem Weg zurück zu den Heilbronn Miners, um dort mein erstes Jahr bei den Herren zu spielen. Dann hat mich aber mein ehemaliger Coach Martin Hanselmann angerufen und gefragt, ob ich ihm nicht zu Stuttgart Surge folgen möchte. Er hat mir von seinem Konzept erzählt, dass er ein ganz junges Team aufbauen möchte, in dem bereits einige meiner ehemaligen Mitspieler aus dem Juniorenteam der Scorpions stehen. Das klang sehr spannend und diese Chance konnte ich mir nicht entgehen lassen.

Die European League of Football ist die Partnerliga der nordamerikanischen NFL (National Football League) und zählt als Profiliga. Kannst du als junger Spieler damit deinen Lebensunterhalt bestreiten?
Leon Häbich: Nein, da bin ich noch ein ganzes Stück davon entfernt. Ich wohne nach wie vor in Ilsfeld und arbeite in meinem Hauptjob als Elektriker. Irgendwann mal mit dem Footballspielen meinen Lebensunterhalt bestreiten zu können, wäre aber schon ein Traum…

Wie oft trainiert ihr pro Woche?
Leon Häbich: Wir haben dreimal pro Woche Training in Stuttgart und ich bin zusätzlich noch zweimal wöchentlich im Fitnessstudio.

Wir haben heute beim Spiel eure Physiotherapeutin beobachtet, die gefühlt im Dauereinsatz war. Die Verletzungsgefahr beim Football ist ja nicht wirklich klein…
Leon Häbich: Stimmt, die Gefahr ist hoch und bei den Spielen ist eigentlich immer einer dabei, der sich verletzt. Meist ist es die Leiste oder der Rücken Aber das gehört eben zu dem Sport. Ich habe schon seit 2016 mit dem Sprunggelenk Probleme, die gehen auch nicht mehr weg. Das muss man dann vor dem Spiel einfach tapen lassen, dann passt es. Bei uns in der Offensive Line ist eigentlich der Kopf der am meisten gefährdete Körperteil. Gehirnerschütterungen und Nackenverletzungen treten recht häufig auf.

Beim American Football ist ja bekannt, dass der Quarterback den Spielzug ansagt, den er als nächstes machen möchte. Sind die verschiedenen Spielzüge für dich in deiner Position relevant oder blockst du den Gegner immer gleich?
Leon Häbich: Ja, natürlich ist die Ansage der Spielzüge auch für mich relevant. Die Spielzüge haben alle unterschiedliche Namen und ich muss bei jedem Namen wissen, was generell dahinter steckt. Am Namen erkenne ich dann, ob der Spielzug jetzt für mich wichtig ist oder beispielsweise nur für die Running Backs oder Wide Receiver.

Wieiele Spielzüge, die ihr beherrschen müsst, hat euer Quarterback auf Lager?
Leon Häbich: Angefangen haben wir bei 30 Spielzügen und jede Woche kommen zwei weitere dazu. Aktuell sind wir bei rund 60 Spielzügen. Der Quarterback als Spielmacher muss alle lernen und beherrschen, während uns nur ein Bruchteil davon betrifft. Aber dafür wird er auch besser bezahlt als wir.

Du bist jetzt gerade mal 21. Was sind deine Ziele im Football, mal abgesehen davon, dass du irgendwann davon leben möchtest?
Leon Häbich: In dieser Saison müssen wir mal schauen, wie weit wir kommen. Wir sind ein bunt zusammengewürfeltes Team, das von Tag zu Tag enger zusammenwächst und sich verbessert. Ich möchte mich jetzt erstmal im Team festspielen und auch 2022 wieder in der Stammformation stehen. Und dann können wir gerne mal in Richtung Meisterschaft schielen…