Eduard Popp: „Was ich mir für den Spitzensport wünsche…“

Autor: eduardpopp

16. Januar 2018

Liebe Sportfreunde,

es ist mir schon seit längerer Zeit ein Anliegen, meine Gedanken zum Thema Spitzensportförderung in der Öffentlichkeit an- und auszusprechen, und ich freue mich, dass ich dies nun im sportheilbronn-Magazin machen kann.

Spitzensport zu betreiben, bedeutet nicht nur im Rampenlicht zu stehen und von Erfolg zu Erfolg zu eilen. Es bedeutet vor allem harte Arbeit, den Verzicht auf viele angenehme Dinge des Lebens sowie nicht zuletzt eine finanzielle Gratwanderung.

Wer den Erfolg sucht, muss viel Zeit investieren. Zeit, die er bei einem Acht-Stunden-Arbeitstag nicht hat – und hier beginnt die Spirale, in die viele Spitzensportler geraten. Habe ich einen guten Job, kann ich keinen Spitzensport betreiben. Betreibe ich Spitzensport, habe ich keine Zeit für einen guten Job und bin dadurch finanziell nicht abgesichert. Das Ergebnis daraus ist, dass wir in Deutschland viele Spitzensportler an die Wirtschaft verlieren und im Medaillenspiegel bei den Olympischen Spielen hinter anderen Ländern zurück bleiben.

Ein sehr guter Schritt, um hier Abhilfe zu schaffen, ist die Förderung von Spitzensportlern durch die Bundeswehr, die auch mich weitgehend absichert. Doch diese kommt nur vergleichsweise wenigen Sportlern zugute.

Ein weiterer Schritt in die richtige Richtung ist – zumindest theoretisch – die gezielte Förderung von Topathleten an den Olympiastützpunkten. Doch so gut sich diese Maßnahme auch anhören mag, so schlecht kann sie für etablierte Athleten sein, die 2020 in Tokio Edelmetall für Deutschland holen könnten. Das beste Beispiel für eine Olympiasiegerin, die durch diese Bündelung auf Olympiastützpunkte ihren Wohnsitz hätte wechseln müssen und u.a. deshalb ihre Karriere beendet hat, ist unsere Heilbronner Olympiasiegerin Carina Bär.

Für mich war immer klar, dass ich zu der Region stehe, in der ich aufgewachsen bin. Ich habe hier meine Familie gegründet, bin hier verwurzelt, fühle mich in dem für mich perfekten Umfeld rundum wohl und kann hier meine maximale sportliche Leistung abrufen. Aus der Region Heilbronn wegzuziehen, käme für mich vorerst nicht in Frage – zumal ich es schon mal für ein Jahr in Schifferstadt probiert und dabei umso mehr gemerkt habe, dass hier in Heilbronn der Platz ist, wo ich hingehöre.

Wie aber kann sich ein Athlet die Rahmenbedingungen schaffen, um an seinem Wohnort dauerhaft so trainieren zu können, dass er seine Leistung verbessern und erfolgreich sein kann?
Auch das ist harte Arbeit und passiert nicht von alleine! Dazu gehört viel Kreativität, Zeitinvestment und Überzeugungskraft. Mit einigen Leuten aus meinem Verein starteten wir das Projekt „Together for Gold“ und konnten Unternehmen aus der regionalen Wirtschaft dafür gewinnen. Zusätzlich hat sich daraus das Privileg entwickelt, dass ich während meiner Vorbereitung auf die Olympischen Spiele zum einen eine Ausbildung bei der Kreissparkasse Heilbronn machen konnte und zum anderen die ersten Monate und Jahre nach der Geburt meines Sohnes aus der Nähe statt aus der Ferne erleben durfte.

Andere Spitzensportler aus der Region haben dieses Privileg nicht – und dies ist der Grund, weshalb ich mich auf diesem Weg an die regionale Wirtschaft wenden möchte.

Während der Handwerksbetrieb um die Ecke oder der Mittelständler aus dem Stadtteil sich durch den persönlichen Bezug leichter damit tut einen Athleten zu unterstützen, haben die meisten Großunternehmen scheinbar wenig emotionalen Bezug zum Sportler. Für sie zählen meist nur die Finanzen, was sie davon abhält, den Spitzensport zu fördern. An diese Unternehmen möchte ich appellieren, über den Tellerrand hinaus zu schauen.

Ihre Mitarbeiter leben mit ihren Familien hier in der Region. In den Unternehmen gibt es Mitarbeiterprogramme für Weiterbildung, Gesundheit und Motivation – Werte, die wir Spitzensportler wahrscheinlich besser verkörpern und vermitteln können als jeder andere. Lasst uns beides unter dem Deckmantel der Regionalität zusammenführen!

Natürlich geht es bei meinem Anliegen um das Sponsoring der Athleten. Aber Sponsoring kann mehr sein als „Ich gebe dir mein Geld und du klebst mein Logo auf dein Trikot“. Sponsoring kann auch bedeuten „Ich stelle dir eine Ausbildungsstelle zur Verfügung, die dir dennoch dein Training ermöglicht“ – genauso wie „Ich engagiere dich, um meinen Mitarbeitern durch Vorträge und Seminare die Werte eines Spitzensportlers zu vermitteln“. Hier gibt es viele Möglichkeiten einer Zusammenarbeit, die bei den Firmen leider oftmals nicht einmal die Chance bekommen angehört zu werden.

Mir ist es einfach wichtig, diese Botschaft an die Unternehmen zu transportieren, denn sonst laufen wir Gefahr, immer mehr große Talente aus der Region zu verlieren.

Ich wünsche mir, dass ich nach dem Karriereende von Carina Bär nicht der einzige Sportler aus der Region bin, der Deutschland bei Olympia vertritt.
Ich wünsche mir, dass unsere Heilbronner Talente in der Region bleiben und hier für Olympia trainieren können.
Ich wünsche mir, dass die Heilbronner Talente gemeinsame Momente bei Olympia erleben dürfen – so wie es bei Carina Bär und mir 2016 in Rio der Fall war.
Ich wünsche mir, dass sich die Unternehmen der Region nicht nur im Teamsponsoring engagieren, sondern auch Einzelsporter unterstützen.
Ich wünsche mir, dass sie durch ihre Unterstützung weitere sportliche Vorbilder schaffen, an denen die jungen Nachwuchs- und Breitensportler aufschauen können – um womöglich selbst einmal zu Vorbildern zu werden.
Euer

Foto: Mirjam Dick