Abschied vom Hochsprung-Meeting – oder vielleicht doch nicht?

Autor: Ralf Scherlinzky

7. Oktober 2018

Ende August fand in Eberstadt das 40. und letzte Internationale Hochsprung-Meeting statt. Hatten in den letzten Jahren sowohl die berichtende Zunft als auch die Zuschauer dem legendären Event unter dem Eberfürst immer mehr den Rücken zugekehrt, so fühlten sich beim finalen Showdown alle nochmal in die glorreichen Anfangsjahre zurück versetzt.

Die Tribünen waren voll, die Athleten riefen Höchstleistungen ab und sogar das Fernsehen fand mal wieder den Weg zum ehemaligen Handballkleinspielfeld ins beschauliche Eberstadt.

Die von der TSG Heilbronn ausgerichtete Veranstaltung wäre perfekt gewesen, hätte nicht der Wehmut über „das letzte Mal“ in jeder Phase – vom Hochsprung-Forum am Donnerstag über das U23-Springen am Freitag, den Frauen-Wettbewerb am Samstag bis hin zum Männer-Highlight am Sonntag – seinen Schatten geworfen. So aber war bei jeder Aktion zu spüren, dass man das, was man gerade erlebt, das letzte Mal in Eberstadt zu sehen bekommen würde.

Vielleicht war aber auch genau dies der Grund, weshalb der Abschluss am Sonntag nochmal Geschichten für die Ewigkeit lieferte.

Da wäre zum einen der frischgebackene Europameister Mateusz Przybylko, der sich vorgenommen hatte, den 34 Jahre alten, von Carlo Thränhardt gehaltenen Deutschen Rekord von 2,37 Metern zu brechen, dann aber schon beim Einspringen zwischen zwei Mattenteile geriet und sich am Knie verletzte.

Da wäre aber auch das italienische Enfant terrible Gianmarco „Halfshave“ Tamberi, der nach langer Leidenszeit nicht nur die heiß ersehnten 2,30 Meter knackte, sondern sogar noch die 2,33 Meter folgen ließ und mit einer wohl noch nie dagewesenen Jubelorgie die Zuschauer zu Begeisterungsstürmen verleitete.

Und letztendlich gab es dann noch die Geschichte des wohl letzten Eberstadt-Siegers Brandon Starc, die genau das widerspiegelt, was die Qualität des Hochsprung-Meetings über die ganzen Jahre hinweg ausgemacht hat. 2011 hatte der Australier als 17 Jahre junger Hüpfer mit 2,16 Metern das U23-Springen gewonnen – sieben Jahre später konnte er beim Männer-Springen seine damalige Leistung um 20 Zentimeter übertreffen und sich mit dem neuen australischen Rekord von 2,36 Metern in die Geschichtsbücher eintragen.

Das soll es nun also gewesen sein mit der Erfolgsgeschichte des Internationalen Hochsprung-Meetings von Eberstadt?

Ja, sagen die Macher Peter Schramm, Harry Brunnet und Günter Eisinger. Die immer weiter sinkenden Sponsoring-Einnahmen, das in den letzten Jahren geschwundene Interesse von Medien und Zuschauern sowie das fortschreitende Alter der entscheidenden Protagonisten – die Gründe für die schwierige Entscheidung sind nachvollziehbar und nicht von der Hand zu weisen.

Und doch könnte in Sachen Hochsprung-Meeting noch nicht aller Tage Abend sein. Rund um die Hochsprung-Anlage unterm Eberfirst waren unter vorgehaltener Hand geflüsterte Sätze zu hören, die alle mit „Ich habe gehört, dass…“ begannen.

An Gerüchten, dass sich die Stadt Heilbronn um eine Austragung in der City bemühe, ist in dieser Form nichts dran – doch zeigt sich Sportbürgermeisterin Agnes Christner im Interview auf Seite 17 durchaus gesprächsbereit für den Fall, dass ein gutes Konzept vorliegt.

Weiterhin sind hartnäckige Gerüchte im Umlauf, dass sich langjährige ehrenamtliche Mitarbeiter des Meetings um eine Fortführung kümmern wollen – nicht sofort, aber vielleicht ab 2020. Das würde auch dem entsprechen, was Jürgen Kessing, der Vorsitzende des Deutschen Leichtathletik-Verbands, beim Hochsprung-Forum in den Raum stellte: „Das Know-how, das sich hier über die Jahre entwickelt hat, sollte man nicht einfach so brach liegen lassen. Man sollte es für etwas anderes nutzen.“

Und dann stehen da noch die öffentlich getätigten Aussagen der beiden Eberstadt-Legenden Dietmar Mögenburg und Carlo Thränhardt im Raum, dass sie ein potenziell neues Veranstalterteam organisatorisch und bei der Sponsorensuche unterstützen würden. Auch wir hoffen, dass es einen Weg gibt, das Internationale Hochsprung-Meeting – in welcher Form auch immer – fortzuführen. Denn die Region braucht solche sportlichen Großereignisse!

Fotos: Thomas Kircher

Die Legenden von Eberstadt

Mit ihnen hatte einst alles begonnen, zum 40. Hochsprung-Meeting sind sie nochmal gemeinsam nach Eberstadt gekommen. Dietmar Mögenburg, Carlo Thränhardt und Gerd Nagel übersprangen 1979 alle drei die 2,30 Meter. Ein Jahr später sorgte Jacek Wszola für den ersten Weltrekord in Eberstadt. Der Pole übersprang 2,35 Meter und machte den Weinort Eberstadt auf einen Schlag weltweit bekannt. Die vier Legenden von Eberstadt erinnern sich an „damals“…

Dietmar Mögenburg (57 Jahre)

„Ich kann von mir behaupten, dass ich der erste Mensch bin, der auf dieser Anlage 2,30 Meter gesprungen ist. Eberstadt war für mich immer der Höhepunkt des Jahres. Peter Schramm und sein Team haben hier einen hervorragenden Job gemacht. Ich habe selbst mal ein Meeting in Halle organsiert und weiß, was für ein wahnsinniger Aufwand dahinter steckt. Und das 40 Jahre lang machen – Hut ab! Es wäre toll, wenn sich Nachfolger finden, an die Peter Schramm den Staffelstab weiterreichen könnte.“

Carlo Thränhardt (61 Jahre)

„Wir alle vier haben unsere Karrieren Eberstadt zu verdanken. Hätte es Eberstadt nicht gegeben, wäre ich nie die 2,30 Meter gesprungen. Auf der Fahrt von Köln nach Eberstadt war das für mich früher wie für einen Tennisspieler, der nach Wimbledon fährt. Eberstadt ist einfach geil! Das war schon damals eine besondere Emotionalität, die sich bis heute nicht verändert hat. Peter Schramm hat mir noch zwei Senioren-Weltrekorde ermöglicht – damit bin ich hier mehr Weltrekorde gesprungen als jeder andere.“

Gerd Nagel (61 Jahre)

„Im Jahr 1979 wurde ich nur Dritter, obwohl ich die geiche Höhe wie Dietmar und Carlo gesprungen war. Die beiden hatten die 2,30 Meter im ersten bzw. zweiten Versuch geschafft, aber bei beiden hatte die Latte gewackelt. Mein Sprung war weit drüber, aber es war eben leider nur der dritte Versuch. Für den Hochsprung war Eberstadt ein Mekka – man musste einfach jedes Jahr dabei gewesen sein. Ich hoffe, der Verband lässt sich etwas einfallen, um solche Veranstaltungen wie hier zu erhalten.“

Jacek Wszola (61 Jahre)

„Am Morgen meines Weltrekords hatte ich verschlafen. Ich bin im Gasthaus Krone aufgewacht, keiner war mehr da. Das Frühstück war schon beendet. Da kam ein Mitarbeiter und fragte mich, was ich denn noch hier mache – die anderen würden sich schon warm springen. Also bin ich die 200, 300 Meter zur Hochsprunganlage gerannt – ein gutes Warmup übrigens – und konnte gerade noch einen oder zwei Testsprünge machen bevor es losging. Der Rest ist bekannt. Tolle Erinnerungen, ich liebe Eberstadt!“