Achterbahn der Gefühle beim ADAC GT-Masters Wochenende in Hockenheim

In Ausgabe 13 des sportheilbronn-Magazins hatten wir uns ausführlich mit Rennfahrer Markus Pommer beschäftigt, der in der Corvette des Leingartener Callaway Competition-Teams in der ADAC GT-Masters Serie unterwegs ist und zu diesem Zeitpunkt gute Chancen auf den Titel hatte. Im September hatten wir nun die Möglichkeit, dem 28-Jährigen bei der Arbeit zuzuschauen, als die GT-Masters Station in Hockenheim machten. Unsere Redakteurin Enny Bayer schildert die Eindrücke ihrer „Rennsport-Premiere“ an drei Hockenheim-Tagen, die nicht nur für sie zur Achterbahn der Gefühle, sondern nach zwei Crashs auch zum wohl schwärzesten Wochenende in der Geschichte des Callaway-Teams wurden.

Fotos: Marcel Tschamke

Autor: Enny Bayer

6. Dezember 2019

Als wir am Freitagvormittag das erste Mal in Richtung Hockenheim fuhren, konnte ich mir noch nicht wirklich vorstellen, was mich an diesem Wochenende alles erwarten würde. Spätestens als wir am Welcome Center des Hockenheimrings die für uns hinterlegten Presseausweise abholten, kam die Vorfreude in mir hoch. Vom Parkplatz aus hörte man bereits die röhrenden Motoren der Rennwägen, die zum freien Training auf der Strecke waren.

Im Fahrerlager angekommen, dachte ich eigentlich, dass wir direkt einen Einblick in die Garagen an der Rennstrecke bekommen würden. Doch da täuschte ich mich. Vor den Boxen sah man erstmal nur unzählige LKWs, die so akkurat nebeneinander geparkt hatten, dass man gerade noch so zwischen ihnen hindurch zu den Garagen gelangen konnte. Dahinter hatte man dann allerdings direkten Zugang zu den Boxen der GT-Masters Teams.

Als wir die Box von Callaway Competition gefunden hatten, standen wir auch fast schon direkt vor der Corvette von Markus Pommer und seinem Partner Marvin Kichhöfer. Dort konnten wir uns bis kurz vor Trainingsbeginn der GT-Masters frei bewegen und den anderen Rennserien beim Training zuschauen. Da am Freitag nur freies Training war, war alles recht entspannt.

Am frühen Samstagmorgen dagegen merkte man bereits auf dem Parkplatz hinter dem Fahrerlager, dass viel mehr als am Vortag los war. Und auch in der Garage hatte sich das Team um die Corvette gefühlt verdoppelt. Noch waren alle Teammitglieder relativ gelassen. Doch als es langsam auf das erste Qualifying zu ging, spürte man die aufkommende Anspannung in der Box. Auch wenn Markus Pommer im direkten Gespräch behauptete, dass er nicht aufgeregt sei, merkte man ihm doch die Anspannung an.

Während seiner Qualifikationsfahrt blickte die Callaway-Crew auf die Monitore in der Garage und wartete gespannt die Wertung ab. Mit dem Startplatz 14 ging man nicht ganz zufrieden in die Mittagspause.

Motorsport zum Anfassen

Vor dem Rennen durften wir zusammen mit vielen anderen zur Startaufstellung und Wagenpräsentation auf die Start- und Zielgerade gehen und man kann wirklich sagen, dass die GT-Masters „Motorsport zum Anfassen“ ist. Man hat die Möglichkeit, sich mit den Rennfahrern und der Crew zu unterhalten und das eine oder andere Bild zu schießen.

Auch der ehemalige Fußball-Nationalspieler Gerald Asamoah, der als Stargast geladen war und dessen Stiftungs-Logo die Motorhaube der Corvette zierte, lief durch die Menschenmenge und war offen für Selfies. Als die Strecke dann wieder frei von Zuschauern war, machten sich die Mechaniker in der Box bereit und das Rennen ging zum Start. Wieder blickte die Crew in der Box gebannt auf die Bildschirme, um den Start zu verfolgen.

Crash in der ersten Runde

Doch leider war ihnen schnell der Schock ins Gesicht geschrieben, als es nicht einmal eine Runde dauerte, bis Markus Pommer mit seiner Corvette in eine Massenkarambolage geriet. Zuerst sah es noch nicht allzu schlimm für das Team von Callaway Competition aus, doch als noch ein weiteres Auto in Markus reinkrachte, wurde das Rennen gestoppt. Die Reaktionen in der Garage waren unterschiedlich. Während die Mechaniker sich bereit machten, um gleich nach dem Auto zu schauen, verließ Markus Pommers Fahrpartner Marvin Kirchhöfer mit versteinerter Miene die Box.

Als Zuschauer standen wir ebenfalls geschockt und mit einem mulmigen Gefühl in der Garage und warteten ab, wie es weitergehen würde. Hoffentlich war Markus nichts passiert!

Während der Pause vor dem Neustart liefen bzw. fuhren die Mechaniker aus sämtlichen Teams auf die Fahrbahn, um jeweils ihre Fahrzeuge zu kontrollieren. Die meisten Teams bekamen das Go für den erneuten Start, was bei Callaway Competition leider nicht der Fall war. Der Wagen musste von der Rennstrecke abgeschleppt werden.

Als Außenstehende hätte ich gesagt, die Corvette ist ein Totalschaden. Am Freitag hatte Callaway-Teamchef Ernst Wöhr sogar noch scherzhaft gemeint, es sei besser wenn unser Fotograf Marcel Tschamke schon am Samstag statt am Sonntag mitkommt – man wisse nie, ob die Corvette am Sonntag noch ganz sei. Ein guter Rat, wie wir feststellen mussten…

Doch als sich die Gemüter im Team wieder beruhigt hatten und die Mechaniker das erste Mal über den Wagen schauten, wurde die Stimmung schon wieder etwas gelassener. Man war zuversichtlich, dass man den Wagen bis zum Sonntagmorgen wieder zusammengebaut bekommen würde, um im zweiten Rennen des Wochenendes wieder an den Start gehen zu können.

Für mich waren die Vorstellungen sehr weit hergeholt. Markus Pommers Aussage „Morgen müssen wir im Training zwei Zehntel schneller sein“ war für mich totaler Wahnsinn. Es war unvorstellbar, dass nur wenige Stunden später wieder ein fahrfähiges Auto dastehen sollte. Dennoch war es gut zu sehen, dass Markus den Crash unbeschadet überstanden hatte.

Nachtschicht für das Callaway-Team

Doch das Team hat tatsächlich sein Wort gehalten und das Unvorstellbare möglich gemacht. Am Sonntagmorgen war zuhause im Livestream die Corvette mit der Nummer 77 auf der Strecke im Qualifying zu sehen. Noch ohne einen Teil der Sponsorenwerbung, aber sie fuhr. Erstaunt machten wir uns noch ein letztes Mal auf den Weg nach Hockenheim – und da stand sie tatsächlich wieder komplett zusammengebaut in der Garage: die Corvette von Callaway Competition. „Die Jungs haben sie bis heute Morgen um 7 Uhr wieder zusammengebaut“, war die Antwort auf die Frage wie sie das hinbekommen haben.

Im Eingangsbereich der Box waren zusätzlich die Trümmerteile vom Vortag aufgebahrt. Hinten in der Garage arbeitete das Team noch am letzten Feinschliff, bevor es wieder für die Wagenpräsentation auf die Strecke ging. Was immer noch nicht ganz zu glauben war: Auch die Corvette war tatsächlich wieder dabei! Diesmal war die Crew nicht so entspannt wie am Vortag. Das Auto bekam noch seine „Maske“ und die fehlende Werbung wurde noch schnell aufgeklebt.

Als Presseleute und Gäste erneut von der Fahrbahn in die Boxen bzw. zu den Zuschauerrängen gingen, fuhren die Wägen wieder zum Start. Anspannung und Konzentration wurden wieder hochgefahren und die Teammitglieder versammelten sich vor den Monitoren. Im Unterschied zum Vortag stand hier nun auch Markus Pommer beim Team, der nach der Hälfte des Rennens für Marvin Kirchhöfer in den Wagen steigen sollte.

Doch das Wochenende hatte nichts Gutes für das Team von Callaway Competition bereitgehalten. Kurz nach dem Start war das Rennen für sie erneut vorbei, als Marvin Kirchhöfer von einem Konkurrenten von der Strecke geschoben wurde. Mit hohem Tempo krachte er rückwärts gegen die Reifenmauer, Fahrzeugteile wurden über die Fahrbahn geschleudert. Dieses Mal saß der Schock tiefer. Es war klar, dass das erneute Ausscheiden an diesem Wochenende das Aus im Rennen um die Meisterschaft bedeutete. Die Tabellenersten, Patric Niederhauser und Kelvin van der Linde von HCB Rutronik-Racing, wurden nach dem Rennen als vorzeitige Meister gefeiert.

Die Corvette war diesmal so schwer beschädigt worden, dass sie bis zum letzten Lauf am Sachsenring nicht mehr repariert werden konnte. In der Gesamtwertung der ADAC GT-Masters 2019 rutschten Markus Pommer und Marvin Kirchhöfer mit ihrer Corvette auf den achten Platz ab. Leider ist es nicht das, was man sich noch vor dem Hockenheimring-Wochenende ausgerechnet hatte. Doch nach der Saison ist vor der Saison und ich bin mir sicher, dass Callaway und Markus Pommer im nächsten Jahr wieder um den Sieg in Hockenheim mitfahren werden.

Das Wochenende am Hockenheimring war für mich als „Motorsport-Neuling“ ein echtes Highlight mit faszinierenden Erfahrungen. Ich freue mich schon auf die ADAC GT-Masters am Hockenheimring 2020.