Ambitionierter VFR Heilbronn: Agenda 2031 und Frauenmannschaft

Seit seiner Neugründung im Jahr 2018 bewegt der VfR Heilbronn den regionalen Fußball. Der „neue Traditionsverein“ polarisiert wie kein anderer, sorgt er doch durch aktives Marketing, zahlreiche Sponsoren und nicht zuletzt durch seine sportlichen Erfolge dafür, dass die in den letzten Jahren etwas schläfrig gewordene Heilbronner Fußballlandschaft wieder aktiver werden muss, um den Anschluss nicht zu verlieren. Jüngst erregte der VfR mit der Bekanntgabe seiner „Agenda 2031“ im Kicker Aufsehen, die besagt, dass der Verein bis zum Jahr 2031 in die Regionalliga, die vierthöchste Klasse im deutschen Fußball, aufsteigen möchte. Kurz danach kam der nächste Kracher: Der VfR gründet eine Frauenmannschaft, die auch ambitionierte Ziele verfolgt. Grund genug für uns, um uns mit dem VfR-Vorsitzenden Onur Celik zusammenzusetzen und „nachzubohren“…

Foto: VFR Heilbronn

Autor: Ralf Scherlinzky

5. Mai 2021

Der VfR Heilbronn ist gerade mal drei Jahre alt und spielt in der achten Liga, der Bezirksliga Unterland. Bis 2031 wollt ihr dennoch im Profifußball stehen und Regionalliga spielen. Das wären vier Aufstiege in zehn Jahren. Was steckt hinter diesem Plan?

Onur Celik: Wir haben schon bei der Gründung gesagt, dass wir mit ambitionierten Zielen an den Start gehen. Anfangs hatte man uns eher als Träumer angesehen, nach zwei Aufstiegen in Folge sind diese Stimmen aber schnell verstummt. Seit 2003 hat es kein Verein mehr geschafft, den Heilbronner Fußball höher als in der Landesliga zu repräsentieren. Es geht uns gar nicht unbedingt darum, dass wir mit aller Gewalt in die Regionalliga wollen. Vielmehr ist es unser Ziel, Heilbronn überregional zu präsentieren. Und selbst wenn wir 2031 „nur“ in der Oberliga stehen, haben wir brutal viel erreicht.

Mit einem Bezirksliga-Etat und einem ehrenamtlichen Vorstand kommt man im Fußball nicht allzu weit. Wie wollt ihr euch aufstellen, um die Basis für die anvisierten Aufstiege zu legen?

Onur Celik: Natürlich muss das Umfeld mit wachsen. Genau deshalb propagieren wir ja schon zum jetzigen Zeitpunkt die Agenda 2031. Die potenziellen Sponsoren in der Region bekommen viele Anfragen von unzähligen Vereinen und müssen überlegen, aus welchem Grund sie welchen Verein unterstützen sollen. Im Gegensatz zu den meisten anderen können wir einen konkreten Plan aufweisen und ihnen die Perspektive aufzeigen, dass sie mit ihrer Werbung beim VfR künftig auch überregional wahrgenommen werden. Was das Thema Ehrenamt angeht: Bis zur Verbandsliga könnten wir es vermutlich so schaffen, wie wir im Moment aufgestellt sind. Langfristig muss aber das Ziel sein, mit einem hauptamtlichen Geschäftsführer zu arbeiten, um vollends die Grundlagen für den Profifußball zu schaffen.

Vereine mit gewachsenen Strukturen können ihr Team um Spieler herum aufbauen, die aus dem eigenen Nachwuchs stammen. Bei euch gestaltet sich das zumindest im Moment noch schwierig. Wie wird es hier bis 2031 aussehen?

Onur Celik: Nach drei Jahren haben wir nun bereits 150 Jugendspieler im Verein und wir sind im Nachwuchsbereich Kooperationspartner des VfB Stuttgart. Einer unserer Jungs steht schon in der württembergischen U13-Auswahl. Unser Ziel ist es hier, dass bis in sechs Jahren die ersten qualitativ sehr guten Spieler in der ersten Mannschaft stehen. 2031 sollen sie, zusammen mit drei, vier externen „Korsettstangen“ das Regionalliga-Team bilden.

In der Bezirksliga scheint ihr euch ja jetzt vor Spielern kaum retten zu können, die zu euch kommen wollen. Wie kommt das?

Onur Celik: Es wird ja leider immer behauptet, dass wir die Spieler mit viel Geld zum VfR Heilbronn locken. Das ist absolut nicht so. Natürlich kommen wir inzwischen leider auch nicht mehr drumherum, dass wir den Spielern etwas bezahlen müssen. Bei uns verdienen sie aber im Gegenteil weniger als bei anderen Vereinen, auch wenn uns das viele nicht glauben. Wir bieten ihnen dafür ein schönes Stadion, eine gute Infrastruktur und ein semiprofessionelles Umfeld mit dem höchsten Zuschauerschnitt der Region – sowie eine entsprechende sportliche Perspektive. Die Spieler, die das VfR-Trikot tragen, sind nicht wegen des Geldes hier und wissen zu schätzen, was wir ihnen bieten. Die Jungs haben alle Charakter!

Wie wirkt sich die Corona-Situation auf euch aus?

Onur Celik: Na ja, uns trifft das natürlich genauso hart wie alle anderen Vereine auch. Durch den Saisonabbruch konnten wir unseren Sponsoren kaum eine Gegenleistung für ihr finanzielles Engagament bieten, und das tut mir für sie unheimlich leid. Wir sind aber mit ihnen im regelmäßigen Austausch und sie unterstützen uns fast alle auch weiterhin. Die letzten Monate haben wir dazu genutzt, unsere Social Media Aktivitäten auszubauen und so können wir den Ausfall der Fußballspiele jetzt dort mit entsprechenden Maßnahmen kompensieren, um für die Sponsoren Reichweite zu generieren. Wir gehören in diesem Bereich inzwischen zu den Top 25 in Baden-Württemberg – das muss man als Achtligist erstmal schaffen…

Und jetzt habt ihr zuletzt angekündigt, dass ihr in der Saison 2021/22 eine Frauenmannschaft an den Start bringen wollt. In den letzten Wochen habt ihr bereits einige Spielerinnen vorgestellt und man kann anhand deren Vita schon erahnen, wo es hingehen soll. Nach oben, oder?

Onur Celik: Natürlich werden wir auch dieses Thema ambitioniert angehen. Wenn wir etwas anfangen, machen wir das nicht halbherzig. Das Interesse ist riesengroß und wir bekommen täglich Nachrichten von Spielerinnen, die für den VfR spielen möchten. Viele davon haben bereits höherklassig gespielt und mit unserer Torhüterin Damaris Nagel haben wir sogar eine Spielerin mit Auslands-Erfahrung. Sie hat in der englischen Premier League für AFC Wimbledon gespielt. Trainiert wird das Team von Massimo Marrone, der gemeinsam mit den VfR-Frauen den Weg nach oben gehen möchte. Auch bei den Frauen ist es unser Ziel, über kurz oder lang in den Profifußball vorzustoßen.