Triumphzug von Laura Raquel Müller: Gleich zwei U18-Meistertitel bei der DM

Autor: Ralf Scherlinzky

28. Oktober 2020

Rund 30 Kilometer östlich von Heilbronn, auf dem Sportplatz der TSG Öhringen, hat sich eine 16-Jährige in den letzten Jahren zu einem der größten Talente der deutschen Leichtathletik entwickelt. Längst ist der Name Laura Raquel Müller weit über die Region hinaus bekannt, und spätestens seit ihrem Triumphzug bei den Deutschen U18-Meisterschaften im Heilbronner Frankenstadion ist klar: Dieses Ausnahmetalent kann es im Sport sehr weit bringen! Erst holte sie im Weitsprung mit 6,25 Metern den Titel, dann verwies sie im 100-Meter-Lauf mit einer Zeit von 11,63 Sekunden ihre Konkurrentinnen in die Schranken – und ganz nebenbei hätte sie damit auch bei den U20-Wettbewerben jeweils auf dem Treppchen gestanden. Wir haben Laura in Öhringen besucht und dabei eine eloquente junge Frau kennengelernt, die genau weiß, was und wohin sie will.

Fotos: Marcel Tschamke

Sprintwunder, Leichtathletik-Wunderkind, Ausnahmetalent – die Medien übertrumpfen sich bei dir gegenseitig mit Superlativen. Wie geht man als 16-jährige Schülerin mit solchen Lobeshymnen um?
Laura Raquel Müller: Ich sehe mich weder als Sprintwunder noch als Wunderkind. Als die Medien vor der DM geschrieben hatten, dass ich sowohl im Weitsprung als auch über die 100 Meter als Favoritin gelte, hat mich das schon gehörig unter Druck gesetzt. Das konnte ich im Wettkampf aber ganz gut ausblenden. Durch die Zeitungsartikel kennen mich inzwischen viele Leute und in Öhringen passiert es öfter, dass Passanten schauen und überlegen, ob ich DIE bin. Auch als ich jetzt auf dem Wirtschaftsgymnasium angefangen habe, wurde ich von den Lehrern gleich auf den Sport angesprochen. Das hat seine Vor- und Nachteile. Ich lasse das aber nicht groß an mich ran.

Du sprichst die Schule an. Wie lässt sich der Hochleistungssport in gleich zwei Disziplinen mit der Schule in Einklang bringen?
Laura Raquel Müller: Als ich den Realschulabschluss gemacht habe, ist mir das Lernen teilweise schon schwer gefallen. Jetzt auf dem Gymnasium wird es auch nicht einfacher, Training und Schule zu vereinbaren, zumal ich ja nun nicht mehr nur im Bundeskader Sprint bin, sondern inzwischen auch im Nachwuchskader Weitsprung. Ich versuche Schule, Training und Kaderlehrgänge in den nächsten drei Jahren ins Gleichgewicht zu bringen und viel im Auto bzw. Zug zu lernen, bis ich dann mein Abi habe.

 

Wie kam es, dass du dich damals für die Leichtathletik entschieden hast?
Laura Raquel Müller: Ich wollte immer Fußball oder Leichtathletik machen. Dann hat mich mein Vater mit acht Jahren zum Diamond League Meeting nach Brüssel mitgenommen. Dort lief Usain Bolt, der mich total beeindruckt hat. Das wollte ich auch machen, und so habe ich im Oktober 2012 mit Kinderleichtathletik angefangen. Zwei Jahre später bin ich weiter gesprungen und schneller gelaufen als alle anderen. Da hat mein Vater, der auch ehemaliger Leichtathlet ist, beschlossen den Trainerschein zu machen und mich künftig selbst zu coachen.

Du hast in jungen Jahren schon vieles erreicht. Was war bisher dein persönliches Highlight?
Laura Raquel Müller: Das war ganz klar das ISTAF in Berlin im September 2019 mit 40.000 Zuschauern. Ich wurde überraschend vom Bundestrainer eingeladen, dort bei der U20-Staffel mitzulaufen. Dazu durfte ich auch noch im C-Lauf über 100 Meter ran, weil jemand ausgefallen war. Ich war zusammen mit der Weltklasse im Athletenhotel untergebracht und habe dort viele meiner Idole getroffen. Allein die Anreise vom Flughafen zum Hotel im Shuttlebus war schon ein Erlebnis. Da bin ich neben den Eltern von Zehnkampf-Weltmeister Niklas Kaul gesessen. Das waren schon coole Eindrücke…

Wir fragen jetzt abschließend trotzdem noch nach deinen langfristigen Zielen, auch wenn wir diese schon zu kennen glauben…
Laura Raquel Müller: Klar, ich habe den Traum, den wohl fast jeder Leistungssportler hat: die Teilnahme an den Olympischen Spielen. Paris 2024 ist in jedem Fall etwas, was ich anstrebe. Das nächste Ziel ist aber erstmal die U18-EM in Rieti im nächsten Jahr, und im Jahr darauf wäre es toll, wenn ich zur U20-WM nach Kolumbien mitfahren könnte. Ich möchte in jedem Fall gerne international für Deutschland antreten.