Cricket beim SSV Klingenberg: Eine Randsportart möchte sich etablieren

Cricket in Heilbronn??? Auch wenn wir die regionale Sportszene eigentlich bestens kennen, wussten wir bis vor kurzem nicht, dass die Sportart, die sich vor allem in Nationen wie England, Indien, Südafrika und Australien hoher Beliebtheit erfreut, auch in Heilbronn ansässig ist. Als wir erfahren haben, dass es beim SSV Klingenberg eine Cricket-Abteilung gibt, sind wir gleich losgezogen, um eine Sportart kennenzulernen, die in Deutschland noch weitgehend unbekannt ist und gerade erst so richtig ankommt.

Die erste Mannschaft des SSV Klingenberg vor ihrem Heimsieg gegen Ludwigsburg.

Fotos: Seventyfour.sport

Autor: Ralf Scherlinzky

10. August 2022

„Es gibt uns tatsächlich schon seit 2013“, klärt uns Sajjad Amanat auf. Der Abteilungsleiter des SSV Klingenberg berichtet, wie die erste Mannschaft in der Saison 2017/18 als bestes Team in Baden-Württemberg in die Cricket-Bundesliga aufgestiegen ist. „Dort haben wir dann gespielt, bis wir aufgrund von Spielermangel aussteigen mussten.“

Inzwischen ist der SSV Klingenberg wieder zurück, spielt in der zweitklassigen Regionalliga Südwest und liebäugelt mit dem Wiederaufstieg in die Bundesliga. Aktuell bestehen die beiden Teams zusammen aus rund 40 Spielern, von denen die meisten aus Indien, Pakistan, Afghanistan, Sri Lanka und Südafrika stammen. Alle hatten bereits in ihrer Heimat Cricket gespielt und sind nun wieder auf den Geschmack gekommen. Teils wohnen die Spieler außerhalb von Heilbronn und nehmen über 50 Kilometer weite Anfahrtswege in Kauf, um zum Training zu kommen.

„Im nächsten Schritt“, verrät Sajjad Amanat, „möchten wir unseren kleinen Personenkreis erweitern und mit unserem tollen Sport auch die Einheimischen erreichen. Unser Ziel ist es, eine U19- und eine Frauenmannschaft zu gründen. Dafür wollen wir unter anderem Schulen besuchen, um unseren Sport vorzustellen.“

Auch ein richtiges Cricketfeld fehlt momentan noch. Behelfsmäßig spielen die Teams auf dem Fußballplatz des SSV Klingenberg. Ein Cricketfeld sollte jedoch rund doppelt so groß sein. Außerdem bräuchte man eine feste, 20 Meter lange und drei Meter breite Laufbahn für die Schlagmänner in der Mitte des Feldes. Auf dem Fußballplatz trägt man dafür vor jedem Ligaspiel 20-25 Holzplatten auf das Spielfeld, auf denen eine dicke Kokos- oder Kunststoffmatte befestigt wird. „Vorübergehend kann man so spielen, aber dauerhaft ist das keine Lösung“, so Sajjad Amanat.

Beim Cricket gibt es zwei Mannschaften à elf Spieler – die Schlagmannschaft und die Feldmannschaft. Von der Schlagmannschaft sind in der ersten Spielhälfte immer nur zwei Spieler gleichzeitig auf dem Feld. Diese stehen sich gegenüber und versuchen, den Ball möglichst weit wegzuschlagen, damit sie Punkte machen können. Die Feldmannschaft steht verteilt über das Feld und versucht, den Ball so schnell wie möglich wieder in die Mitte des Spielfelds zurück zu transportieren. Zur Feldmannschaft gehört auch der Werfer, der den Ball in Richtung Schlagmann wirft und versucht, das sogenannte Wicket (eine Konstruktion aus drei Längs- und zwei Querstäben) zu treffen. Während der Ball noch nicht wieder in der Mitte angekommen ist, tauschen die Schlagmänner ihre Plätze. Es gibt verschiedene Szenarien, weshalb ein Schlagmann den Platz verlassen und durch einen neuen ersetzt werden muss. Zum Beispiel, wenn ein Feldspieler den geschlagenen Ball direkt fängt oder der Ball wieder in der Mitte ist, bevor die beiden Schlagmänner ihre Plätze getauscht haben. Das nennt man dann „Out“. Die wichtigste Art des „Out“ für einen Batsman ist, wenn er den geworfenen Ball nicht trifft und der Ball daraufhin das Wicket berührt. Wenn zehn von elf Schlagmännern den Platz verlassen mussten, ist die Halbzeit vorzeitig beendet und die Mannschaften tauschen: Die Schlagmannschaft wird zur Feldmannschaft und umgekehrt.

Cricket steht in dem Ruf, dass die Spiele eine Ewigkeit dauern können. Dies ist auch tatsächlich so, doch hat man in Deutschland das Format für Ligaspiele inzwischen angepasst. Die Spiele dauern so noch ungefähr drei bis dreieinhalb Stunden.