Dafina Redzepi: Fußball-Supertalent aus Heilbronn

Ihr Name ist in der Welt des Frauenfußballs wohl den meisten ein Begriff. Die 16-jährige Dafina Redzepi wird von den Medien als DAS deutsche Fußball-Supertalent bezeichnet. In der Nachwuchsakademie der TSG Hoffenheim ist sie als einziges Mädchen eine feste Größe im Team der männlichen U16. Als Kapitänin der U16-Nationalmannschaft und Mitglied des U17-Nationalteams führte der Weg für die Heilbronnerin steil nach oben, ehe ihr sportlicher Aufstieg im Sommer 2020 von einem Kreuzbandriss jäh angehalten wurde. Wir haben uns mit der offensiven Mittelfeldspielerin bei einem gemeinsamen Spaziergang über die Tartanbahn des Frankenstadions über ihre sportliche Laufbahn, ihre Knieverletzung und ihre Ziele unterhalten und dabei festgestellt: Das „Supertalent“ ist super bodenständig.

 

Autor: Lena Staiger

26. Mai 2021

Dafi, du hast von den Medien den Stempel „Supertalent“ oder „Ausnahmetalent“ aufgedrückt bekommen. Wie gehst du damit um?

Dafina Redzepi: Ich selbst sehe mich nicht als Ausnahmetalent, das kommt von außen. Klar kommt damit auch ein gewisser Druck auf, Leistung bringen zu müssen. Aber ich versuche, mich dadurch nicht beeinflussen zu lassen. Was die Außenwelt von mir denkt, hat mich schon immer ziemlich wenig interessiert. Ich will einfach so gut wie möglich Fußball spielen.

Wie und in welchem Alter bist du zum Fußball gekommen?

Dafina Redzepi: Mein Vater war Trainer beim damaligen FC Heilbronn und hat dort auch meinen Bruder trainiert. Ich habe ihn dann mit ca. vier Jahren ins Training begleitet und wollte unbedingt mitspielen. Mein Vater war davon anfangs nicht so begeistert, da er Angst hatte, dass ich mir wehtun könnte. Es wurde dann relativ schnell klar, dass ich ein gewisses Talent habe, und ich durfte meine ersten Hallenturniere mit den Jungs spielen. Am Anfang stand ich sogar mal im Tor (lacht).

Bist du dann bei den Jungs geblieben oder hast du angefangen, in einer Mädchenmannschaft zu spielen?

Dafina Redzepi: Nein, ich bin bis heute in einer Jungsmannschaft. Bei der U10 gab es in Hoffenheim einen Sichtungstag, zu dem ich eigentlich nur wegen meines Bruders mitgekommen bin. Meine Leistungen haben aber scheinbar überzeugt und sie wollten mich dort weiter aufbauen und fördern. Damals wusste ich gar nicht, dass Mädchen auch bei den Jungs mitspielen dürfen. Ab nächstem Jahr soll es für mich in die zweite Hoffenheimer Frauen-Mannschaft gehen. Dort werde ich dann für die erste Mannschaft und die Bundesliga aufgebaut.

Wie weit ist für dich der Weg bis in die Bundesliga noch?

Dafina Redzepi: Ich muss auf jeden Fall im Athletikbereich noch weiter an mir arbeiten. Vor allem die Schnelligkeit wird da mein Fokus sein. In der Bundesliga sind auch viele sehr erfahrene Spielerinnen dabei, die schon in der Champions League gespielt haben. Da muss man natürlich erstmal hinkommen. Vielleicht ist es für mich auch ein Vorteil, dass ich bisher immer mit Jungs gespielt habe…

Du warst ja inzwischen sogar Kapitänin der U16-Nationalmannschaft. Wie kam es dazu?

Dafina Redzepi: Das war schon immer ein Traum von mir. Ich habe damals in der ersten Klasse in mein Tagebuch geschrieben, dass ich mal Fußballerin werden möchte. Das habe ich sogar noch daheim liegen (lacht). Ich wurde damals beim Länderpokal gesichtet und durfte zum Nationalmannschaftslehrgang. Nach ein paar weiteren Lehrgängen wurde ich dann für mein erstes Länderspiel nominiert, bei dem ich gleich nach meiner Einwechslung drei Tore gemacht habe. Das war natürlich super.

Und dann kam deine Verletzung. Was ist da genau passiert?

Dafina Redzepi: Die Verletzung ist im letzten August während unseres ersten Testspiels nach der Coronapause passiert. Es hat geregnet und der Ball wurde von außen reingeflankt. Mir ist dann ein anderer Spieler seitlich reingerutscht und es hat einmal laut „knacks“ in meinem Knie gemacht. Mein erster Gedanke war „Oh nein, das kann es jetzt nicht gewesen sein, wir spielen doch gerade erst sechs Minuten!“ Obwohl mein Knie schon zu diesem Zeitpunkt total instabil war, wollte ich dann aus falschem Ehrgeiz heraus weitermachen. Beim nächsten schnellen Antritt hat es noch zweimal geknackt und ich lag am Boden.

Das hört sich nicht gut an. Wie war die Diagnose?

Dafina Redzepi: Die Ärzte meinten, dass in dem Knie wahrscheinlich alles kaputt war. Zum Zeitpunkt der Operation war vieles schon wieder geheilt. Dadurch mussten sie nur das Kreuzband operieren, der Rest ist von alleine verheilt. Der Meniskus, die Außenbänder und so weiter sind zum Glück okay. Danach stand dann wohl erstmal Reha an.

Wie geht es deinem Knie jetzt?

Dafina Redzepi: Jetzt geht es dem Knie eigentlich schon ganz gut, nur die Streckung lässt noch ein bisschen zu wünschen übrig und die Bewegungen sind noch nicht wieder ganz so flüssig. Die Rehazeit war ziemlich hart und ich habe mir oft die Frage gestellt, ob das überhaupt wieder wird. Da weint man dann auch viel. Auch die Reaktionen in meinem Umfeld waren unterschiedlich. Manche haben Druck aufgebaut und meinten, ich muss es unbedingt schaffen, andere wollten, dass ich mir Zeit lasse. Auf jeden Fall habe ich in dieser Zeit gelernt, was gut für mich und meinen Körper ist. Die Verletzung hat also auf jeden Fall auch etwas Positives.

Wer hat deine Reha betreut und wie ist das Ganze abgelaufen?

Dafina Redzepi: Ich wurde komplett von Hoffenheim betreut. Am Anfang nach der OP habe ich natürlich viel Physiotherapie und vor allem Lymphdrainage bekommen. Nach einem Monat ungefähr bin ich dann fünf Mal pro Woche nach Hoffenheim ins Rehatraining gefahren. Durch Corona habe ich im Moment den Luxus, dass mich ein Shuttle morgens daheim abholt und nach dem Training wieder zurückbringt. Dafür bin ich wirklich dankbar. Neulich war ich zur Nachuntersuchung in Köln, wo ich auch operiert wurde, und aus medizinischer Sicht gibt es nichts mehr zu meckern. Das Knie sehe „perfekt“ aus. Der Plan ist jetzt, die Muskulatur wieder aufzubauen und zu stärken. Danach kann ich ganz langsam wieder ins normale Training einsteigen. In zwei bis höchstens dreieinhalb Monaten sollte ich wieder fit sein, rechtzeitig zum Saisonstart also. Im Moment bereite ich mich aber auch noch auf meine anstehende Abschlussprüfung in der Schule vor.

Das ist in der aktuellen Situation ja bestimmt auch nicht leicht. Was sind deine Pläne nach der Schule? Strebst du langfristig eine Ausbildung oder ein Studium an?

Dafina Redzepi: Ja, im Moment ist alles ein bisschen kompliziert. Ich besuche die Helene-Lange-Realschule und schließe dort dieses Jahr mit der mittleren Reife ab. Danach möchte ich noch das Fachabi machen. Nach der Schule ist der Plan, mich voll auf den Fußball zu konzentrieren, das möchte ich professionell betreiben. Natürlich muss man gut einschätzen können, ob man es als Profi schaffen kann. Meiner Meinung nach habe ich dafür auf jeden Fall das Zeug, wenn ich Gas gebe. Ich trainiere teilweise an die zehn Einheiten die Woche, ich will es wirklich unbedingt schaffen.

Mit deinen 17.000 Followern auf Instagram und mit Nike als Sponsor bist du ja schon auf einem guten Weg in den Profibereich.

Dafina Redzepi: Ja das stimmt, ich schätze die Partnerschaft mit Nike wirklich sehr. Ich werde supergut ausgerüstet und darf immer die neuesten Schuhmodelle und Kleidung tragen. Mir ist es auch wichtig, Freunden oder anderen Spielern, die nicht so viel haben oder sich nicht so viel leisten können, etwas davon abzugeben. Andere Leute verkaufen ihre Sachen heimlich, aber ich verschenke meine lieber. Das Thema Instagram hat sich so nebenbei entwickelt. Den Kanal betreue ich komplett selbst. Ab und zu hole ich mir mal einen Rat von meinem Spielerberater. Aber es ist schon wirklich toll zu sehen, wie viele Leute einen supporten.

Wie bist du an deinen Spielerberater gekommen?

Dafina Redzepi: Da muss man tatsächlich ein bisschen aufpassen. Viele Spielerberater, die auf einen zukommen, sehen nur das große Geld. Mit Christian Timm habe ich einen Berater an meiner Seite, der selbst Profi war und bei dem alles auf einer Vertrauensbasis aufbaut. Er hat mich auch in der Zeit meiner Verletzung sehr unterstützt und ist mit mir zum Beispiel Rehaübungen durchgegangen.

Wie geht ihr in Hoffenheim mit dem Thema Corona um? Als Kaderspielerin darfst du ja trainieren…

Dafina Redzepi: Wir hatten ganz am Anfang der Pandemie auch eine Zwangspause. Zu dieser Zeit durfte ja wirklich niemand trainieren, auch keine Kaderathleten. Das war schon schwer für mich, vor allem weil es davor so gut lief. Gefühlt bin ich gerade richtig durchgestartet in der Nationalmannschaft und dann kam der Lockdown. Wir haben in der Zeit dann Trainingspläne für daheim bekommen und per Videocall gemeinsam trainiert. Jetzt dürfen wir wieder normal in Hoffenheim trainieren und vor Spielen werden wir getestet. Ich hatte auch schon Corona…

Wie war das für dich? Merkst du heute noch etwas davon?

Dafina Redzepi: Damals hatte ich ein bisschen Probleme mit der Atmung und hatte Husten. Außerdem habe ich eine Zeit lang nichts geschmeckt oder gerochen, aber das kam zum Glück recht schnell wieder. Heute merke ich von der Infektion Gott sei Dank nichts mehr, ich habe weder ein verringertes Lungenvolumen noch einen Leistungsabfall.

Was sind sportlich gesehen deine Ziele und Träume?

Dafina Redzepi: Ich will mich weiterentwickeln und in der Bundesliga und der Champions League spielen. Natürlich ist es auch mein Ziel, irgendwann in die Frauennationalmannschaft aufgenommen zu werden und für Deutschland spielen zu dürfen. Ein Traum wäre für mich auf jeden Fall, für Lyon oder Paris auflaufen zu dürfen.