ANPFIFF HEILBRONN – FC Union blickt über den Tellerrand hinaus

Fußballnovum in Heilbronn: Als neuester Standort für das erfolgreiche Projekt „Anpfiff ins Leben“ wurde nun auch die Käthchenstadt auserkoren. Als externer Ableger will der Verein in Kooperation mit der Dieter Schwarz-Stiftung den FC Union Heilbronn unter dem Namen „Anpfiff Heilbronn“ fördern. Die sportheilbronn-Redakteure Benjamin Krek und Ralf Scherlinzky trafen sich mit dem neuen Vorstand des FC Union, um sich über die Ziele und Intentionen des Projekts zu unterhalten. Dabei standen ihnen Werner Schmidt (1. Vorsitzender), Jasmin Herrmann (2. Vorsitzende), Patricia Brüggemann (Finanzen), Can Kara (Jugend), Markus Junker (Sportlicher Leiter), sowie Projektkoordinator Dominik Hager Rede und Antwort.

Autor: Benjamin Krek

31. Januar 2020

Jeder ambitionierte Jugendfußballer träumt doch insgeheim von nur einer Sache: Sich eines Tages mit der Crème de la Crème des Profifußballs messen zu dürfen. Dass das Konzert der Großen dabei eine nahezu unerreichbare Vision darstellt, wollen sich jedoch nur die Wenigsten eingestehen. So fokussieren sich viele Nachwuchstalente vermehrt auf die sportliche als auf die schulische Ausbildung.

Um dieser Problematik entgegenzuwirken, wurde im Jahr 2001 die Organisation „Anpfiff ins Leben“ gegründet. Der von Dietmar Hopp ins Leben gerufene Verein bietet nicht nur Nachwuchs-Kickern, sondern auch Sportlern aus der gesamten Rhein-Neckar Region die Möglichkeit, ihre schulischen Defizite durch vom Verein gestellte Lernbegleiter zu verbessern. Dadurch will „Anpfiff ins Leben“ den Athleten den Einstieg in die Berufswelt erleichtern. Das Projekt basiert dabei auf dem Grundkonstrukt der vier Säulen Sport, Schule, Beruf und Soziales. Von diesem System profitieren bereits seit geraumer Zeit namhafte Vereine wie die TSG 1899 Hoffenheim, die Jungadler Mannheim oder auch die Rhein-Neckar Löwen.
Dass nun der FC Union Heilbronn in diesen erhabenen Kreis aufgenommen wurde, ist insbesondere den Bemühungen Werner Schmidts zu verdanken. Damals noch in der Funktion des zweiten Vorsitzenden, wandte sich der Routinier in Briefform im Juli 2018 an die Schwarz-Stiftung. „Da habe ich einfach einen Brief losgelassen, in dem ich unsere Philosophie dargelegt habe, wie wir die Jugendarbeit sehen, was wir uns vorstellen und ob da nicht Möglichkeiten einer Kooperation bestünde. Und dann kam ein paar Wochen später die Antwort“, erinnert sich der mittlerweile zum ersten Vorsitzenden aufgestiegene Schmidt an den ausschlaggebenden Prozess.

Auf die unverhofft positive Rückmeldung folgte ein Gespräch auf das andere, und plötzlich waren die Kicker des FC Union Teil des ambitionierten Projekts. „Jetzt sind wir dabei und versuchen, alles Punkt für Punkt nach vorne zu treiben“, freut sich Schmidt auf die anstehende Herausforderung. Der Startschuss in eine bessere Zukunft erfolgte hierbei bereits am 1. Juli 2019. Das inoffizielle „Ende“ hingegen ist drei Jahre später angesetzt. Nach diesen drei Jahren ist es das Ziel, dass der Verein „Anpfiff Heilbronn“ das Erfolgskonzept mit weiteren, neuen Partnern fortführt und somit gleichzeitig eine „Andockstation“ für andere, sportartübergreifende Vereine bildet.

Bis dahin gilt es jedoch, das Konzept auf bestmöglichem Wege umzusetzen. So liegt das Hauptaugenmerk bei „Anpfiff Heilbronn“ im ersten Projektjahr neben der Umsetzung der sportlichen Leitlinien auf der erfolgreichen Verknüpfung der Bereiche Schule und Sport. Nach dem Vorbild einer klassischen Hausaufgabenbetreuung unterstützen vom Verein gestellte Lernbegleiter die Sportler. Hierbei wird im Speziellen auf die individuelle Förderung der Jugendlichen Wert gelegt.

So beteuert Projektkoordinator Dominik Hager: „Wir haben die Philosophie, dass pro Lernbegleiter maximal fünf Kinder in der Lernzeit sind – das heißt, dass die Gruppengröße so gering ist und in dem Zusammenhang jeder Lernbegleiter individuell auf die Kinder und Jugendlichen eingehen und diese unterstützen kann.“

Das kontinuierliche Lernen mit den Kindern verspricht hierbei der Schlüssel zum Erfolg zu sein. Ein weiteres Erfolgsgeheimnis stellt zudem die Setzung diverser Ziele dar. So sollen sich die Jugendlichen – ähnlich wie im Fußball – Lernziele für die Schule setzen. Von diesem Prinzip ist der passionierte Fußballspieler Hager überzeugt: „Die Kinder haben von uns am Anfang die Aufgabe bekommen, sich Lernziele für die Schule zu stellen – was wollen sie zum Beispiel bis zum Halbjahreszeugnis schaffen, wo wollen sie hinkommen. Letztendlich ist das nichts anderes als im Sport auch. Da wollen sie das Passspiel oder den Torschuss verbessern.“

Der Verantwortung, die Kinder auf ihr zukünftiges Berufsleben vorzubereiten, sind sich alle Beteiligten bewusst. So bilanziert auch Markus Junker, Sportlicher Leiter des FC Union: „Es ist wichtig, dass man im sportlichen Bereich kindgerecht trainiert. Deswegen muss auch hier die Trainerqualität passen. Der Trainer muss von sich aus Motivation haben, sich hier weiterzubilden, damit er das, was er dort lernt, den Kindern beibringen kann.“
Deshalb sind ausschließlich Lernbegleiter mit pädagogischem Hintergrund für die Weiterentwicklung der Nachwuchskräfte zuständig. Diese widmen sich immer montags bis freitags in je drei Lernblöcken eine Stunde lang der individuellen Entwicklung der lernbereiten Kinder. Die Idealvorstellung ist dabei, dass die jungen Ballkünstler nach der fordernden Lerneinheit hinter der Schulbank direkt auf den grünen Rasen gehen können.

Bereits sechs Monate nach Einführung des Programms lassen sich erste Veränderungen feststellen. So hat sich beispielsweise die Außendarstellung des FC Union in dieser kurzen Zeitspanne ersichtlich zum Positiven geändert. Die Eltern, Kinder, Spieler und Trainer bekommen Spielregeln ausgehändigt, an die sie sich halten müssen. Von dem respektvolleren Umgang untereinander profitieren nicht nur die oben aufgeführten Parteien. Auch die Unparteiischen dürfen jubeln. So sehen unter der neuen Reform sowohl Pöbeleien als auch unangebrachte Kommentare die rote Karte. Dies stellt einen willkommenen Zusatznutzen dar. Schon seit geraumer Zeit sehen sich Schiedsrichter willkürlichem Zorn ausgesetzt. Dieser Problematik ist sich auch Can Kara bewusst: „Gerade das aktuelle Thema mit den Schiedsrichtern, die sich im Amateurfußball wirklich fragen müssen ,Muss ich mir das wirklich antun?‘, ,Muss ich da überhaupt am Wochenende auf den Platz für 20, 30 vielleicht 40 Euro und mich dann hier verprügeln lassen, obwohl ich am Montag wieder zur Arbeit muss?‘ stellt ein großes Problem dar. Es geht bei diesem Projekt wirklich um Verhaltensweisen.“

Auch die zweite Vorsitzende Jasmin Herrmann betont die Wichtigkeit eines respektvollen Umgangs aller Beteiligten: „Es geht hier zwar um Fußball, aber Fußball ist eben nicht alles. Die Menschlichkeit darf nicht verloren gehen. Es kann im Spiel vielleicht schärfer zugehen, aber nach 90 Minuten heißt es Shakehands und dann sollen alle im Guten auseinandergehen.“

Wer sich nicht an die vorgegebenen Richtlinien hält, muss mit Konsequenzen rechnen. Die Maßnahmen sind dabei in Form eines Stufenmodells kategorisiert: Auf die erste Verwarnung, die ein Gespräch mit den Trainern nach sich zieht, folgt bei erneutem Verstoß gegen die „Spielregeln“ auch eine Rücksprache mit Projektkoordinator Dominik Hager. Besonders ein intakter Dreierverbund zwischen den diversen Parteien ist Hager ein Anliegen: „Letztendlich geht es ohne keinen der Drei: Es geht weder ohne Eltern, noch ohne Sportler oder Trainer. Wenn einer davon wegbricht, dann bricht alles irgendwo weg.“

Mithilfe des Projekts „Anpfiff Heilbronn“ sowie der Dieter Schwarz-Stiftung gelingt es dem FC Union Heilbronn, Jugendlichen eine Perspektive zu bieten, die sich sowohl über den schulischen, als auch den sportlichen Bereich erstreckt. Noch weit von der Halbzeit – ganz zu schweigen vom Schlusspfiff – entfernt, bleibt voller Spannung abzuwarten, welche weiteren Meilensteine der ambitionierte Verein in Zukunft feiern wird. Text: Benjamin Krek