Winter-Motocross in Frankenbach: Die Pioniere der Corona-Absagen

Auf diesen zweifelhaften Titel hätten Michael Blaurock und Peter Mayer gerne verzichtet. Und doch gelten der erste Vorsitzende und der Pressesprecher des MCC Frankenbach als die Pioniere der Corona bedingten Veranstaltungsabsagen im regionalen Sport: Am 6. März sagten sie schweren Herzens das für den 15. März angesetzte 49. Internationale Winter-Motocross ab. Hinter jeder Schlagzeile steht auch eine Geschichte. Diese hat uns besonders interessiert, weshalb wir mit den beiden einen Blick hinter die Kulissen der Absage geworfen haben.

Autor: Ralf Scherlinzky

26. April 2020

„Am 5. März waren wir morgens noch trotzig“, erinnert sich Peter Mayer. „Wir haben miteinander telefoniert und waren uns einig, dass wir uns von dem Virus nicht unterkriegen lassen und alles wie geplant durchziehen. Ein paar Stunden später war das alles Makulatur und wir haben uns zur Absage entschieden.“

Ausschlaggebend waren Gespräche mit dem Gesundheits- und Ordnungsamt. Ein Fragebogen mit Angaben zu den zu erwartenden Zuschauern hat letztendlich für das schnelle Umdenken gesorgt. „Wir haben die Fragen zu den Zuschauern auf die Fahrer übertragen und uns dabei bewusst gemacht, welche Ansteckungsgefahr von diesen ausgehen könnte“, sagt Michael Blaurock. „Wir haben rund 150 Fahrer aus über zehn Nationen erwartet, von denen sich die Hälfte wochenlang in Italien auf die Saison vorbereitet hat. Das Risiko, dass sich das Virus im Fahrerlager ausbreitet und auf die Zuschauer überträgt, wollten wir als Veranstalter nicht eingehen.“

Dass man sich, statt ein paar Tage darüber nachzudenken, noch an diesem Donnerstag intern zur Absage durchgerungen hat, hatte dann auch einen triftigen Grund. Michael Blaurock: „Am Freitag hätten wir sämtliche Bestellungen für das Rennen bestätigen müssen und dann wäre es richtig teuer geworden. Da sich die Lage auch allgemein zugespitzt hat und abzusehen war, dass wir vermutlich eh absagen müssen, haben wir direkt den Stecker gezogen und am Freitagmorgen die Absage bekanntgegeben.“

Dennoch bleibt der MCC Frankenbach durch die Absage auf einem Minusbetrag zwischen 12.000 und 15.000 Euro sitzen. Genehmigungsverfahren bei DMSB, ADAC und Stadt, Siegerpokale und -gürtel, der Druck von 2.500 Programmheften, 15.000 Flyern und 1.000 Plakaten sowie deren Verteilung bis nach Ludwigsburg – das alles konnte zum Zeitpunkt der Absage nicht mehr rückgängig gemacht werden.

„Vor zehn Jahren war der Verein noch komplett auf das Winter-Motocross ausgerichtet. Eine Absage hätte damals sofort das Ende des MCC bedeutet. Heute tut sie uns auch weh, aber wir sind gesund und stark genug, um auch die zweite Absage innerhalb von drei Jahren verkraften zu können“, so Michael Blaurock. Bereits 2018 war das Event aufgrund des Vereinsheim-Neubaus abgesagt worden.

Was die Veranstalter bei der jetzigen Absage hart traf, war die Kritik und das Unverständnis, die man dafür teilweise erntete. „Heute, ein paar Wochen später, ist es normal, dass Events abgesagt werden. Wir aber waren die ersten, die eine solch schwere Entscheidung treffen mussten. Dafür haben wir vor allem in den Sozialen Medien heftig Prügel bezogen. Das hat weh getan“, berichtet Peter Mayer. „Wir waren uns zu diesem Zeitpunkt ja selbst noch unsicher, ob wir das Richtige tun. Aber hätten wir es durchgezogen und damit Heilbronn zur Corona-Hochburg gemacht, würden wir jetzt womöglich in einem Atemzug mit dem Après Ski in Ischgl und dem Fasching in Heinsberg genannt werden.“

So aber war trotz der richtigen Entscheidung die viele Arbeit der letzten Monate umsonst. „Seit Oktober 2019 haben wir auf das Winter-Motocross hingearbeitet. Fast alle unserer 220 Mitglieder haben mitgeholfen und an den letzten drei Samstagen waren jeweils 30 bis 40 Helfer an der Strecke, um alles optimal vorzubereiten. Für sie tut es mir besonders leid, dass sie den Lohn ihrer Arbeit nicht ernten konnten“, entschuldigt sich Vorstand Michael Blaurock bei seinen Mitgliedern.

Rückblickend sind alle Beteiligten trotz der ersten Enttäuschung froh, dass das Vorstandsgremium so umsichtig entschieden hat. Bei der Rückabwicklung des Vorverkaufs zeigten sich zahlreiche verhinderte Zuschauer solidarisch und verzichteten auf ihr Geld – ebenso wie einige Fahrer ihre Startgebühren nicht zurück verlangten. Auch die zahlreichen Sponsoren der Veranstaltung zeigten allesamt Verständnis.

Dass das Winter-Motocross auf das Spätjahr verschoben wird, schließt der MCC Frankenbach aus: „Unsere Veranstaltung gehört in den März!“

Inzwischen musste der MCC auch den Schnupperkurs für Kinder, die Deutsche Jugend-Meisterschaft sowie den BW-Cup absagen.