Hakan Tosun: 2019 kommt der Feinschliff, 2020 dann der Wechsel zu den Profis

Wird Hakan Tosun der zweite Heilbronner Profiboxer, den Alexander Seel aus seiner Talentschmiede beim SV Heilbronn am Leinbach hervorbringt? Geht es nach dem Trainer und seinem Schützling, soll der 25-Jährige 2020 auf den Spuren von Slawa Spomer wandeln und den nächsten Schritt machen. Im September können sich die Heilbronner Sportfreunde selbst ein Bild vom Können des Weltergewichtlers machen, denn Seel plant in der Römerhalle eine große Boxgala, bei der Tosun einer der „Headliner“ sein wird. Boxgala und Profiboxer… Wir sind neugierig geworden und haben uns mit Alex Seel und Hakan Tosun zum Interview getroffen.

Foto: Marcel Tschamke

Autor: Ralf Scherlinzky

24. April 2019

Der SV Heilbronn am Leinbach veranstaltet in der Römerhalle eine Boxgala. Was steckt da genau dahinter?
Alexander Seel: Allzu viel möchte ich jetzt noch nicht verraten, da wir noch mitten in der Planungsphase sind. Aber so viel kann ich schon sagen: Wir werden am 21. September ein großes Event mit dem Namen „Kultur im Ring“ veranstalten, bei dem es neben vermutlich 16 Boxkämpfen auch Comedy, Musik und andere kulturelle Programmpunkte geben wird. Unter anderem werden dort auch einige unserer eigenen Talente die Gelegenheit bekommen sich zu präsentieren.

Und zu diesen Talenten gehört dann auch Hakan Tosun?
Alexander Seel: Hakan ist über den Talent-Status schon längst hinaus. Aber ja, er wird an diesem Abend einen der Hauptkämpfe bestreiten.

Wie kommt es, dass der Name Hakan Tosun dem Heilbronner Sportfan noch nicht wirklich geläufig ist?
Hakan Tosun: Ich bin erst seit 2018 wieder in Heilbronn. Davor habe ich in Weinheim in der Oberliga geboxt und habe dort alle Kämpfe gewonnen. Auch die beiden Bundesliga-Kämpfe, die ich in dieser Zeit bestritten habe, konnte ich gewinnen. Die letzten beiden Jahre war ich dann geschäftlich in Zwickau und musste deshalb sportlich kürzer treten. Deshalb kennt man mich hier in der Region noch nicht, obwohl ich ein gebürtiger und waschechter Heilbronner bin. Das wird sich aber hoffentlich ändern.

Und jetzt soll es im nächsten Schritt ins Profilager gehen. Wie ambitioniert ist das, wenn man die lange Pause betrachtet?
Hakan Tosun: Ich bin ja schon seit ungefähr einem Jahr wieder voll dabei und habe die Rückstände weitgehend aufgearbeitet. Bevor ich damals nach Weinheim gegangen bin, war ich bereits Deutscher U21-Vizemeister und dreimal Baden-Württembergischer Meister in der A-Jugend bzw. der A-Klasse. Diese Grundlagen sind ja noch da, und darauf kann ich aufbauen.
Alexander Seel: Ich kenne Hakan seit der Jugend. Er war von Anfang an immer einer der Fleißigsten und man musste ihn nie zum Training antreiben. Im Gegenteil, er hat immer freiwillig nochmal drei, vier Trainingseinheiten pro Woche zusätzlich absolviert und macht das auch heute noch. Deshalb kann er ein gewisses Level halten. Dieses Jahr werden wir jetzt noch kleinere Fehler abstellen und einige Kämpfe gegen starke Gegner absolvieren, damit er sich nochmal steigert.
Hakan Tosun: Wir waren Anfang März in der Ukraine und ich habe am Ende unseres Trainingslagers bei einem größeren Event gegen den dortigen Lokalmatador geboxt. Da hatte ich nicht nur einen sehr starken Gegner im Ring, sondern auch das Publikum gegen mich. Das hat mich extrem weitergebracht, auch weil ich dem enormen Druck von außen standhalten konnte und mir trotz des Heimvorteils meines Gegners ein Unentschieden erkämpfen konnte.

Brauchst du gewisse Qualifikationen und Titel aus dem Amateurbereich, um Profi werden zu können?
Hakan Tosun: Nein. Im Grunde kann eigentlich jeder Profi werden, der ein Team findet, das ihn unter Vertrag nimmt. In der Praxis ist das aber natürlich anders. Wenn du dir schon Titel erkämpft hast und Bundesliga-Kämpfe vorweisen kannst, hast du natürlich ein ganz anderes Standing bei Vertragsverhandlungen und wirst auch wesentlich ernster genommen als wenn du es einfach mal so probierst. Dass ich in der Jugend, bevor ich mit 17 mit dem Boxen begonnen habe, schon mehrmals Deutscher Meister im Thaiboxen war, wird mir beim Schritt in den Profibereich sicherlich auch nicht schaden.

Wieviele Kämpfe braucht Hakan noch, bis er für den Profizirkus bereit ist, und wie weit kann er es dort bringen?
Alexander Seel: Er wird dieses Jahr noch mindestens zehn Kämpfe bestreiten – unter anderem in der zweiten Bundesliga für Bremerhaven. Und dann schauen wir, wohin die Reise führt. Wenn er weiterhin so hart arbeitet und dazu auch noch verletzungsfrei bleibt, hat er durchaus Chancen, um internationale Titel zu holen. Wichtig ist aber auch, dass es einen Plan B gibt, falls es mit dem Profiboxen nicht klappt. Ich hatte schon bei Slawa Spomer damals viel Wert darauf gelegt, dass er sein Abi und eine Ausbildung macht, bevor er im Boxen durchstartet.

Wie sieht dieser Plan B aus?
Hakan Tosun: Ich habe eine Ausbildung zum Karosserie- und Fahrzeugbauer absolviert und dann eine Weiterbildung zum Staatlich geprüften Techniker gemacht. Seit kurzem bin ich bei meinem Arbeitgeber Audi Gruppensprecher in der Produktion. Die beruflichen Grundlagen sind also gelegt.