Dan Morse + Maddison Spude: US-Paar belebt gleich drei Vereine

Plötzlich waren sie da: Der hauptamtliche Nachwuchstrainer bei den Schwimmern der Sport-Union Neckarsulm, der „Kleiderschrank“ im Lacrosse- Team der TSG Heilbronn, die Abräumerin im defensiven Mittelfeld bei den Damen des VfR Heilbronn. Dan Morse (32) und Maddison Spude (28) kamen Anfang 2021, mitten im Lockdown, aus den USA in die Region. Erst mussten sie sich für ein paar Monate in ihrer Wohnung in Erlenbach verschanzen. Dann, als die Freiheiten wieder zurück kamen, gab es kein Halten mehr. Das aktive Paar aus Arizona zog hinaus auf die Sportplätze und in die Hallen der Region und holte alles nach, was es in der Anfangszeit versäumte. Dan geht mit Feuereifer seinem Job als Schwimmtrainer nach und spielt in seiner Freizeit Lacrosse, Maddi jagt für den VfR dem Ball nach und beide erkunden gemeinsam die Region. Wir haben uns mit den beiden zum Rundgang durch die Heilbronner Innenstadt getroffen, um ihre Geschichte zu hören…

Autor: Ralf Scherlinzky

18. November 2021

Ihr habt im Januar 2021 den Schritt über den „großen Teich“ gemacht – ausgerechnet in einer Zeit, in der sich ganz Deutschland im Lockdown befand. Wie kam es dazu?
Dan Morse:
Ich habe im Spätjahr 2020 von der Sport-Union Neckarsulm das Angebot bekommen, als Schwimmtrainer nach Deutschland zu gehen. Das war so reizvoll, dass ich eigentlich nicht anders konnte als es anzunehmen. Als ich Maddi gefragt habe, ob sie mitkommt, hat sie spontan ja gesagt. In einer Phase in ein neues Land zu kommen, in der gerade gar nichts geht, hört sich nicht unbedingt prickelnd an…
Maddi Spude: Stimmt, die ersten Monate waren tatsächlich langweilig und es gab Phasen, da haben wir uns gefragt, was wir hier eigentlich machen. Zudem hatten wir uns im April dann auch tatsächlich mit Covid angesteckt, was uns noch mehr eingeschränkt hat. Wir wissen bis heute nicht, woher wir es hatten, weil wir ja die ganze Zeit daheim waren und uns an alle Regeln gehalten haben.

Dan Morse: Der Anfang war besonders für Maddi schwierig, da sie in Arizona ihre Familie, ihre Hunde, ihren Job und ihre Freunde zurück lassen musste. Für mich war es eigentlich gar nicht so schlimm. Ich komme ursprünglich aus Rhode Island und meine Familie lebt in der Nähe von Boston. In Arizona war ich genauso weit weg von zuhause wie ich es jetzt in Deutschland bin. Aber es stimmt natürlich schon, die Anfangsmonate waren hart, zumal ich meinen Job nicht gleich antreten konnte. Inzwischen liegt diese Phase hinter uns.

Wie sieht dein Job als Schwimmtrainer der Sport-Union Neckarsulm jetzt genau aus?
Dan Morse:
Ich habe zwei Aufgabengebiete. Zum einen assistiere ich Headcoach Matt Magee bei unserem Topteam und arbeite dort auch mit unseren Olympia-Schwimmern. Zum anderen bin ich Headcoach bei den Junioren und trainiere die 14- bis 19-jährigen Talente. Meine Aufgabe ist es, die Kids an das Topteam heranzuführen. Das beginnt dabei, dass ich die jungen Jahrgänge fit für das Juniorenteam mache, und endet damit, dass wir die Älteren auf internationales Niveau bringen. Da ich im Topteam assistiere, weiß ich genau, welche Tugenden dort gefordert sind. Wichtig ist mir bei meiner Arbeit, dass die Kids Spaß haben. Deshalb mache ich beim Training auch viel Blödsinn. Denn mit Spaß trainiert es sich viel leichter. Mir ist es auch generell wichtig, dass die Jugendlichen sich selbst nicht so viel Druck machen. Wenn ein 14-Jähriger um 20 Uhr das Schwimmbecken verlässt, soll er nicht mehr an den Schwimmsport, sondern an Schule, Freunde und wenn‘s sein muss auch an die Spielkonsole denken – wie jeder andere Jugendliche auch. In dieser Altersgruppe ist es mir wichtig, ihnen solche Werte beizubringen – schnell zu schwimmen kommt dann fast von allein.

Und du denkst an Lacrosse, wenn du die Schwimmhalle verlässt?
Dan Morse:
So ungefähr. Ich habe montags und donnerstags Lacrosse- Training. Dort gebe ich alles fürs Lacrosse und denke dabei nicht ans Schwimmen. Ich treffe beim Training meine Freunde und wir trinken nach dem Training noch ein gemütliches Bierchen. Lacrosse hat mir dabei geholfen, mich auch abseits des Jobs hier schnell einzugewöhnen und Leute kennenzulernen. Der Sport ist dafür ein guter Katalysator.

Wie bist du auf das Lacrosse-Team der TSG Heilbronn gestoßen? Die meisten Heilbronner wissen nicht mal, dass es hier Lacrosse gibt. Hattest du daheim schon gespielt und gezielt gesucht?
Dan Morse:
Lacrosse ist zwar in den USA eine große Sache und ich habe schon fast jede Sportart ausprobiert, aber um zum ersten Mal Lacrosse zu spielen, musste ich tatsächlich 32 Jahre alt werden und nach Deutschland ziehen.

Maddi Spude: Das kam so zustande, dass jemand von der TSG mich über Instagram angeschrieben und gefragt hat, ob ich gerne bei ihnen Lacrosse spielen würde. Zu der Zeit war ich aber schon beim VfR und hätte dort am gleichen Tag Training gehabt, Also habe ich geantwortet, dass ich zwar nicht kann, dass mein Freund aber Interesse hätte. Als sie hörten, dass er 196 cm groß ist, haben sie ihn quasi ungesehen ins Team genommen, denn mit seiner Größe und Reichweite kann er alles aus dem Weg räumen, was kommt… (lacht)

Und wie bist du zur Damenmannschaft des VfR Heilbronn gekommen?
Maddi Spude:
Ich helfe bei der Corona-Teststation eines Kindergartens aus, und dort bin ich mit einer Kollegin ins Gespräch gekommen. Ich habe ihr erzählt, dass wir viel Netflix schauen und noch kaum soziale Kontakte haben. Da meinte sie, ich solle doch einfach mal mit ihr zum Training kommen. Ich hatte vor langer Zeit in der Highschool Fußball gespielt und dachte mir, wieso nicht… Beim Training hat sich dann herausgestellt, dass ich wohl nicht mal so schlecht bin, denn ich habe es

sofort ins Team geschafft. Es ist schon cool, beim VfR als Teil eines komplett neuen Teams Geschichte zu schreiben. Wir sind eine ambitionierte Truppe, die etwas erreichen möchte. Das Fußballspielen in diesem Team macht mir unheimlich Spaß und auch ich habe hier Freunde kennengelernt. Inzwischen besuchen wir mit dem Team Dans Lacrosse- Spiele und Dan kommt mit seinen Leuten zu uns zum Fußball.

Wenn ihr jetzt so gut integriert seid, wie schaut es dann mit euren Deutschkenntnissen aus?
Maddi Spude:
Die sind leider noch nicht wirklich vorhanden. Ich habe jetzt einen Deutschkurs begonnen und kann zumindest mal sagen, wie ich heiße, wo ich wohne und woher ich komme, aber das war es dann auch so ziemlich. Da im Team aber eigentlich nur Deutsch gesprochen wird, verstehe ich inzwischen einiges…
Dan Morse: Ich spreche bisher nur „Schwimm- und Lacrosse-Deutsch“ und kann mir ein Bier bestellen. Im Training spreche ich mit den Kids Englisch und die scheinen das recht gut zu verstehen. Ich hoffe nur, ich versaue ihnen mit meinem Boston-Akzent ihr Schulenglisch nicht (lacht). Trainingspläne und andere Anweisungen lasse ich durch ein Übersetzungsprogramm laufen.

Maddi, wenn man deinen Instagram-Account @lifeof_maddimae aufruft, findet man ein Video, in dem du ausführlich über zwei Autoimmunkrankheiten sprichst, mit denen du dich seit ein paar Jahren herumschlägst. Erzähl mal, was steckt hier dahinter?
Maddi Spude:
Als ich 23 Jahre alt war, wurde bei mir – zusätzlich zu meinem Asthma – sowohl rheumatische Arthritis als auch Hashimoto-Thyreoiditis diagnostiziert. Während Rheuma hinlänglich als chronische Gelenkentzündung bekannt und verbreitet ist, kennen nur wenige Hashimoto. Diese Erkrankung führt zu einer chronischen Entzündung und in manchen Fällen zu einer Unterfunktion der Schilddrüse. Eines der Symptome sind, wie bei Rheuma, Gelenkschmerzen. Gleich zwei solche Krankheiten zu haben, die auf die Gelenke gehen, ist nicht wirklich angenehm. Als das alles diagnostiziert wurde, habe ich mir erstmal ein gutes Jahr lang selbst leid getan, ehe ich wieder nach vorne geschaut habe.

Behindern dich die Krankheiten bei deinen sportlichen Aktivitäten?
Maddi Spude:
Im Großen und Ganzen habe ich es im Griff. Ich habe gelernt, auf meinen Körper zu hören. Ich weiß, wenn ich mich trotz Schmerzen zu sehr pushe, muss ich es büßen. Deshalb schalte ich einen Gang zurück, wenn die Gelenke anschwellen und die Schmerzen kommen. Ein Arzt hat mir den Tipp gegeben, dass sich diese Krankheiten über die Ernährung gut steuern lassen, und das funktioniert tatsächlich. Ich esse zum Beispiel keine Nudeln, keine Eier und kein Brot, muss im Gegenzug dann aber auch keine Tabletten schlucken. Die nehme ich erst, wenn es nicht mehr anders geht. Mit meinem Video und den diversen Posts zu den Krankheiten in Instagram möchte ich anderen Betroffenen zeigen, dass man auch mit diesen Autoimmunerkrankungen ein aktives Leben führen kann.