Corona verstärkt Suchtmittelkonsum – 2022 soll DROGENfrei werden

Zur Schule gehen, Freunde treffen, im Verein Sport treiben – das alles war in den letzten beiden Jahren duch die Pandemie kaum möglich. Das Leben von Kindern und Jugendlichen verlagerte sich zwangsweise zum Online-Unterricht vor die Bildschirme in den heimischen Kinderzimmern.Von dort war der Weg zum exzessiven Surfen, Streamen oder Gaming nicht mehr weit. Die soziale Isolation führte in vielen Fällen nicht nur zum verstärkten Konsum von digitalen Suchtmitteln, sondern führte so manche Jugendlichen auch zu legalen Drogen wie Alkohol oder Tabak. Um diesen Tendenzen entgegenzuwirken, hat nun der FC Union Heilbronn gemeinsam mit der Jugend- und Suchtberatung Heilbronn das Projekt „DROGENfrei“ ins Leben gerufen. Wir haben uns mit den Hauptakteuren Franz Abfalder, Can Kara (1. Vorsitzender FCU) und Rouven Siegele (Jugend- und Suchtberatung) zusammengesetzt, um mehr über diese vorbildliche Aktion zu erfahren.

Autor: Ralf Scherlinzky

21. Februar 2022

„Mich hat ein befreundeter Unternehmer darauf angesprochen, dass er durch Corona ein verstärktes Suchtverhalten bei Jugendlichen festgestellt hat“, berichtet Franz Abfalder. „Er fragte mich, ob ich mich des Themas annehmen könnte, wenn er meine Aktivitäten finanziell unterstützt.“

Mitstreiter hatte der rührige Rentner schnell in Rouven Siegele und Can Kara gefunden. „Unser Hauptansatz für Suchtprävention und Gesundheitsförderung bei Jugendlichen lag bisher vor allem im Schulbereich. Zu Vereinen hatten wir wenige Kontakte. Insofern mussten wir nicht groß überlegen, als Franz angefragt hat“, erzählt Rouven Siegele von der Jugend- und Suchtberatung Heilbronn.

Auch FC Union-Vorstand Can Kara musste nicht zur Mitarbeit überredet werden: „Ich habe selbst drei Kinder, die durch die Pandemie lange daheimbleiben und ihre Tage vor dem Bildschirm verbringen mussten, sei es für die Schule oder aber auch bei der Kommunikation mit ihren Freunden. Bei den Jugendlichen so ab 17 Jahren beobachte ich verstärkt, dass das Thema Shisha oder auch Muskelaufbau-Präparate, um athletisch und fit zu bleiben, eine große Rolle spielt. Deshalb war uns klar, dass wir mit an Bord sind.“

Da das Thema Sucht negativ behaftet ist und noch weitgehend tabuisiert wird, möchten die Organisatoren den Verein als Katalysator nutzen, um Jugendliche zu erreichen. „Wir werden einzelne Trainingseinheiten durch Infoveranstaltungen ersetzen, bei denen wir die Sportlerinnen und Sportler, aber auch deren Eltern und Trainer sensibilisieren“, so Can Kara. „Es geht nicht darum, jemanden belehren zu wollen und mit dem Finger auf ihn oder sie zu zeigen. Vielmehr möchten wir die Teilnehmer schulen, damit sie Signale erkennen, falls Personen ihres Umfeldes Auffälligkeiten in ihrem Verhalten aufweisen.“

Es gebe eine hohe Dunkelziffer im Bereich der legalen Süchte, betont Rouven Siegele. „Man kann über lange Zeit hohe Mengen an Alkohol konsumieren, ohne dass es bemerkt wird. Aber irgendwann wird es einfach am Verhalten sichtbar – und je früher jemand die Signale erkennt, desto besser kann man noch eingreifen. Man redet beim Thema Sucht meist nur vom Ende der Entwicklung. Viele unserer Klienten in der Beratungsstelle kommen schon unter Gerichtsauflagen zu uns. Wir möchten aber erreichen, dass es gar nicht erst so weit kommt.“

Bei der Aktion „DROGENfrei“ gehe es nicht darum, dass die Vereine womöglich ein größeres Drogenproblem haben, so Can Kara. „Im Gegenteil, durch das Projekt möchten wir erreichen, das dies auch künftig so bleibt.“

Man wolle sich als kompetenter Ansprechpartner positionieren, falls es irgendwann zu einem Problem kommen sollte, sagt auch Rouven Siegele. „Und wenn der Fall dann doch mal eintritt, dann soll man sich an uns als die Leute erinnern, mit denen man normal sprechen kann und die einen nicht mit erhobenem Zeigefinger belehren.“

Im Stadion an der Böckinger Viehweide prangt bereits seit dem Herbst ein großes DROGENfrei-Banner, die erste Mannschaft des FC Union Heilbronn trägt bei den Spielen das Logo der Aktion auf der Brust.

„Der FCU ist jetzt der Pilotverein, mit dem wir das Konzept nach und nach zum Leben erwecken. Wenn hier einige Maßnahmen umgesetzt sind, möchten wir natürlich auch andere Vereine dazugewinnen. Wir haben mit dem FC Union den ersten Stein ins Wasser geworfen, aus dem nun eine Welle entstehen soll. Wir wollen etwas bewegen und für den Stadt- und Landkreis ein Zeichen setzen“, verrät Franz Abfalder.