Die Red Devils elektrisieren Heilbronn
Zweimal hintereinander denselben Verein auf die Titelseite zu nehmen, ist für das sportheilbronn-Magazin eigentlich ein No-Go. Doch bei der aktuellen Ausgabe macht der Stadtverband für Sport als Herausgeber mit den RED DEVILS Heilbronn gerne eine Ausnahme – denn die Ringer des SV Heilbronn am Leinbach haben im Januar mit der Finalteilnahme um die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft eine Euphorie ausgelöst, wie es sie im Heilbronner Sport schon viel zu lange nicht mehr gegeben hat.
Fotos: Marcel Tschamke, Marion Stein (1)

Autor: Ralf Scherlinzky



Heilbronn kann Spitzensport! Das haben die Ringer der RED DEVILS mit dem größten Erfolg ihrer Vereinsgeschichte, dem Erringen der Deutschen Vizemeisterschaft, eindeutig unter Beweis gestellt.
Heilbronn lechzt nach Spitzensport! Auch dies wurde durch die Finalteilnahme der RED DEVILS ganz klar ersichtlich. Jeder Heilbronner, der sich auch nur ansatzweise für Sport interessiert, fieberte mit dem Team um Schwergewichtler Eduard Popp mit, als es am 19. und 26. Januar in den beiden Duellen gegen den SV Wacker Burghausen um nichts weniger als den Titel des Deutschen Mannschaftsmeisters ging.
Der Bundestags-Abgeordnete Eberhard Gienger, der vor 38 Jahren mit den Turnern der KTV Heilbronn-Neckarsulm die letzte große Mannschafts-Meisterschaft in die Stadt geholt hatte, grüßte mit einer Videobotschaft aus Berlin. Auch Bahnrad-Olympiasiegerin Kristina Vogel schickte per Video Motivationsgrüße an das Team.
Kaum hatten die RED DEVILS mit einem Sieg in Mainz den Finaleinzug perfekt gemacht, liefen die Telefone und Email-Postfächer heiß. Rund 4.000 Karten hätten die Verantwortlichen verkaufen können, doch die Römerhalle in Neckargartach kam schon mit 1.500 Zuschauern an die Grenzen ihres Fassungsvermögen.
Innerhalb von nur einer Woche stellten die Ringer mit über 80 Helfern ein Event auf die Beine, an das sich die 1.500 Glücklichen, die eines der begehrten Tickets ergattern konnten, noch sehr lange erinnern werden. Dass es an diesem Abend organisatorisch an manchen Stellen etwas holperte – längst verziehen und vergessen! Zu hoch war der Unterhaltungscharakter des Events und die Spannung auf der Matte. Ältere Heilbronner Sportfans zogen ob der Spannung und der Platzknappheit auf den Rängen gar Parallelen zu einem legendären Eishockeyspiel, bei dem der Heilbronner EC anno 1986 gegen Sonthofen erstmalig den Aufstieg in die Zweite Bundesliga geschafft hatte.
Dass den RED DEVILS Heilbronn am Ende nach einer 13:14-Niederlage zuhause und einem 9:12 auswärts in Burghausen der ganz große Wurf verwehrt blieb, ist kein Drama. Im Gegenteil, die Final-Niederlage macht definitiv Lust auf mehr.
Dies erkannten auch die Athleten an. Nach wenigen Minuten der Enttäuschung bewiesen die Vizemeister in der Burghausener Halle gemeinsam mit den rund 100 mitgereisten Fans, dass sie durchaus schon meisterlich feiern können. Die Aussage des Abends kam dann auch von einem staunenden Burghausener Fan namens Felix, der Folgendes zu Protokoll gab: „Man muss den RED DEVILS größten Respekt dafür zollen, wenn man zwar nur Vizemeister wird, dann aber mehr feiert als unsere Burghausener Meister. So eine faire und tolle Mannschaft – überragend!“
Nach Monaten der Entbehrungen, des Gewichtmachens und des harten Trainings hatten es sich die Ringer mehr als verdient, dass sie die Nacht im Oberbayerischen Grenzort zum Tag machten.
„Aufstieg dank Ligareform – Ringer müssen in die Bundesliga“, so hatte einst eine Headline in Ausgabe 3 des sportheilbronn-Magazins gelautet. Die RED DEVILS haben aus dieser einstigen Not schon lange eine Tugend gemacht!
Heilbronn freut sich schon jetzt auf den Beginn der „Mission Titelgewinn“ im September.


Michèle Rauhut: Erfüllung eines Traums mit 45
Auch wenn seine beiden Finaleinsätze statt zwölf nur etwas mehr als sechseinhalb Minuten gedauert haben, war Michèle Rauhut nach dem Ende des zweiten Finalkampfs in Burghausen vermutlich der glücklichste Ringer auf Seiten der RED DEVILS.
„Schon mit der Tatsache, dass ich im ersten Finale in der Römerhalle vor dieser gewaltigen Kulisse auf der Matte stehen durfte, hat sich für mich ein lange gehegter Traum erfüllt“, strahlt der 45-Jährige, den bei den RED DEVILS alle nur Miki nennen. „Dass ich dann aber auch noch in Burghausen ringen durfte, wo viele alte Freunde und ehemalige Mannschaftskameraden dabei waren, das war der Hammer.“
Obwohl der Karosserie- und Fahrzeugbauer zwischen 1993 und 2011 schon jeweils drei Jahre in Aalen, Dewangen und Untergriesbach in der Bundesliga gerungen hatte, stellt die nun abgelaufene Saison alles in den Schatten:
Dass ich mit meinem Heimatverein Heilbronn überhaupt in der ersten Bundesliga ringen durfte, ist top. Dann aber auch noch Teil eines Teams mit solchen fantastischen Ringern wie Frank Stäbler, Eddi Popp und Pascal Eisele zu sein, ist einfach unglaublich.“
Dass für ihn gegen die Burghausener Ausnahmeringer Magomedmurad Gadzhiev und Cengizhan Erdogan nichts zu holen war, war Miki Rauhut von vorneherein bewusst. „Aber es gibt eben seit dieser Saison die Regel, dass ein Team bei einem Kampf auf alle zehn Ringer nur 28 Handicap-Punkte verteilen darf. Und da ich als Eigengewächs minus zwei Punkte zähle, stelle ich mich gerne in den Dienst der Mannschaft, damit wir in einer anderen Klasse einen starken Ausländer mit mehr Punkten einsetzen können “, so der Freistil-Spezialist, der 2011 im Alter von 38 Jahren in Albanien Veteranen-Weltmeister geworden war.
Auch für die kommende Saison könnte sich der 66kg-Athlet gut vorstellen, nochmal die Ringerstiefel für die RED DEVILS zu schnüren.
Seine Hauptaufgabe im Verein sieht er jedoch darin, die Geschwister Alexander (20) und Jasmin Jakob (16) zu trainieren. „Beide sind große Talente und wir konnten schon tolle Erfolge zusammen feiern. Alex wurde Württembergischer Meister bei den Männern und gewann Bronze bei der Deut-schen Junioren-Meisterschaft, und Jasmin wurde nach eineinhalb Jahren Pause auf Anhieb Deutsche Vizemeisterin bei den Juniorinnen. Die beiden machen mir richtig Spaß“, sagt der stolze Trainer Michèle Rauhut.

